Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
die Küste eines Landes weit südlich und östlich von Bocksburg. Dort war kein Edelstein zu sehen. Er schüttelte den Kopf. »Jetzt lebt niemand mehr dort, der mich gekannt hat. Es ist dumm, auch nur daran zu denken.«
    »Es ist niemals dumm, daran zu denken, nach Hause zu gehen«, versicherte ich ihm. »Wenn ich Kettricken bitten würde, würde sie sicherlich...«
    »Nein, nein, nein«, unterbrach er mich. »Es war nur eine Laune, Fitz. Ich kann nicht wieder dorthin zurück.«
    Nachdem er genug von der Karte gesehen hatte, stiegen wir weiter die Treppe hinunter, immer tiefer in das blassblaue Licht des Labyrinths hinein. Ich hatte das Gefühl, in einen alten Albtraum hinabzusteigen. Je weiter wir gingen, desto mehr wuchs die Beklommenheit des Narren. Er wurde zunehmend blasser, und das nicht nur von der Kälte. Die kaum verheilten Wunden auf seinem Gesicht stachen hervor wie die Schatten der Macht, die die Bleiche Frau über uns hatte. Ich versuchte, mich an die Steingänge zu halten und von dort aus einen Ausgang zu finden, doch ohne Erfolg. Während wir von einem Raum zum anderen wanderten, berührte mich die Schönheit des Palastes, während ich mich gleichzeitig um das Schweigen und das wachsende Misstrauen des Narren sorgte. Vielleicht hatten wir uns geirrt, und er war noch nicht bereit, sich dem Ort zu stellen, an dem er derart gequält worden war.
    Viele der Kammern auf dieser Steinebene schienen von der Zerstörungswut der Gewandelten und dem Verfall verschont geblieben zu sein, wie ich sie andernorts im Eispalast gesehen hatte. Bäume, Blumen, Fische und Vögel waren liebevoll in die Türstürze gemeißelt worden und fanden ihr Ebenbild in Friesen im Inneren der Kammern. Die Friese wirkten exotisch, die Farben entweder zu weich oder zu rauchig für den Geschmack der Sechs Provinzen. Menschliche Figuren waren in die Länge gezogen, hatten hübsch kolorierte Augen und seltsame Zeichen im Gesicht. Sie erinnerten mich an Seiden, den Bingtown-Händler, mit seinem unnatürlichen Wuchs und dem schuppigen Gesicht. Das erwähnte ich auch dem Narren gegenüber, und er nickte. Einige Zeit später - wir gingen inzwischen einen anderen Gang hinunter - fragte er mich: »Hast du je eine weiße Rose gesehen, die schon seit Jahren in der Nähe einer roten wächst?«
    »Vermutlich«, antwortete ich und dachte an die Gärten der Bocksburg. »Warum?«
    Er zog einen Mundwinkel hoch. »Ich denke, du hast sie gesehen, ohne sie dir wirklich anzuschauen. Nach vielen Jahren in solcher Nähe findet ein Austausch statt. Am deutlichsten zeigt er sich in der weißen Rose, denn sie nimmt einen Hauch von Rosa an oder bildet rote Adern in ansonsten schneeweißen Blütenblättern aus. Das geschieht, weil sie den grundlegenden Stoff austauschen, aus denen ihr Wesen besteht.«
    Ich blickte ihn verwundert an und fragte mich, ob ich mir Sorgen um seinen Geisteszustand machen musste. Er schüttelte den Kopf. »Sei geduldig mit mir und lass mich erklären. Drachen und Menschen können Seite an Seite leben aber wenn sie das über längere Zeit tun, beeinflussen sie einander. Bei den Uralten zeigen sich die Auswirkungen eines Zusammenlebens mit Drachen, das über Generationen hinweg andauert.« Abermals schüttelte er den Kopf, diesmal ein wenig traurig. »Es ist nicht immer eine elegante Verwandlung. Manchmal sterben die Kinder nicht lange nach der Geburt, oder sie leben ein viel zu kurzes Leben. Einige wenige leben länger, jedoch auf Kosten ihrer Fruchtbarkeit. Die Uralten waren ein langlebiges Volk, aber sie waren nicht sonderlich fruchtbar. Kinder waren etwas sehr Seltenes und wurden hoch geschätzt.«
    »Und wir sind nun dafür verantwortlich, dass die Drachen wieder in die Welt zurückkehren und uns erneut mit dieser Veränderung strafen können?«, fragte ich.
    »Ja, das sind wir.« Das schien ihn nicht sonderlich aufzuregen. »Die Menschheit wird lernen, was es kostet, in der Nähe von Drachen zu leben. Einige werden diesen Preis mit Freuden zahlen. Die Uralten werden wieder zurückkehren.«
    Eine Zeit lang gingen wir schweigend nebeneinander her, dann fiel mir eine andere Frage ein. »Aber was ist mit den Drachen? Hat es denn keinerlei Wirkung auf sie, wenn sie uns zu lange ausgesetzt sind?«
    Der Narr schwieg. Dann sagte er: »Ich vermute schon. Aber sie empfinden solche Veränderung wohl als schändlich und verbannen die entsprechenden Wesen. Du warst doch auf der Insel der Anderen.«
    Mir fiel nichts ein, was ich dazu hätte sagen

Weitere Kostenlose Bücher