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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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überhaupt für eine Ahnung von irgendwas, solange es keine vier Beine und Hufe hatte?« Sie nahm mein Gesicht in die von Tränen nassen Hände und küsste mich auf die Stirn. Ihre Nasenspitze war knallrot. »Jetzt werde ich dir wohl vergeben müssen. Eda allein weiß, ob ich morgen nicht vielleicht schon tot umfallen werde, und so wütend ich jetzt auch auf dich sein mag, möchte ich doch nicht, dass du den Rest deines Lebens glaubst, ich hätte dir nicht vergeben. Aber das heißt noch lange nicht, dass Litzel und ich nicht länger wütend auf dich sind. Das hast du nämlich verdient.« Sie schniefte laut. Litzel reichte ihr ein Taschentuch. Die alte Dienerin schaute mich noch immer tadelnd an, als sie sich wieder an den Tisch setzte. Deutlicher denn je sah ich, wie grundlich die gemeinsamen Jahre die Grenzen zwischen Dienerin und Herrin verwischt hatten.
    »Ja«, bestätigte Litzel, »ich bin auch aufgebracht.«
    »Aber jetzt steh auf«, befahl mir Philia. »Ich habe keine Lust, auch noch einen Krampf im Nacken zu bekommen, weil ich ständig zu dir herunterstarren muss. Warum trägst du eigentlich eine Gardeuniform? Und warum warst du so dumm, wieder nach Bocksburg zurückzukehren? Weißt du denn nicht, dass es noch immer Menschen gibt, die dich liebend gerne tot sehen würden? Du bist hier nicht sicher, Fitz. Wenn ich wieder nach Fierant gehe, wirst du mit mir kommen. Vielleicht kann ich dich als Gärtner oder Sohn eines entfernten Vetters ausgeben. Aber natürlich werde ich dich meine Pflanzen nicht anfassen lassen. Du hast nicht die geringste Ahnung von Gärten und Blumen.«
    Langsam stand ich auf und konnte nicht widerstehen zu sagen: »Ich könnte dir beim Unkrautentjäten zur Hand gehen. Ringelblumen erkenne ich.«
    »Da! Siehst du, Litzel? Da verzeihe ich ihm, und das erste Wort aus seinem Mund ist Spott!« Sie schlug die Hände vor den Mund, als müsse sie ein weiteres Schluchzen unterdrücken. Deutlich traten die Venen auf ihrem Handrücken hervor. Schließlich atmete sie tief durch und sagte dann: »Ich denke, ich werde jetzt meinen Branntwein trinken.« Sie nippte an ihrem Glas, schaute mich über den Rand hinweg an, und plötzlich traten ihr wieder Tränen in die Augen. Rasch setzte sie das Glas ab und schüttelte den Kopf. »Du bist hier und lebst. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt weine. Nur dass ich sechzehn Jahre und eine Enkelin für immer verloren habe. Wie konntest du nur, du elender Kerl! Rechtfertige dich! Rechtfertige dich selbst und was du so Wichtiges getan hast, dass du nicht mehr zu uns nach Hause kommen konntest!«
    Und plötzlich kamen mir all die guten Grunde vollkommen trivial vor, sie nicht zu besuchen. Hätte ich gewollt, hätte ich schon einen Weg gefunden. Laut sagte ich: »Hätte ich dem Steindrachen nicht meinen Schmerz gegeben, hätte ich wohl einen Weg gefunden, egal, wie gefährlich er auch gewesen wäre. Vielleicht muss man seinen Schmerz und sein Leid behalten, um zu wissen, dass man alles überleben kann, was das Leben bringt. Vielleicht entwickelt man sich ohne Schmerz zu einer Art Feigling.«
    Philia schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich will keine Moralpredigt, ich will eine Rechtfertigung! Und keine Entschuldigungen!«
    »Ich habe nie die Äpfel vergessen, die du mir durchs Gitter meiner Zelle zugeworfen hast. Du und Litzel, es war schier unglaublich mutig von euch, zu mir ins Verlies zu kommen und euch auf meine Seite zu schlagen, als kaum jemand sonst das wagte.«
    »Hör auf damit!«, zischte sie entrüstet, als ihre Augen sich erneut mit Tränen füllten. »Ist es das, was dir heutzutage Spaß macht? Alte Frauen zum Weinen zu bringen?«
    »Das will ich nicht.«
    »Dann erzähl mir, was mit dir passiert ist, und zwar seit dem letzten Mal, da ich dich gesehen habe.«
    »Das würde ich gerne, und das werde ich auch - versprochen. Aber als ich euch begegnet bin, war ich in einer dringenden Angelegenheit unterwegs - einer Angelegenheit, die erledigt werden will, solange ich noch Tageslicht habe. Lasst mich gehen, und ich verspreche euch, dass ich morgen wieder zurückkommen werde, um euch alles zu erzählen.«
    »Was für eine Angelegenheit?«
    »Ihr erinnert euch doch sicher an meinen Freund, den Narren. Er ist krank. Ich muss ihm ein paar Kräuter bringen, um seine Leiden zu lindern, und auch etwas Wein und Essen.«
    »Der Junge mit dem mehlfarbenen Gesicht? Er war nie ein allzu gesundes Kind. Wenn du mich fragst, hat er immer zu viel Fisch

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