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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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würde er gerade so über den Kessel hinwegsteigen und sich an mir vorbeiquetschen können.
    Die Kälte war in meine Schulter gekrochen und machte sie steif. Mein geschundenes Gesicht war eine kalte wunde Maske. Es war egal. Meine rechte Hand funktionierte noch. Wie schwer konnte es schon sein, ein Feuer in dem Kessel zu entzunden und den Krug hineinzustellen? Dazu war selbst ich in der Lage.
    Zuerst legten wir das Leder auf dem Boden aus. Pflichtgetreu zog es glatt, als wären wir Soldaten, die sich auf ein Würfelspiel vorbereiteten. Das Leder war dick. Ein Stück stammte von einem Eisbären, das andere von einer Seekuh. Beide stanken. Ich stellte den Kessel darauf und die Ölflasche vorsichtig daneben, zusammen mit dem Pulverkrug. Wir hatten ein wenig Holz zu Zunder verarbeitet und Leinenfetzen hinzugefügt. Daraus baute ich ein nettes Nest am Boden des Kessels. Nachdem ich dreimal vergeblich versucht hatte, das Ganze in Brand zu setzen, fragte Pflichtgetreu mich neugierig: »Können wir es nicht einfach mit der Laterne entzünden?«
    Ich hob den Blick und funkelte ihn böse an. Als Antwort grinste er mich an. Das Licht betonte seine geröteten Wangen und die gesprungenen Lippen. Ich hatte kein Lächeln mehr in mir, doch irgendwie brachte ich eines für ihn zustande. Kurz erinnerte ich mich daran, dass auch Lasten auf seinen jungen Schultern ruhten, nicht zuletzt die, dass die Tötung des Drachen einen Verrat an seinem Alten Blut und seiner Zwiehaften Kordiale darstellte. Ebenso würde er sich dadurch nicht seinen Traum erkaufen können. Das Mädchen, in das er sich verliebt hatte, hatte ihn nur verführt, damit er den Willen der Bleichen Frau erfüllte. Sie hatte sich ihm nicht aus Liebe angeboten und nicht, um ein Bündnis zu sichern, sondern nur, um den Tod ihrer Mutter und ihrer Schwester zu erkaufen. Ich hockte mich auf die Fersen. »Mach du es«, sagte ich. »Und dann sieh zu, dass du hier herauskommst. Oh, und bring Burrich vom Rand der Ausgrabung weg. Er sieht nicht mehr gut.«
    »Ach, wirklich? Ich dachte, er wäre blind.« Das war der typische Humor eines jungen Mannes, der düstere Sarkasmus, der keine Furcht davor kennt, sich dem Schicksal zu stellen, das er verspottet. Ich konnte nicht länger darüber lächeln, aber vielleicht fiel Pflichtgetreu das gar nicht auf. Er holte ein Stück Leinen aus dem Kessel und hielt es an die Laternenflamme. Sofort fing der Stoff Feuer. Pflichtgetreu warf das Leinen rasch in den Kessel auf den restlichen Zunder... und das Feuer ging aus.
    »Für uns ist nie etwas leicht«, bemerkte er, nachdem nun auch unser dritter Versuch gescheitert war.
    Ich musste den Kessel auf die Seite kippen. Dann verbrannte Pflichtgetreu sich die Finger dabei, als er das letzte glühende Stück Leinen unter die Holzspäne schob. Wir hielten den Atem an, warteten, und schließlich sprang die winzige Flamme auf den Zunder über. Ich fachte sie mit weiteren Holzspänen an, beschloss aber, den Kessel nicht wieder aufzustellen, um kein Verlöschen zu riskieren. Stattdessen würde ich den Pulverkrug einfach hineinschieben wie ein Brot in einen Ofen. Ich hustete vom Rauch unseres winzigen Feuers.
    »Es ist Zeit für dich zu gehen«, sagte ich zum Prinzen.
    »Tu es einfach, und dann werden wir beide gehen.«
    »Nein.« Ich wollte nicht sagen, dass ich ihn erst in Sicherheit wissen wollte, bevor ich das Pulver hinzugab. Stattdessen entgegnete ich: »Burrich ist sehr wichtig für mich. Und er ist sehr stolz. Er wird auf mich warten wollen, bevor er selbst flieht. Pack ihn am Arm, und sag ihm, dass ich komme, dass du mich bereits sehen könntest, und dann bring ihn weit weg von der Öffnung. Wir wissen beide, dass Chades Mixturen bisweilen besser funktionieren, als er selbst erwartet.«
    »Du willst, dass ich ihn anlüge?« Pflichtgetreu war entsetzt.
    »Ich will, dass du ihn in Sicherheit bringst. Er hat ein schlimmes Knie, und er kann sich nicht so schnell bewegen wie du oder ich. Bring ihn also auf den Weg. Ich werde dir ein, zwei Augenblicke dafür Zeit lassen, dann werde ich das Pulver reinschieben und mich auch von hier verziehen.«
    Es funktionierte. Der Prinz hätte mich nicht verlassen, wenn nur seine eigene Sicherheit auf dem Spiel gestanden hätte. Für Burrich tat er es jedoch. Ich dankte Kettricken für das Herz, das sie ihrem Sohn gegeben hatte, als er vorsichtig über den Kessel hinwegstieg und sich an mir vorbeidrängte. Ich lauschte seinen Schritten im Tunnel und versuchte

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