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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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beruhigte sich mein zitternder Atem. Als ich schließlich wieder still war, sagte der Narr leise: »Jetzt ist alles wieder gut, Fitz. Du bist wieder ganz. Wenn wir dieses Mal wieder zurückkehren, wirst du den ganzen Weg zu deinem alten Leben gehen - zu allem.«
    Nach einiger Zeit konnte ich wieder tief atmen. Langsam stand ich auf und bewegte mich so vorsichtig, dass der Narr meinen Arm nahm, um mich zu stützen. Aber es war keine Schwäche, sondern Staunen, das meine Schritte verlangsamte. Ich war wie ein Mann, dem man das Augenlicht wiedergegeben hatte. Ich nahm jede noch so kleine Einzelheit an den Blättern war: da eine scharfe Blattkante, dort ein freiliegendes Äderchen, wo Insekten am Grün genagt hatten. Die Vögel sangen über uns, und meine zwiehafte Wahrnehmung von ihnen war so scharf, dass ich mich nicht auf die Fragen konzentrieren konnte, die der Narr mir stellte. Licht brach durch das Blätterdach und fiel in goldenen Strahlen auf den Waldboden. Kurz funkelten Pollen in diesen Strahlen. Wir gelangten an den Bach, und ich kniete nieder, um das kalte, süße Wasser zu trinken. Doch als ich mich darüber beugte, nahm mich das Wasser über den Steinen und die klare, dunkle Welt darunter plötzlich gefangen. Schlick lag in Mustern über den glatt geschliffenen Kieseln, und Wasserpflanzen bewegten sich sanft in der Strömung. Ein silberner Grundling huschte zwischen den Pflanzen einher und verschwand unter einem gefangenen braunen Blatt. Ich stocherte nach ihm und musste unwillkürlich lachen, als ich sah, wie er davonschoss. Ich schaute zu dem Narren hoch, um zu sehen, ob er es auch gesehen hatte. Liebevoll, aber ernst blickte er auf mich hinab. Er legte die Hand auf meinen Kopf wie ein Vater, der sein Kind segnet, und sagte: »Wenn ich alles, was mir widerfahren ist, als eine Kette betrachte, die mich schlussendlich an diesen Ort geführt hat, wo du neben dem Wasser kniest, lebendig und ganz, dann . dann war der Preis dafür nicht zu hoch. Dich wieder ganz zu sehen, heilt auch mich.«
    Er hatte Recht. Ich war wieder ganz.
    An diesem Abend verließen wir den Platz im Wald noch nicht. Stattdessen entfachte ich noch einmal ein Feuer und starrte den Großteil der Nacht in die Flammen. Als würde ich Schriftrollen sortieren oder Kräuter für Chade wegräumen, ging ich all die Jahre durch, seit ich mein halbes Leben weggeben hatte, und ordnete meine Erfahrungen neu. Halbherzige Leidenschaften. Beziehungen, in die ich nichts eingebracht und von denen ich genauso wenig zurückbekommen hatte. Rückzüge und Ausweichmanöver. Der Narr lag zwischen dem Feuer und mir und tat so, als würde er schlafen. Ich wusste jedoch, dass er mit mir Wache hielt. Gegen Sonnenaufgang fragte er mich: »Habe ich dir etwas Falsches angetan?«
    »Nein«, antwortete ich ruhig. »Ich habe mir selbst etwas Falsches angetan, vor langer Zeit. Du hast mich auf den richtigen Weg geführt, um es wieder zu korrigieren.« Ich wusste zwar nicht, wie ich das machen würde, aber ich würde es tun.
    Am Morgen verstreute ich die Asche unseres Feuers auf dem Platz. Wir ließen das Zelt der Uralten im Wind zurück und flohen vor einer viel versprechenden, sommerlichen Bö. Dann teilten wir meine Winterkleidung untereinander auf, und schließlich, seine Finger auf mein Handgelenk gepresst, verbanden wir uns über die Gabe und betraten den Gabenpfeiler.
    Wir kamen im Pfeilerraum des Eispalastes der Bleichen Frau wieder heraus. Der Narr schnappte nach Luft und sank nach nur zwei Schritten auf die Knie. Auf mich hatte der Gang durch den Pfeiler keine solch drastische Wirkung, obwohl auch mir ein wenig schwindelig war. Fast augenblicklich spürte ich die Kälte des Palastes. Ich half dem Narren in die Höhe. Staunend schaute er sich um und schlang zum Schutz vor der Kälte die Arme um die Brust. Ich gab ihm etwas Zeit, sich zu erholen und die zugefrorenen Fenster zu inspizieren, den verschneiten Ausblick und den Gabenpfeiler, der den Raum beherrschte. Dann sagte ich zu ihm: »Komm.«
    Wir stiegen die Treppe hinunter und hielten erneut im Kartenraum an. Der Narr blickte auf die dort dargestellte Welt. Seine langen Finger wanderten über die Wellen der See und schwebten schließlich über dem Bocksfluss. Ohne sie zu berühren, deutete er auf die vier Juwelen nahe Bocksburg. »Diese Juwelen... stellen sie Gabenpfeiler dar?«
    »Ich glaube schon«, antwortete ich. »Dann wären die vier da unsere Zeugensteine.«
    Mit wehmütiger Zärtlichkeit strich er über

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