Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
musste sie nun den nächsten Zug machen. Und dieser Gedanke stürzte mich in einen Abgrund. Vielleicht hatte sie ja schon eine Entscheidung getroffen und war von mir fortgegangen.
»Fitz?« Erst als er mir die Hand auf den Arm legte, merkte ich, dass Chade mich schon mehrmals angesprochen hatte. Ich zuckte unwillkürlich zusammen und wurde mir wieder der Menschen am Tisch bewusst. Pflichtgetreu blickte mich mitfühlend an, Nessel hielt Abstand, und Dick wirkte gelangweilt. Chade legte mir die Hand auf die Schulter und drückte sie sanft. »Würdest du der Kordiale jetzt berichten, wo du gewesen bist und was dir widerfahren ist? Ich habe zwar schon einen Verdacht, aber ich hätte ihn gern bestätigt.«
Aus Gewohnheit begann ich an dem Zeitpunkt, da wir zum letzten Mal voneinander gehört hatten. Ich erzählte ihnen gerade unbekümmert davon, wie ich das Heim des Schwarzen Mannes betreten hatte, als ich plötzlich einen starken Widerwillen empfand, ihnen alles zu berichten, was mir der Narr gesagt hatte. Also verschränkte ich die Hände auf dem Tisch und fasste es zusammen, ließ aber so viele intime Details wie möglich aus. Von jenen, die hier versammelt waren, hatte vielleicht nur Chade den Hauch einer Ahnung, was mein Abschied vom Narren für mich bedeutete. Ohne nachzudenken, sagte ich laut: »Aber ich bin nicht wieder zurückgegangen, und du hast gesagt, ich sei einen Monat fort gewesen. Ich weiß nicht, was aus ihnen während meiner langen Abwesenheit geworden ist. Deshalb will ich wieder zurück, doch nun fürchte ich die Pfeiler wie nie zuvor.«
»Und das solltest du auch, wenn das, was ich in den von dir zurückgebrachten Gabenschriften gelesen habe, auch nur annähernd der Wahrheit entspricht. Aber davon später mehr. Erzähl uns den Rest.«
Und das tat ich. Ich erzählte davon, wie wir die Schriftrollen geholt und uns der Leiche der Bleichen Frau entledigt hatten. Chade war fasziniert von der Licht- und Wärmemagie der Uralten, und er stellte mir viele Fragen über die Würfel aus Erinnerungsstein, die ich nicht beantworten konnte. Ich sah, wie sehr es ihn reizte, dieses magische Reich selbst einmal zu untersuchen. Ich fuhr mit Prilkops Abschied von mir fort und berichtete dann von meiner schier endlosen Reise durch die Pfeiler. Als ich von dem Wesen sprach, das mich gerettet hatte, richtete Pflichtgetreu sich auf. »Wie die aus unserer Zeit am Strand der Anderen.«
»Wie sie und doch nicht wie sie. Ich glaube, dort war unser Geist in ihrer Welt. In den Pfeilern war auch mein Körper dort. Seit meiner Rückkehr fühle ich mich ... seltsam. In mancherlei Hinsicht fühle ich mich lebendiger und selbst dem kleinsten Ding auf dieser Welt verbundener denn je. Und doch fühle ich mich auch einsamer als zuvor.« Und dann schwieg ich. Ich wusste nicht, was ich meinem Bericht noch hätte hinzufügen können. Ich blickte zu Nessel. Sie erwiderte meinen Blick mit sachlichem Gesichtsausdruck, der sagte, ich bedeute ihr nichts und hätte ihr auch nie etwas bedeutet.
Chade hatte offenbar das Gefühl, genug gehört zu haben, denn er schob den Stuhl vom Tisch zurück wie ein Mann, der gerade ein üppiges Mahl gegessen hatte. »Nun, diese Geschichte erfordert einiges an Nachdenken, und auch mit den Lektionen soll es für heute erst einmal gut sein. Mit dem Erntefest vor der Tür haben wir alle genug zu tun. Heute Abend findet ein Fest in der Großen Halle statt, mit Musik, Gauklern, Tanz und Geschichten. Es werden auch viele unserer Freunde von den Äußeren Inseln dort sein, wie auch alle unsere Herzöge. Ich sehe euch dann dort heute Abend.«
Als jedoch alle sitzen blieben und ihn anschauten, fügte er hinzu: »Und jetzt würde ich gerne mit Fitz unter vier Augen sprechen.«
Dick stand auf, ebenso Nessel. »Aber erst nachdem ich mit Fitz unter vier Augen gesprochen hatte«, verkundete Pflichtgetreu ruhig.
Dick schaute verwirrt drein, fügte aber direkt hinzu: »Ich auch.«
»Ich nicht«, sagte Nessel kühl und ging zur Tür. »Ich kann mir nicht vorstellen, je etwas mit ihm bereden zu wollen.«
Dick stand wie angewurzelt da, und sein Blick flog zwischen Nessel und Pflichtgetreu hin und her. Schließlich rang ich mir ein Lächeln für ihn ab. »Wir beide werden später genug Zeit füreinander haben, Dick. Das verspreche ich dir.«
»Ja«, sagte er schlicht und sprang zur Tür, bevor sie sich ganz hinter Nessel geschlossen hatte. Er folgte ihr hinaus. Pflichtgetreu warf Chade einen Blick zu, und der alte
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