Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
Tunnels waren zu erahnen. Doch es war ohne Zweifel vorhanden - ein dumpfes grau-oranges Glühen.
Um wirklich zu sehen, war es immer noch zu dunkel, daher kamen sie nur langsam voran. Dan stolperte einige Male, als der Steinboden unebener wurde, und Amy lief gegen eine Wand, als der Tunnel unerwartet eine Biegung machte.
Doch sie bemerkte den Zusammenstoß kaum. Hinter der Kurve wurde das Glühen stärker und sie konnte die Silhouette ihres Bruders erkennen, ohne die Augen zusammenzukneifen.
»Volltreffer!«, rief Dan. Die schwarze Fläche des Fußbodens machte einem schmalen leuchtenden Rechteck Platz. »Ein Geheimgang!« Er stieg in die enge Öffnung. »Ich wette, hier ist irgendwo eine Leiter …«
Auf den kurzen Schrei folgte ein dumpfer Knall. »Vielleicht auch nicht«, stöhnte er von weiter unten. »Komm runter. Ich glaube, ich habe etwas gefunden.«
Vorsichtig kletterte Amy in die winzige Öffnung, während sie an der glatten Felswand mit dem Fuß nach Halt suchte. Bald entdeckte sie, was ihrem Bruder entgangen war - eine Reihe von Kerben, die in die Wand gehauen worden waren. Dan half ihr hinab in eine offene Kammer, die von Öllampen erleuchtet wurde. Nach der undurchdringlichen
Finsternis des Tunnels erschien ihr das orange Flackern wie die Flutlichtanlage eines Stadions.
Sie sah sich um. Wenigstens die Hälfte des Raumes war bis zur Decke mit großen abgenutzten Holzfässern angefüllt.
»Könnten die ein Zeichen sein?«, fragte Dan.
Amy zuckte hilflos mit den Schultern. »Sie werden uns nicht viel verraten, solange wir nicht wissen, was sie enthalten.«
Die beiden wagten sich vor. Die Fässer schienen sehr alt zu sein. Es gab keine Markierungen auf den Eichenbohlen.
»Vielleicht können wir eines umkippen und hier hinausrollen.« Er presste seine Schulter gegen ein Fass und drückte mit aller Kraft dagegen. Es bewegte sich nicht.
Amy trat neben ihn, um ihm zu helfen, und da sah sie es: ein altes Pult an der Wand, halb verborgen von den aufgestapelten Fässern. Auf der abgeschrägten Platte lag ein einzelnes Blatt Papier.
Die Geschwister eilten hin, um es zu untersuchen. Es war pergamentartiger als die Art von Papier, die man heute benutzte - vergilbt und spröde. Der Text war auf Deutsch, die Schrift schnörkelig und altertümlich. Es schien sich um eine Art Liste zu handeln, die lediglich aus Wörtern und Zahlen bestand.
»Eine Anleitung!«, murmelte Amy.
Dan runzelte die Stirn. »Wofür?«
»Die ersten Hinweise haben uns zu einer Zutat geführt
- Eisenlösung«, erinnerte Amy ihn. »Vielleicht ist das hier das ganze Rezept.«
Sie schwiegen, während ihnen die Bedeutung dieser Bemerkung langsam bewusst wurde. Die Suche sollte ein Marathon sein, kein Sprint. Und die Hinweise sollten in allen Ecken der Welt versteckt sein. War es denkbar, dass sie hier irgendein altes »Lösungsblatt« gefunden hatten, wonach sie die 39 Zeichen gar nicht mehr zusammentragen mussten, um das Geheimnis zu lösen? Hatten sie den Wettbewerb vielleicht schon jetzt gewonnen?
Vorsichtig nahm Amy das Pergament an den Ecken hoch. »Wir müssen das hier Nellie bringen. Sie kann uns sagen, was da draufsteht.«
Dan stieß einen Freudenschrei aus. »Ich kann es gar nicht erwarten, das Gesicht der Kobras zu sehen, wenn wir hier herausschlendern, mit der Lösung in der Hand, während sie sich immer noch mit der Suche nach den 39 Zeichen abmühen! Oder Irina; dieses Mal werde ich jemanden anheuern, der einen richtigen schwarzen Gürtel hat, und der wird den Kung-Fu-Schlag an ihr ausprobieren. Und die Holts - hmm, vielleicht sollte ich gleich eine ganze Armee schwarzer Gürtel anheuern …«
»Zuerst müssen wir hier wieder rauskommen«, erinnerte Amy ihn wieder an ihre missliche Lage. Sie betrachtete die Umgebung. »Diese riesigen Fässer müssen doch irgendwie hier reingekommen sein …«
»Wir könnten den Öllampen folgen«, schlug Dan vor.
Von dem Raum zweigten mehrere Gänge ab. Nach ein
paar Biegungen und Kurven bemerkte Amy, dass sie sich verlaufen hatten. Sie blickte auf die schnörkeligen deutschen Buchstaben auf dem Pergament. Das Gefühl der Hilflosigkeit machte sie fast wahnsinnig - sie hatten ihr Ziel entgegen aller Wahrscheinlichkeit erreicht und waren jetzt nicht in der Lage, das Rätsel zu der einen Person zu bringen, die es lösen konnte.
Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Wir sind schon zu spät für unsere Verabredung mit Nellie. Vielleicht kommt sie und sucht nach uns, wenn wir nicht
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