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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gebraucht hätte. Was sollte ich nun tun? »Ich werde mit dir gehen«, bot ich ihm an. »Wir werden gemeinsam zu Gindast gehen und sehen, ob er es sich nicht vielleicht noch einmal überlegt. Wenn es sein muss, werde ich ihn sogar anbetteln.«
    »Nein!« Harm war entsetzt. Dann lachte er. »Du hast mir ja noch gar keine Gelegenheit gegeben, den Rest zu erzählen. Wie üblich hast du dir nur das Schlimmste herausgepickt, Tom. Ich bin hier unter den Barden, und ich bin glücklich. Schau.«
    Er schob die Holzstücke zu mir herüber. Die Formen waren noch grob, aber ich erkannte, dass sie zusammengefügt eine Harfe ergaben. Ich war lange genug mit Merle zusammen gewesen, um zu wissen, dass der Bau einer Harfe einer der ersten Schritte auf dem Weg zum Barden war. »Ich habe nie gewusst, dass ich singen kann. Na ja, eigentlich ist das nicht ganz richtig. Ich bin mit Merles Liedern aufgewachsen und habe mit ihr gesungen. Mir ist nie aufgefallen, wie viele ihrer Lieder ich dabei auswendig gelernt habe, einfach indem ich ihr einen Abend lang zugehört habe. Nun, Merle und ich, wir hatten unsere Differenzen, und sie ist ganz und gar nicht damit einverstanden, dass ich diesen Weg einschlage. Sie hat gesagt, du würdest ihr die Schuld dafür geben. Aber sie hat für mich gebürgt und verbreiten lassen, dass ich ihre Lieder singen dürfe, bis ich meine eigenen geschrieben habe.«
    Das Bier und frisches Brot, warm und knusprig, wurden zu uns an den Tisch gebracht. Harm riss das Brot in Stücke und kaute auf einem Bissen herum, während ich noch versuchte, Sinn in das Ganze zu bringen. »Du willst also ein Barde werden, ja?«
    »Ja! Merle hat mich zu einem Kerl mit Namen Sägezunge gebracht. Er hat eine furchtbare Stimme, kann aber mit den Saiten umgehen, dass man schon von einer Gottesgabe sprechen muss. Und er ist recht alt, weshalb er einen jungen Kerl wie mich gebrauchen kann, der ihm die Sachen trägt und Feuer macht, wenn wir des Nachts auf unseren Reisen lagern. Natürlich bleiben wir erst einmal bis nach dem Erntefest in der Stadt. Er spielt heute Abend, und ich werde vielleicht vorher ein, zwei Lieder für die Kinder singen. Tom, ich habe nie gewusst, dass das Leben so schön sein kann. Ich liebe, was ich tue. Durch all das, was Merle mir unwissentlich beigebracht hat, verfüge ich bereits über das Repertoire eines Gesellen. Allerdings hinke ich noch etwas mit dem Bau meines Instruments hinterher, und eigene Lieder habe ich auch erst wenige. Aber das wird schon kommen. Sägezunge sagt, ich solle geduldig sein und nicht erzwingen, Lieder zu schreiben; sie würden schon von selbst zu mir kommen.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass einmal ein Barde aus dir werden würde, Harm.«
    »Ich auch nicht.« Er zuckte mit den Schultern und grinste. »Es passt aber, Tom. Niemanden kümmert es, wer mein Vater und meine Mutter waren oder sind oder dass meine Augen zwei verschiedene Farben haben. Mit dem endlosen Trott eines Tischlers ist das gar nicht zu vergleichen. Oh, manchmal beschwere ich mich darüber, wenn ich einen Text immer und immer wieder rezitieren muss, bis Sägezunge zufrieden ist, aber das ist nicht schwer. Ich habe nie gewusst, dass ich über solch ein gutes Gedächtnis verfüge.«
    »Und nach dem Erntefest?«
    »Das ist der einzig traurige Teil. Dann werde ich mit Sägezunge fortziehen. Er überwintert immer in Bearns. So werden wir uns den Weg dorthin ersingen und bei einem Mäzen den Winter verbringen.«
    »Und du bereust nichts?«
    »Nur, dass ich dich so noch weniger sehen werde als vergangenen Sommer.«
    »Aber du bist glücklich?«
    »Hmmm. So glücklich, wie man sein kann. Sägezunge sagt, dass das Glück einem Menschen folgt, wenn man einfach dem Schicksal folgt, anstatt zu versuchen, es den eigenen Wünschen anzupassen.«
    »Für dich mag das so sein, Harm. Für dich vielleicht.«
    Und dann redeten wir eine Zeit lang über belanglose Dinge und tranken unser Bier. Ich staunte, dass er immer wieder aufgestanden war, obwohl er so viele Schläge erlitten hatte. Und ich staunte auch, dass ausgerechnet Merle ihm geholfen und mir dann noch nicht einmal etwas davon erzählt hatte. Dass sie ihm die Erlaubnis gegeben hatte, ihre Lieder zu singen, verriet mir, dass sie wirklich beabsichtigte, ihr altes Leben hinter sich zu lassen.
    Ich hätte noch den ganzen Tag mit Harm weiterreden können, doch der blickte aus dem Fenster und erklärte, dass er seinen Meister wecken und ihm Frühstück machen müsse. Er fragte, ob ich am

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