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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Hauch von Zivilisation anbietest, ist seine Dankbarkeit überproportional groß. Manchmal kann man einen Menschen durch eine kleine Freundlichkeit für sich gewinnen. Eingesperrt in einer kalten Zelle, im Dunkeln und ohne Essen, sind eine Kerze und eine Schüssel heiße Suppe wie eine Amnestie. Es ist weit einfacher, einen Mann auf diese Art zu brechen, als durch Folter.
    Die Bleiche Frau lächelte mich an. »Ah, ja. Gefesselte Hände würden diese Aufgabe in der Tat erschweren.« Sie winkte einer Wache. »Bring ihn zur Wanne und schneid ihn los.«
    Ich wurde auf eine Art zur Wanne befördert, die keinen Zweifel daran ließ, dass sie mich zwingen würden, alles zu tun, was die Bleiche Frau von mir verlangte. Weigerte ich mich, gab ich den Wachen nur einen Grund, mich abermals zu schlagen. Gehorchte ich jedoch, würde mir das vielleicht einen Vorteil verschaffen, wenn auch nur den, endlich die Hände frei zu haben. Zähneknirschend gab ich also nach. Kaum waren meine Hände frei, wandte ich der Bleichen Frau den Rücken zu, zog mich aus und stieg ins Wasser. Rasch wusch ich mich, vermied es aber, es mir im warmen Wasser allzu gut gehen zu lassen. Eine der Frauen brachte mir Seife in einer Schüssel. Irgendwie brachte ich es über mich, ihr in ernstem Ton zu danken. Sie erwiderte nichts darauf. Als ich schließlich wieder aus der Wanne stieg, war das Wasser grau. Zwei Frauen kamen mit Handtüchern. Ich nahm ihnen die Tücher ab und drehte mich um, um mich abzutrocknen. Einen Augenblick später waren sie wieder da und boten mir weiche Filzschuhe an sowie eine saubere weiße Robe. Meine abgenutzte Bocksburgkleidung war verschwunden. Ich zog an, was sie mir reichten, und wandte mich wieder den Zuschauern zu. Die Bleiche Frau hatte den Stuhl gedreht, sodass sie mich beobachten konnte. Sie lächelte wie eine Katze und bemerkte: »Du hast ein paar interessante Narben und den Leib eines Kriegers. Rasier ihn, Henja. Ich würde gerne einmal das ganze Gesicht des Mannes sehen, der fast König geworden wäre.«
    Ihre Worte entsetzten mich. Ich hatte mich nie so gesehen. Einen Augenblick lang kam mir der Titel beinahe richtig vor. Dann verwarf ich den Gedanken wieder; das war nur einer ihrer Tricks. Die beiden Frauen kehrten wieder zurück. Sie hatten einen Stuhl dabei, und Henja erschien mit einer Schüssel, Seife und einem Rasiermesser. »Ich werde das selbst machen«, beeilte ich mich zu sagen. Die Vorstellung, dass diese Frau die Klinge an meine Kehle setzte, war mir unerträglich.
    »Nein, das wirst du nicht«, widersprach die Bleiche Frau und lächelte wieder. »Ich unterschätze dich nicht, FitzChivalric. Ich weiß, als was du ausgebildet wurdest. Deine Familie hat dich zu einem Mörder erzogen, nicht zu einem Prinzen. Sie haben dich nie sehen lassen, um was sie dich betrogen haben. Doch ich werde es dir zeigen. Ich werde dir das Erbe zeigen, das sie dir geraubt haben. Doch bevor du nicht alles gesehen hast, was ich dir anbiete, werde ich dir keine Waffe in die Hand geben. Bleib still sitzen. Henja ist eine geschickte Leibdienerin, aber ich werde sie für nichts verantwortlich machen, wenn du zuckst.«
    Ich glaube, ich habe mich noch nie in meinem Leben so unwohl gefühlt. Während Henja mich rasierte und dann mein nasses Haar zurückkämmte, inspizierten die beiden anderen Frauen meine Hände, säuberten die Fingernägel und manikürten sie. Und die ganze Zeit über beobachtete mich die Bleiche Frau wie eine Katze einen Vogel. Niemand hatte sich je so um mich bemüht. Dennoch empfand ich die Erfahrung mehr als demütigend denn angenehm. Ich öffnete den Mund, um zu fragen: »Wo ist der Narr?« Sofort schnitt Henja mich mit ihrer Klinge. Ich spürte Blut aus der Wunde fließen. Henja presste ein Handtuch auf den Schnitt, um die Blutung zu stoppen, während die Bleiche Frau erwiderte: »Der Narr? Ich denke, der
Narr
hockt hier vor mir.«
    An diesem Punkt vermochte ich ihrer Einschätzung nicht zu widersprechen. Die Wachen lachten pflichtschuldig, doch ein Blick der Bleichen Frau genügte, um sie wieder verstummen zu lassen. Während sich die Dienerinnen um mich kümmerten und die Wachen mich kalt anstarrten, brachten weitere Diener einen Tisch herein. Diesen deckten sie mit einer weißen Decke und schwerem Silbergeschirr. Schließlich wurde noch ein Leuchter mit sechs großen weißen Kerzen darauf platziert. Dann kam das Essen auf Tellern und in Terrinen. Es duftete herrlich. Auch Wein wurde gebracht und schlussendlich zwei

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