Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
dir denn einmal die Zeit nehmen würdest, dich hinzusetzen und zuzuhören.«
Ich wusste nicht, was ich darauf hätte erwidern können, und so fragte ich stattdessen: »Warum sind wir heute nicht weitermarschiert ? «
Web blickte mich verwirrt an und lächelte dann. »Wir sind da. mein Freund. Einen nähergelegenen Lagerplatz werden wir nicht finden. Peottre sagt, der Drache sei in dem Eis hier immer zu sehen gewesen. Prinz Pflichtgetreu, Chade und die anderen folgen Peottre und der Narcheska zum Drachen. Die Zeugen des Hetgurd haben sie begleitet. Da oben.« Er deutete in die entsprechende Richtung.
Die blankpolierte Gletscheroberfläche war trügerisch. Dort, wo sie glatt und fortlaufend wirkte, befanden sich in Wahrheit viele Spalten und Erhebungen. Nun, da ich genauer hinschaute, sah ich unsere Leute in einer langen Reihe wie Ameisen aus einer dieser Vertiefungen kommen. Ich erkannte Peottre in seinen Fellen, der sie führte, die Narcheska dicht auf den Fersen. Alle waren sie dort und folgten Peottre den Hang unmittelbar über uns hinauf. Nur Web und ich waren im Lager geblieben.
»Ich wollte nicht, dass du allein aufwachst. Sieber hat gesagt, du hättest davon gesprochen, deinem Leben ein Ende zu bereiten.« Ernst schüttelte Web den Kopf. »Das hätte ich nicht von dir gedacht; aber nachdem ich gesehen habe, in welcher Stimmung du gestern warst, wollte ich kein Risiko eingehen.«
»Ich würde mich nicht umbringen. Das war nur ein vorübergehender Wahnsinn, ausgelöst durch das Gift des Krauts, kein wirklicher Vorsatz von mir«, entschuldigte ich mich. In Wahrheit schämte ich mich jedoch, dass ich solche Gedanken laut ausgesprochen hatte. Selbstmord galt in den Sechs Provinzen als Zeichen von Feigheit.
»Und warum hast du so ein Kraut genommen, wenn du doch weißt, welche Wirkung es auf dich hat?«, fragte Web ernst.
Ich biss mir auf die Zunge und wünschte, ich hätte gewusst, wie viel Chade über meine Schwäche erzählt hatte. »Ich habe es in der Vergangenheit benutzt, um damit großem Schmerz oder großer Müdigkeit entgegen zu wirken«, sagte ich. »Diesmal war die Dosis jedoch weit stärker, als ich gedacht habe.«
Web stieß einen lauten Seufzer aus. »Ich verstehe«, sagte er, mehr nicht, doch seine Missbilligung war ihm deutlich anzumerken.
Ich aß die gerinnende Masse aus dem Kessel. Es war Outislander-Essen und stank nach Fisch. Sie machten oft eine Suppe aus klebrigen Würfeln gekochten Fischs und vermischten das mit jeder Menge Öl oder Tran. Mit Schneewasser gekocht war das Ganze nur noch ein einziger Brei. Doch trotz des Gestanks fühlte ich mich hinterher wieder mehr wie ich selbst. Allerdings fehlte um mich herum noch immer etwas und zwar mehr als nur Dicks Gabenmusik. Ich hatte mich an die ständige, unterbewusste Verbindung zu Pflichtgetreu, Chade, dem Narren und Nessel gewöhnt, doch nun war das Netz zerrissen.
Web beobachtete mich beim Essen und dann, wie ich den Topf schrubbte. Anschließend versuchte ich, das kleine Feuer darin unterzubringen, hatte aber nur wenig Hoffnung, dass es überleben würde. Dann lud Web mich ein, »Sollen wir uns ihnen anschließen?«, und ich nickte grimmig.
Peottre hatte den Weg links und rechts mit leuchtend roten Stofffetzen markiert. Web und ich folgten dem gewundenen Pfad den Gletscher hinauf. Zuerst sprachen wir nur wenig. Dann begann Web, auf mich einzureden, und schließlich hörte ich zu.
»Du hast gefragt, was dir die Alte Macht nützt, wenn du keinen Gefährten hast. Ich weiß, dass du noch immer um deinen Wolf trauerst, und das ist nur angemessen. Ich würde es dir auch übel nehmen, hättest du dich in eine neue Verbindung gestürzt, nur um deiner Einsamkeit zu entkommen. Das ist nicht der Weg des Alten Bluts; genauso wenig wie ein verwitweter Mann nur jemanden heiraten soll, um seinen Kindern eine Mutter zu geben und sein Bett zu wärmen. Du hast also recht daran getan zu warten. Doch in der Zwischenzeit solltest du deiner Magie nicht den Rücken zukehren.
Du sprichst nur wenig mit uns anderen Zwiehaften. Jene, Aie nicht wissen, dass du unsere Magie teilst, glauben, du würbest sie aus Verachtung meiden, Flink eingeschlossen. Ich ienke, auch wenn du sie nicht wissen lassen willst, dass du zum Alten Blut gehörst, solltest du diesen Eindruck korrigieren. Ich verstehe nicht wirklich, warum du aus beiden Arten der Magie solch ein Geheimnis machst. Die Königin hat gesagt, dass sie die Verfolgung der Zwiehaften nicht länger tolerieren
Weitere Kostenlose Bücher