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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wurde das Graben. Schließlich konnten wir die Spaten nicht mehr einstechen, und so mussten wir auf Spitzhacken zurückgreifen. War das Eis dann in kleine Stücke gebrochen, konnte man es mit der Schaufel aufnehmen und aus dem Loch werfen, wo andere es dann fortschafften. Wenn ich meinen Mantel anbehielt, lief mir der Schweiß über den Rücken, und zog ich ihn aus, bildete sich Reif auf meinem Hemd.
    Wir arbeiteten nicht allein. Ein Kompromiss war erzielt worden, denn die Zwiehafte Kordiale des Prinzen waren diejenigen, die das Eis vom Rand des Loches wegschafften. Nach einiger Zeit wechselten sich die beiden Gruppen beim Hacken, Schaufeln und Tragen ab. Als dann die Nacht hereinbrach, hatten wir bereits schultertief gegraben. Von dem Drachen gab es noch keine Spur.
    Kaum war es dunkel geworden, da nahm auch der Wind zu und wehte lockere Eiskristalle über die Gletscheroberfläche. Als wir uns im Lager unten um ein winziges Lagerfeuer versammelten und lauwarmes Essen zu uns nahmen, fragte ich mich nervös, wie viel Schnee der Wind wohl in die Ausgrabungsstelle wehen würde.
    Unser Streit vom Morgen war während der Arbeit in Vergessenheit geraten, doch das änderte sich nun im Lager. Wir kauerten im Windschatten der im Kreis aufgestellten Zelte, die uns zumindest die Illusion von Schutz auf dem blanken Eis vermittelten. Wir hatten nicht viel Platz, doch auf diesem Platz sortierten wir uns. Die Hetgurdkrieger waren den Zwiehaften und dem Narren freundlicher gesonnen als zuvor, teilten ihre Rationen mit ihnen und führten Gespräche. Ihr hagerer Barde, die Eule, saß neben Kräusel und spielte für uns. Kräusel sang später zwei Lieder ohne Musik, denn er war nicht bereit, seine Hände oder Instrumente dem eiskalten Wind auszusetzen. Eines der Lieder handelte von einem Drachen, der einen Mann derart verzaubert hatte, dass dieser seine Familie verließ und nie wieder gesehen wurde. Falls darin irgendeine größere Wahrheit verborgen war, so habe ich sie zumindest nicht gefunden. Allerdings wurde in dem Liede erwähnt, was auch Web schon gesagt hatte: Der Mann atmete den Odem des Drachen ein und hatte von diesem Augenblick an sein Herz an ihn verloren. Das andere Lied zeichnete sich durch einen noch obskureren Bezug zu Drachen aus, doch alle schwiegen und lauschten nachdenklich, während Kräuseis Stimme gegen das Rauschen des Windes ankämpfte. Die einzige Stimme, die dazu in Konkurrenz stand, war Dicks. Er saß neben Pflichtgetreu, summte und schaukelte vor und zurück. Obwohl Chade mehrmals versuchte, ihn zum Schweigen zu bringen, begann der kleine Mann immer wieder von neuem mit seiner Musik. Das bereitete mir Sorgen, doch es gab nichts, was ich hätte tun können.
    Ich hatte Peottre und die Narcheska früher am Tag gesehen, wie sie auf unsere Arbeit geblickt hatten. Ihre Gesichter waren zwischen Hoffnung und Angst wie eingefroren gewesen. Pflichtgetreu war zu ihnen gegangen, um mit ihnen zu sprechen, doch ich hatte nicht gehört, was
sie
sich zu sagen gehabt hatten. Die Narcheska hatte ihn angestarrt wie einen Fremden; offenbar war ihr Geist mit etwas vollkommen anderem beschäftigt gewesen. Abends gesellten sie sich nicht zu uns ans Feuer, sondern gingen direkt in ihr Zelt. Das schwache Licht einer Kerze aus dem Inneren war die einzige Erinnerung daran, dass sie noch da waren.
    Als Kräusel sein Lied beendet hatte, machte ich mich für die Nachtruhe bereit. So sehr es mich auch verlangte, mit Chade, Pflichtgetreu und dem Narren unter vier Augen zu sprechen, nach Schlaf sehnte ich mich mehr. Mein Körper hatte sich noch immer nicht vollständig von der Elfenrinde erholt, und die harte Arbeit in der Kälte hatte mich erschöpft.
    Ich stand auf, streckte mich, und Chade winkte mich an seine Seite. Als ich zu ihm ging, bat er mich, Dick ins Zelt des Prinzen zu bringen und ihn für die Nacht vorzubereiten. Zuerst glaubte ich, dass sei nur eine Entschuldigung, um ungestört mit mir sprechen zu können, doch als ich über Dick stand, vergrößerte sich meine Sorge. Er hatte die Augen geschlossen, summte unablässig und schaukelte hin und her. Ich zögerte, ihn zu berühren, so wie ein verbranntes Kind vor dem Feuer zurückschreckt. Dann überzeugte mich die tote Gabe in meinem Kopf, dass jeder Schlag seines Geistes, der zu mir durchdrang, eher eine Erleichterung, denn ein Schock für mich gewesen wäre. Also legte ich ihm die Hand auf die Schulter und schüttelte ihn sanft. Ich spürte nicht nur keinen Schlag mit der

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