Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
Fan langer Autofahrten war. Zudem war es ebenso ärgerlich wie besorgniserregend, den Kater vergeblich zu beknien, endlich etwas zu sich zu nehmen. Es war ihnen kaum etwas von ihrer Großmutter geblieben, und sie schuldeten es ihr, sich anständig um ihr geliebtes Haustier zu kümmern.
Sein Unbehagen wurde noch dadurch verstärkt, dass er eine lange strenge Standpauke von seiner Schwester verabreicht
bekam, die ihn daran erinnerte, wie wichtig ihre Suche war und wie viel dabei für sie auf dem Spiel stand. »Deine Witze helfen nicht weiter, Dan! Du musst endlich erwachsen werden und das alles viel ernster nehmen!«
»Ernster?«, echote er. »Wir stecken doch schon bis über beide Ohren in ernsten Schwierigkeiten! Was wir brauchen, ist ein bisschen Leichtigkeit! Der nächste Hinweis könnte sich genau vor deiner Nase befinden, aber du würdest ihn nicht bemerken, weil du zu sehr damit beschäftigt bist, ernst zu sein!«
»Hört jetzt endlich auf!«, brüllte Nellie. »Euretwegen landen wir noch im Straßengraben! Die fahren auf diesen Autostradas mit Lichtgeschwindigkeit!«
» Du fährst sogar noch mit Lichtgeschwindigkeit, wenn du in eine Ausfahrt fährst«, schoss Dan zurück.
»Ich mache keine Witze! Solange ich euch babysitte« - sie warf Dan einen bösen Blick zu - »euer Au-pair bin -, müsst ihr beide miteinander auskommen. Ich kann mit der verrückten Situation umgehen; ich kann mit euren durchgedrehten Verwandten umgehen; ich kann sogar damit umgehen, dass ihr manchmal stundenlang verschwindet. Aber nicht mit eurem Gezeter. Verstanden? Ihr seid ein Team. Benehmt euch endlich auch so!«
Alle verstummten, und der Streit war so schnell vorüber, wie er begonnen hatte. Mit der Ruhe löste sich auch die Anspannung ihres Salzburger Abenteuers. Nellie konnte spüren, wie sich die Geschwister wieder zusammenrauften und entspannten, um sich für die Gefahren
zu wappnen, die vielleicht noch vor ihnen lagen. Immerhin waren sie Cahills. Wahrscheinlich sogar die einzigen netten Menschen dieser ganzen Familie.
Endlich näherten sie sich Venedig und der Küste. Doch bevor sie auch nur die Stadtgrenze erreicht hatten, geriet der Verkehr auf der Autobahn ins Stocken.
»Oh!« Dan starrte den Hinterkopf seiner Schwester an, die auf dem Beifahrersitz saß. Amy war es vollkommen entgangen, dass sie immer langsamer wurden. Sie studierte Mozarts Konzertankündigung und hatte, seit sie in Österreich losgefahren waren, nichts anderes getan. »Was machst du da? Italienisch lernen durch Osmose?«
Sie ignorierte den Witz. »Hier steht ein Name, mit dem ich nichts anfangen kann. Wer ist Fidelio Racco?«
»Noch ein Musiker?«, schlug Nellie vor.
Amy schüttelte den Kopf. »Mozart und seine Schwester traten nur zu zweit auf. Ich habe noch niemals etwas über einen dritten Interpreten auf ihren Reisen gelesen.«
»Nun, wenn es wirklich ein Konzertplakat ist«, überlegte Dan, »dann ist dieser Racco vielleicht so etwas wie ihr Manager.«
Seine Schwester dachte kurz darüber nach. »Das könnte sein. Natürlich kein Manager, wie man ihn heute kennt. Doch damals gaben Gastmusiker Privatvorstellungen in den Häusern reicher Leute. Vielleicht war Fidelio Racco einer der Gastgeber von Mozart und Nannerl. Ich frage mich, ob wir herausfinden können, wo er gewohnt hat.«
»Kein Problem«, sagte Dan sarkastisch. »Schau doch
einfach im Telefonbuch von 1770 nach. Das ist bestimmt ein Zuckerschlecken.«
»Wir sind in Italien«, erinnerte Nellie ihn. »Hier wäre es also ein Eisschlecken. Mmm, das muss ich mir gleich besorgen. Unsere Ausfahrt«, fügte sie hinzu, raste von der Autobahn, an einem Schild mit der Aufschrift VENEZIA vorbei und auf eine breite Straße. Sie fädelten sich hinter einem Aufnahmewagen vom Fernsehen ein, der ihnen irgendwie bekannt vorkam.
Dan zeigte darauf. »Seht mal - Eurotainment TV. Das sind doch die Typen, die die Party für Jonah Wizard in Wien geschmissen haben.«
Plötzlich zog der Eurotainment-Bus mit quietschenden Reifen nach links über zwei befahrene Spuren hinweg, bog scharf ab und hängte sich an eine silberne Stretchlimo.
Nellie drückte auf die Hupe und schrie: »Irrer!«
»Fahr ihm nach!«, rief Amy aufgeregt.
»Warum?«
»Tu es einfach!«, beharrte sie.
Das Lenkrad wirbelte in Nellies Händen herum, und es gelang ihr tatsächlich, sich aus dem fließenden Verkehr hinaus- und in einen anderen fließenden Verkehr wieder hineinzumanövrieren, sodass sie direkt hinter dem Aufnahmewagen in
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