Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
großartige Gelegenheit sein, uns unsere Verfolger vom Hals zu schaffen. Wir sollten sie nicht für einen Scherz vertun.«
Dan starrte sie böse an. »Du gönnst mir auch wirklich überhaupt keinen Spaß.«
»Oh, Spaß machen wird das schon«, beschwichtigte ihn seine Schwester. »Hört zu …«
Alistair Oh stapfte geräuschvoll durch Mozarts Geburtshaus und stützte sich stärker als sonst auf den Diamantknauf seines Gehstocks. Er kannte bereits den Ort, an dem sich der nächste wichtige Hinweis befand. Dennoch konnte es nicht schaden, das Heim von Mozarts Familie zu besichtigen, wenn er schon einmal hier in Salzburg war, und sei es nur, um sicherzugehen, dass er nichts übersehen hatte. Schließlich konnte man niemals vorsichtig genug sein.
Doch als er sich seinen Weg zwischen den Musikinstrumenten und den Möbeln aus dem 18. Jahrhundert hindurch bahnte, übermannte ihn die Müdigkeit. Er war nicht mehr der Jüngste, und es war schon lange nicht mehr so wie damals, als er sein Vermögen mit der Erfindung des Burritos für die Mikrowelle verdient hatte. Es waren aufregende Zeiten gewesen - aber, ach ja, sie gehörten wohl der Vergangenheit an.
Er ließ sich auf eine der Besucherbänke sinken, um auszuruhen. Inzwischen war sein Geld zum großen Teil aufgebraucht, genau wie seine Jugend. Eigentlich war das Letzte, was er jetzt brauchen konnte, ein Marathonlauf um die ganze Welt auf der Jagd nach Grace Cahills Geheimnis, das scheinbar alles versprach: sagenhaften Reichtum, grenzenlose Macht, die Möglichkeit zur Rückkehr zum Ruhm seiner Burritotage und mehr als das …
Er hatte letzte Nacht kaum ein Auge zugetan. Um ehrlich
zu sein, plagte ihn sein Gewissen wegen des Vorfalls in den Katakomben am gestrigen Tag. Niemand hatte ihm gesagt, dass die kleine Bombe einen Einsturz verursachen konnte. Er hatte nur vorgehabt, Amy und Dan zu vergraulen. Ja, sie waren Gegner und Gegner mussten besiegt werden. Doch er hätte es sich niemals verziehen, wenn Grace’ Enkelkindern wirklich etwas Schlimmes zugestoßen wäre.
Er war bis weit nach zwei Uhr nachts wach geblieben und hatte Nachrichten angeschaut. Wenn es einen Unfall gegeben hätte, in den zwei amerikanische Kinder verwickelt gewesen wären, hätte er das sicher mitbekommen. Grace und ihr verdammter Wettlauf seien dafür verflucht, sie alle gegeneinander aufzuhetzen …
Er beendete den Gedanken nicht. Während er noch gegen die Müdigkeit und den Schlafmangel ankämpfte, gestattete er sich kurz, die Augen zu schließen - nur für einen Augenblick -, und sackte Sekunden später auf der Bank zusammen, vom Schlaf übermannt.
»Noch ein Mozarthaus. Oh Freude.«
»Ich habe mir das nicht ausgesucht«, wies Amy ihren Bruder scharf zurecht. »Onkel Alistair hat es getan.«
Nellie hatte jedes Hotel und jede Pension in Salzburg angerufen, um herauszufinden, wo Alistair abgestiegen war. Nach zwei Stunden beißenden Gestanks, die sie hinter einem Müllcontainer in der Gasse neben dem Hotel Amadeus versteckt verbracht hatten, folgten Amy und Dan ihrem betagten Rivalen zu Mozarts Geburtshaus.
Jetzt lauerten sie im Schatten eines prächtigen Flügels und spähten durch antike Holztüren in den Nebenraum, wo sie die großgewachsene Gestalt Onkel Alistairs, der auf einer Bank Platz genommen hatte, nicht aus den Augen ließen.
»Nun, da hast du’s«, sagte Dan patzig. »Ein eine Million Jahre alter Typ, der mit Sicherheit auch in seiner Jugend nicht unbedingt ein Partyhengst gewesen ist. He, wie kommt es, dass er sich nicht mehr bewegt?«
Amy beobachtete, wie Onkel Alistairs Kopf auf seinen Schultern zurückrollte, der Kiefer erschlaffte und der Mund aufklappte. »Ich glaube, er ist tot.«
Dan starrte sie an. »Wirklich?«
»Natürlich nicht, du Blödmann! Er ist eingeschlafen. Vielleicht können wir ihm den Sender in die Tasche stecken, ohne dass er aufwacht.«
»Und wenn er doch aufwacht?«, stichelte Dan.
Amy zog den kleinen Peilsender aus ihrer Hosentasche. »Das müssen wir wohl riskieren. Warte hier.«
Vorsichtig schlüpfte sie durch die Tür. Es war noch früh und der Andrang im Museum hielt sich in Grenzen. Die einzigen weiteren Besucher in dem Raum waren ein junges Pärchen mit norwegischen Flaggen auf ihren Pullovern.
Amy wartete, bis die Norweger weitergegangen waren. Ihre Füße berührten kaum den Boden, während sie sich dem schlummernden Alistair näherte. Langsam streckte sie die Hand mit dem Sender darin aus. Alistairs Arm lag
quer über seiner
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