Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
mächtiges magisches Artefakt handelte, hob er die Schultern, als wolle er sich dafür entschuldigen, nach solch einem frivolen Ding verlangt zu haben. »Ich habe sie nicht für mich gewollt«, sagte er leise.
Kurz saß ich schweigend da und wartete darauf, dass er noch etwas dazu sagte. Als er das jedoch nicht tat, ließ ich es auf sich beruhen. Selbst nachdem ich mit meiner Geschichte geendet hatte und er erkannte, wie vollständig unser Sieg war, blieb er seltsam stumm. Sein Triumph hätte genauso gut mehrere Jahre zurückliegen können statt nur ein paar Tage. Die Art, wie er ihn akzeptierte, ließ ihn unvermeidlich erscheinen anstatt hart erkämpft.
Inzwischen war es wieder Abend geworden. Der Narr schickte sich gar nicht erst an, mir zu erzählen, was ihm widerfahren war, aber das erwartete ich auch nicht. Doch das Schweigen, das sich nun zwischen uns ausbreitete, war an sich schon eine Erzählung. Sie berichtete von Demütigungen und dem Staunen darüber, dass das, was man ihm angetan hatte, ihn hatte beschämen können. Ich verstand ihn nur allzu gut. Und ich verstand auch, dass ich herablassend geklungen hätte, hätte ich ihm das gesagt. Unser Schweigen dauerte viel zu lange. Die kleinen Bemerkungen, die wir austauschten -wenn ich sagte, ich wolle Feuerholz holen, oder er sagte, wie angenehm doch das Zirpen der Grillen nach den stillen Nächten auf dem Gletscher sei -, schienen wie isolierte Blasen in der Stille zu treiben, die uns voneinander trennte.
Schließlich sagte er, dass er sich schlafen legen wollte. Er betrat das Zelt, und ich erledigte die Aufgaben, die man in einem Lager des Abends erledigen muss. Ich schloss das Feuer ein, damit die Glut bis zum Morgen überlebte, und räumte unseren Abfall beiseite. Als ich mich dem Zelt näherte, fand ich ordentlich gefaltet meinen Mantel davor. Ich nahm ihn und machte mein Bett neben dem Feuer. Ich verstand, dass er noch immer mit sich kämpfte und erst einmal allein sein wollte. Dennoch tat es mir weh, vor allem weil ich ihn geheilter sehen wollte, als er war.
Die Nacht war dunkel, und ich schlief tief und fest, als der erste Schrei aus dem Zelt ertönte. Sofort setzte ich mich mit klopfendem Herzen auf, und meine Hand griff nach dem Schwert neben mir. Doch bevor ich es ziehen konnte, stürmte der Narr aus dem Zelt, die Augen weit aufgerissen, das Haar wild zerzaust. Sein ganzer Leib bebte vor Panik, und sein Mund stand weit offen, um möglichst viel Luft in die Lunge zu pumpen.
»Was ist?«, verlangte ich zu wissen, und er erschrak erneut und zuckte vor mir zurück. Dann schien er wieder zu sich zu kommen und meinen Schatten neben dem gedämpften Feuer zu erkennen.
»Es ist nichts. Es war nur ein böser Traum.« Dann schlang er die Arme um die Brust, senkte den Kopf und wippte vor und zurück, als plage ihn ein schrecklicher Schmerz in den Eingeweiden. Nach einem kurzen Augenblick gab er zu: »Ich habe geträumt, sie sei durch den Pfeiler gekommen. Ich bin aufgewacht und habe geglaubt, sie stunde über mir im Zelt.«
»Ich glaube nicht, dass sie weiß, was ein Gabenpfeiler ist oder wie er funktioniert«, versuchte ich ihn zu beruhigen. Dann fiel mir auf, wie unsicher meine Worte klangen, und ich wünschte, ich hätte gar nichts gesagt.
Der Narr erwiderte nichts darauf. Stattdessen trat er zitternd ans Feuer. Ohne ihn zu fragen, beugte ich mich vor und legte Holz nach. Er stand einfach nur da, nach wie vor die Arme um die Brust geschlungen, und beobachtete, wie die Flammen erwachten und an dem Holz hochleckten. Dann sagte er entschuldigend: »Ich kann heute Nacht nicht wieder ins Zelt zurück. Ich kann einfach nicht.«
Ich sagte nichts dazu, sondern breitete meinen Mantel auf dem Boden aus. Vorsichtig wie eine Katze trat er näher. Er sprach keinen Ton, als er sich unbeholfen setzte und sich zwischen mir und dem Feuer ausstreckte. Ich lag still da und wartete darauf, dass er sich entspannte. Das Feuer knisterte vor sich hin, und meine Augenlider wurden schwer. Ich stand kurz davor, wieder einzuschlafen, als er leise sagte:
»Kommt man je darüber hinweg? Bist du je darüber hinweggekommen?« Deutlich war ihm anzumerken, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als dass der Schatten am Morgen verschwunden sein würde.
Ich sagte ihm die härteste Wahrheit, die ich je hatte aussprechen müssen. »Nein, das kann man nicht. Ich habe es nicht gekonnt, und du wirst es auch nicht. Aber man macht weiter. Es wird zu einem Teil von dir wie jede Narbe. Du
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