Die 39 Zeichen 07 - Die Spur des Zulu-Kriegers
gesehen«, erklärte Mr. Malusi. »Jede Kabine ist einem dem 21. Jahrhundert angepasstem Aspekt des Zulu-Kampfes gewidmet: Beweglichkeit, Taktik, Kraft und Ausdauer. Die Zulus waren die größten Krieger aller Zeiten. Unter dem größten Anführer der Geschichte. Wir sind eine Führungsschmiede.« Er stand abrupt auf. »Wir haben genau zwei Stunden für einen Rundgang und die Zuteilung in einen Schlafsaal. Dann müsst ihr eure Kampfart wählen.«
»I-I-Ich weiß gar nicht, ob …«, stammelte Amy.
Aber Mr Malusi war schon durch die Tür geeilt.
Sie folgten ihm, vorbei an einem von drei Wänden umgebenen Boxring, in dem zwei Männer mit nur leicht gepolsterten Handschuhen und ohne Kopfschutz aufeinander losgingen. Beide wirbelten blitzschnell umher, sprangen meterhoch und hieben mit Armen und Beinen aufeinander ein. Die Schwerkraft schien aufgehoben, wenn sie die Wände hinaufrannten, um Saltos und Frontalangriffe zu vollführen.
»Wenn das mal nicht supercool ist«, meinte Dan.
»Das ist samhetsin , eine von den Tomas erfundene Kampfkunst«, erklärte Mr Malusi.
Gleich hinter dem Ring befand sich ein verdreckter Käfig, der beinahe die Hälfte des Raums einnahm. Darin standen sich ein Mann mit nacktem Oberkörper und ein geiferndes Tier gegenüber.
»Ist das eine Hyäne?«, staunte Dan.
Der Tomas-Anhänger nickte. »Ausgewählt wegen der Kraft ihres Kiefers. Damit können sie Knochen brechen und zermalmen. «
Die Hyäne sprang den Mann an. Der trat mit einem Grunzen zur Seite und brachte es fertig, dem Tier auszuweichen und gleichzeitig mit einer Hand nach seiner Kehle zu greifen.
Die Hyäne brach lautlos zusammen.
»Ausgezeichnet, Mr Yaman!«, lobte Mr Malusi. Als er Amys erschrockenen Blick bemerkte, erklärte er: »Mach dir keine Sorgen. Mr Yaman beherrscht die Kunst der Nervisolation, wodurch das Tier nur kurz demobilisiert wird. Wir lassen es später wieder frei.«
»Und wenn er danebengreift?«, fragte Amy.
Mr Malusi zuckte die Achseln. »Das tut er nicht.«
Schon lief er wieder weiter, und Dan spürte, wie Amy ihn am T-Shirt zog. »D-D-Dan, das können wir nicht machen«, zischte sie.
»Ich weiß«, flüsterte er. »Ich denk ja schon nach.«
»Im Gegensatz zu den anderen Familienzweigen«, erzählte Mr Malusi über die Schulter hinweg, »sind wir uns bewusst, dass wir uns im Krieg befinden. Wer die Schlüssel besitzt, muss sie schützen, mit besonders entschlossenen und fähigen Kämpfern. Andere Zweige haben vielleicht das technische Know-how oder sind gute Ingenieure und so weiter. Aber nur die Tomas werden fähig sein, das Geheimnis der 39 Zeichen zu bewahren und zu schützen.«
Und was machen sie dann? , dachte Dan. Was macht man, wenn man die größte Macht der Welt erlangt hat?
Dan sah nervös zu Amy hinüber. Er wusste, dass sie genau dasselbe dachte.
»Und inwiefern werden die anderen daran teilhaben?«, fragte Dan.
Mr Malusi wandte sich um und schüttelte verwundert den Kopf. »Teilhaben? Welch seltsamer Gedanke. Teilt ein Land etwa sein Nuklearpotential? Teilt ein erfolgreicher Händler seine Waren? Wir betreiben hier kein Chaosunternehmen, Junge. Wir betreiben das Ziel, zu erobern und zu schützen. Zum Wohle unserer glorreichen Familie.«
Er führte sie zu einem Teil des Gebäudes, der von den anderen Räumen abgetrennt und etwa so groß wie mehrere der Kabinen zusammen war. »Unser Theater«, verkündete er stolz. »Ihr seid genau zur rechten Zeit gekommen. Das Stück über Shaka Zulu beginnt in fünf Minuten.«
»Kann ich vorher noch mal zur Toilette?«, bat Dan.
Der Mann sah auf die Uhr. »Drei Minuten. Vierte Kabine links.«
Amy beschlich bereits ein ungutes Gefühl, bevor das Stück überhaupt begann.
Das Ausbildungszentrum der Tomas fühlte sich an wie eine Endzeit-Fantasie. Und das war also die Philosophie dieses Familienzweigs? Menschen in Kampfmaschinen zu verwandeln? Wenn Macht so etwas bewirkte, warum sollten sie dann überhaupt weiter nach den Zeichen suchen?
Weil Grace es so gewollt hat , dachte sie. Weil sie einen Plan hatte. Und sie war keine Tomas.
Oder war sie es doch? Amy wurde bewusst, dass ihre Großmutter Grace neben ihr selbst und Dan die einzige Cahill war, deren Familienzweig sie nicht kannte.
Als das Licht verlosch, huschte Dan auf den Sitz neben ihr
und das Theaterstück begann. Mr Malusi, der eine Reihe vor ihnen Platz genommen hatte, sah auf die Uhr und warf Dan einen missbilligenden Blick zu.
Zu den Rhythmen einer traditionell gekleideten
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