Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
sie ein und gähnte. »Und?«
Und so begann ich mit meiner Geschichte. Ich erzählte ihr davon, wie ich Zuflucht in meinem Wolf gesucht und wie Chade und Burrich mich wieder in meinen Körper zurückgerufen hatten. Ich erzählte ihr von meiner langen Erholungsphase und von Chades Besuch. Schließlich glaubte ich, sie sei eingeschlafen. Doch als ich mich leise erhob, riss sie die Augen auf. »Setz dich!«, befahl sie mir, und nachdem ich das getan hatte, ergriff sie meine Hand, als wolle sie mich davon abhalten wegzuschleichen. »Ich höre zu. Sprich weiter.«
Ich erzählte ihr von Burrichs Abschied und von den Gewandelten. Ich erklärte ihr, weshalb Burrich geglaubt hatte, ich sei gestorben, und wie er zu Molly zurückgekehrt war, um sie und das Kind in ihrem Leib zu beschützen. Ich erzählte ihr von meiner langen Reise vom Bocksfluss nach Fierant und von Edels Königs Rund. Sie öffnete ein Auge. »Das ist jetzt ein Garten. Ich habe Pflanzen, Bäume und Blumen aus allen Sechs Provinzen und auch aus den Ländern jenseits davon. Affenschwanzranken aus Jamailia und Blaunadelbüsche von den Gewürzinseln. Und mitten drin steht ein wunderbarer Baum. Es würde dir gefallen, Fitz. Es
wird
dir gefallen, wenn du bei mir lebst.«
»Ich bin sicher, dass es mir gefallen wird«, sagte ich sorgfältig darauf bedacht, nicht darüber zu reden, wo ich leben würde und wo nicht. »Soll ich weitererzählen, oder willst du jetzt ein wenig schlafen?« Ein leises Schnarchen kam von Litzeis Seite des Betts.
»Sprich weiter. Ich bin nicht im Mindesten müde. Sprich weiter.«
Doch mitten in dem Bericht über meinen versuchten Anschlag auf Edels Leben döste sie ein. Ich wartete noch ein wenig, bis ihr Griff um meine Hand erschlaffte. Dann löste ich mich vorsichtig von ihr.
Ich schlich zur Tür. Als ich den Riegel zurückschob, erhob sich Litzel auf den Ellbogen. Ihr Gehör hatte ganz und gar nicht nachgelassen, und ich nahm an, dass sie trotz ihrer knochigen Finger noch immer einen Dolch im Ärmel trug. Ich nickte ihr zu und schlüpfte aus dem Raum.
Ich ging in den Wachraum und nahm erst einmal eine herzhafte Mahlzeit zu mir. Wenn man sich tage-, ja, wochenlang nur von Salzfisch ernährt hat, weiß man frisches Brot, Butter und kalten Fasan erst richtig zu schätzen. Meine Freude am Essen wurde jedoch ein wenig von dem Wissen getrübt, dass der Abend nicht mehr weit war. Soldaten haben immer Hunger, und so sagte auch niemand etwas, als ich einen ganzen Laib Brot mitnahm und ein gutes Stück Käse. Anschließend ging ich auf direktem Weg in die Speisekammer, wo ich mir einen Tragekorb und zwei Würste schnappte. Die legte ich dann zusammen mit dem Brot und dem Käse in den Korb. Anschließend trug ich alles in Chades Raum hinauf. Dick war dort gewesen. Er hatte Tisch und Sims abgewischt und eine Schüssel mit Obst hingestellt. Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Feuerholz lag in der Schütte, Talgkerzen standen auf dem Tisch, und das Fass war mit frischem Wasser gefüllt. Verwundert schüttelte ich den Kopf. Nach allem, was er durchgemacht hatte, war er erst einen Tag zu Hause, und schon erinnerte er sich an seine alten Pflichten. Ich legte ein Dutzend gelbe und blaue Pflaumen in meinen Korb und schob eine Flasche von Chades Wein zwischen Brot und Käse. Ich packte gerade noch ein paar Kräuter dazu, als ich Chade in meinem Geist fühlte.
Was?,
fragte ich.
Ich muss mit der Königin sprechen, Fitz.
Kannst du nicht Dick dafür nehmen? Ich bin gerade auf dem Weg zu den Gabenpfeilern.
Es wird nicht lange dauern.
Ich werde erst eine Möglichkeit finden müssen, mich mit Königin Kettricken allein zu treffen.
Ich hatte sie durch Dick bereits kontaktiert, und sie hatte auch schon geantwortet. Ja, sofort. Ich sollte mich in ihre Gemächer begeben; sie würde bald dort sein.
Also schön.
Du wirkst gereizt.
Ich mache mir Sorgen um den Narren. Ich habe hier ein paar Sachen, die ich ihm gerne bringen würde. Frisches Obst und Kräutergegen sein Fieber.
Ich verstehe, Fitz. Aber es wird wirklich nicht lange dauern. Dann kannst du die Nacht durchschlafen und morgen früh direkt zu ihm gehen.
Na schön.
Ich beendete unseren Kontakt. >Na schön< ... Was hätte ich sonst sagen sollen? Chade hatte Recht. Viele der Gedanken, die Pflichtgetreu seiner Mutter übermittelt hatte, hätte Dick vermutlich nicht verstanden, geschweige denn weitergeben können. Ich versuchte, mich nicht über die Zeit zu ärgern, die ich so verlor. Dem Narr würde es
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