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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Satrap ihm freie Fahrt auf einem der Sklavenschiffe nach Chalced.
    Kulte der Südlande, Autor unbekannt

    Ich erlangte das Bewusstsein zweimal wieder, bevor ich beim dritten Mal daran festhalten konnte. Das erste Mal wurde ich von zwei Männern einen eisigen Gang hinuntergeschleift. Das zweite Mal bemerkte ich, dass ich auf dem Bauch lag und jemand mir fest die Hände hinter dem Rücken band. Das dritte Mal wurde ich wieder von meinen zwei Wachen gezogen. Diesmal hielt ich stur am Wachsein fest, so sehr mich das auch schmerzen mochte. Wir hatten einen Thronsaal erreicht. Er war aus dem Eis des Gletschers gehauen worden, und die dicken kannelierten Säulen, die die hohe Decke stützten, waren blau. Auf Wandreliefs wurde immer wieder in hehren Bildern eine Frau gefeiert. Mit einem Schwer in der Hand stand sie am Bug eines Schiffes, das Haar im Wind. Sie stand über ihren zerschmetterten Feinden, den Fuß auf dem Hals eines Mannes. Auf einem Thron deutete sie mit dem Finger der Gerechtigkeit auf zwei Kreaturen, die vor ihr kauerten ... Und all diese Figuren waren überlebensgroß; sie ragten über uns auf, zornig und erbarmungslos. Wir hatten das Reich der Bleichen Frau betreten.
    Doch selbst hier, im Herzen ihres Königreichs, hatte sie einen Rivalen. In der gläsernen Decke der Kammer, hinter dem verschwommenen blauen Eis, sah ich endlich den in seiner vollen Größe, den zu sehen ich so weit gereist war. Unser gewundener Weg durch die Gänge hatte uns unter den Drachen geführt. Ich glaubte sogar, einen schwachen Lichtfleck zu erkennen, der unsere armseligen Grabungsbemühungen bezeugte. Ich fragte mich, ob unsere Freunde noch immer versuchten, zu dem gefangenen Drachen durchzudringen. Zu ihnen um Hilfe zu schreien, wäre sinnlos gewesen. Ich hätte genauso gut versuchen können, durch drei, vier dicke Burgmauern hindurchzubrüllen.
    Dutzende Gefolgsleute der Bleichen Frau hatten sich versammelt, um zuzusehen, wie wir vor sie geführt wurden. Riesige weiße Kugeln an frostbedeckten Ketten tauchten die Halle in ein unnatürliches blauweißes Licht. Dick in Felle und Tierhäute gehüllt wirkten die Outislander-Krieger wie Zwerge in dem gewaltigen Palast. Sie schwiegen, die Gesichter teilnahmslos, als wir an ihnen vorbeigeschleppt wurden. Ihre Glantätowierungen waren unter schwarzen Flecken verschwunden. Ein paar von ihnen trugen Zeichen der Loyalität gegenüber ihrer neuen Herrin in der Form von tätowierten Drachen oder Schlangen. Die Krieger betrachteten uns ohne Mitleid, aber auch ohne Hass, ja, noch nicht einmal mit Neugier. Leidenschaft irgendeiner Art schien keinerlei Antrieb für sie zu sein. Die Gefühllosigkeit, die ich in ihnen sah, ging über Resignation hinaus. Sie glich mehr jener Art von schicksalsergebener Leidensfähigkeit, die man für gewöhnlich mit misshandelten Tieren in Verbindung bringt. Selbst mit meinen zwiehaften Sinnen konnte ich sie nur gedämpft wahrnehmen. Ich fragte mich, ob die Bleiche Frau eine abgeschwächte Form von Wandlung entdeckt hatte, eine, die ihre Opfer zwar ihrer Menschlichkeit beraubte, ihnen aber genügend Angst ließ, um gehorsam zu sein. Eine der Outislander erkannte ich. Es war Henja, die Dienerin der Narcheska in Bocksburg, und sie blickte uns genauso desinteressiert an wie die anderen. Seit sie Bocksburg verlassen hatte, hatte ich sie einmal kurz gesehen, als die Gescheckten mich fast getötet hätten, und dann wieder, als sie dem Prinzen und der Narcheska auf Mayle hinterherspioniert hatte. Wie passte sie in das Ganze? Ich wusste einfach nicht, wie ich ihre Rolle einordnen sollte. Aber ich wusste plötzlich mit absoluter Sicherheit, dass sie schon immer das Werkzeug der Bleichen Frau gewesen war. Meinem Prinzen drohte so sicher Gefahr wie mir.
    Es gelang mir, auf die Füße zu kommen, doch ich konnte nicht mit dem schnellen Schritt der Wachen mithalten. Ich stolperte zwischen ihnen her, und als sie schließlich stehen blieben und mich vor der Bleichen Frau auf die Knie zwangen, wehrte ich micl nicht. In meinem Kopf drehte sich noch immer alles. Egal in welcher Haltung, ich musste mich ausruhen und meine Kraft zurückgewinnen. Ich versuchte, mich zum Narren umzudrehen, erhaschte jedoch nur einen kurzen Blick auf ihn. Zwei Wachen hielten ihn fest, und sein Kopf hing schlaff herab. Dann traf mich die Ohrfeige einer meiner Wachen und zwang mich, wieder zur Bleichen Frau zu schauen.
    Sie war weiß, wie der Narr einst weiß gewesen war, und das Haar fiel ihr offen über

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