Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
dankbar dafür, dass sie diese Kanäle gebaut haben!«
»Ich glaube nicht, dass irgendwer die Kanäle gebaut hat«, keuchte Amy. »Venedig besteht eigentlich aus winzigen
Inseln, die so nah beieinanderliegen, dass der Abstand zwischen ihnen Wasserstraßen entstehen ließ.«
»Ja, wie auch immer, sie sind die Besten. Ich wünschte nur, dass dieses blöde Boot schneller fahren könnte.«
Amy warf einen nervösen Blick über die Schulter. »Vielleicht haben wir sie schon abgehängt.«
Ihr Bruder glaubte nicht daran. »Sicher nicht sehr lange. Hör zu, wenn Jonah uns schnappt, sollten die Tagebuchseiten besser nicht hier sein. Wir müssen sie loswerden.«
»Sie loswerden?«, wiederholte Amy fassungslos. »Wir wurden deswegen beinahe umgebracht!«
»Darum müssen wir sie an einem besonders sicheren Ort aufbewahren. Dann können wir abwarten, bis der ganze Spaß hier vorbei ist, und zurückkommen, um sie zu holen.«
Amy gefiel die Idee nicht. »Wir kennen Venedig viel zu wenig! Wenn wir die Seiten verstecken, finden wir sie vielleicht niemals wieder!«
»Ein Grund mehr, einen Ort zu finden, den man unmöglich vergessen kann.«
»Zum Beispiel?«
»Wie zum Beispiel das da.«
Sie fuhren unter einer niedrigen Brücke neben einer schlichten Kirche vorbei - Santa Luca. Ein kleines Vergnügungsschiff war dort vertäut und teilweise unter der Brücke verborgen. Der Name des Schiffes war auf das Heck gepinselt: Royal Saladin .
Dan drehte den Motor ab und ließ ihr Motorboot hinübergleiten.
»Zu schnell …«, schrie Amy.
Der Zusammenstoß brachte beide Schiffe ins Schaukeln und Amy wäre beinahe über Bord geschleudert worden. Sie funkelte ihren Bruder böse an. »Musst du unbedingt wie ein wild gewordener Affe fahren?«
Dan wirkte ernsthaft verletzt. »Ich dachte, dass ich das ziemlich gut mache. Also, pass bitte auf, dass wir nicht abtreiben, ja?«
Amy griff nach der Reling der Royal Saladin und war überrascht, wie wenig Kraft es sie kostete, sie in Position zu halten. Dan sprang an Bord und begann, nach einem Versteck zu suchen.
»Such bitte einen trockenen Platz aus«, wies Amy ihn an. »Wenn Papier nass wird, geht es kaputt.«
»Verstanden.« Im Heck des kleinen Schiffes waren ringsum Bänke installiert. Dan öffnete eines der wasserfesten Sitzpolster, nahm die Seiten von Nannerls Tagebuch aus seiner Jacke und steckte sie ins Innere des Plastikkissens.
Kaum war er wieder bei Amy, rasten hinter ihnen drei Boote um die Biegung im Kanal. Im ersten stand Jonah Wizard am Bug und wirkte - rufend und gestikulierend - wie das Label auf einer Hip-Hop-Mütze.
»Lass uns weiterfahren!«, drängte Amy.
Dan riss den Gashebel nach unten und das Motorboot raste in einer Wolke aus verbranntem Öl los.
Obwohl es ein guter Start war, gab es für sie kaum eine Möglichkeit, ihren schnelleren Verfolgern zu entkommen. Ihre einzige Chance bestand darin, sie in dem Gewirr aus Kanälen abzuhängen. Doch der enge Kanal mündete ausgerechnet in eine ausgedehnte Wasserstraße mit einer Menge Bootsverkehr.
»Der Canale Grande«, bemerkte Amy ehrfürchtig. »Und da ist die Rialtobrücke, eine der berühmtesten Brücken der Welt.«
»Du, Amy, einen Fremdenführer brauchen wir im Augenblick wirklich am wenigsten! Vielmehr brauchen wir einen Ort, an den wir verschwinden können!«
Das Motorboot sauste hinaus aufs offene Wasser. Dan sah nach hinten. Jonah und die anderen Boote lagen sicher noch eine Viertelmeile zurück, holten aber auf.
Dann entdeckte er sie. Zwischen Dutzenden von Booten, die sich auf der gut gefüllten Wasserstraße bewegten, hatte eine glänzende High-Tech-Jacht direkt an der Rialtobrücke haltgemacht. Seine erste Vermutung war, dass sie dort vertäut wäre, doch bei näherer Betrachtung fiel ihm auf, dass sie nicht ganz zehn Meter vom Ufer entfernt im Wasser kaum wahrnehmbar vor sich hinschaukelte.
Wenn wir hinter dieses Ding gelangen könnten …
Er steuerte das Boot auf den freien Raum zwischen der Jacht und der Kaimauer zu.
Amy mischte sich ein. »Glaubst du etwa, dass wir uns dahinter verstecken können? Da kommen wir niemals rechtzeitig hin!«
Dan lehnte sich mit aller Kraft auf den Gashebel. »Das werden wir ja sehen.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
Dan war sich bei überhaupt nichts sicher - aber einen anderen Plan hatte er nun mal nicht. Darum mussten sie es einfach versuchen.
Vielleicht half ihnen ja beten.
Sechzehntes Kapitel
Amys Augen waren starr nach hinten gerichtet, wo nun
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