Die 4 Frau
sicher, dass keiner der Anwesenden zu atmen wagte, als Mickey zum Zeugenstand schritt.
Er begrüßte Ms. D'Angelo, die erleichtert schien, die hochnotpeinliche Befragung durch Mason Broyles hinter sich zu haben.
»Ich habe nur einige wenige Fragen«, sagte er. »Es ist doch üblich, Wattebäusche mit Ethylalkohol zum Desinfizieren von Wunden zu benutzen, nicht wahr? Könnte es sein, dass dieser Alkohol mit dem Blutalkohol verwechselt wurde?«
Betty D'Angelo schien den Tränen nahe. »Aber wir nehmen Betadine zum Abtupfen der Wunden. Wir benutzen keinen Alkohol.«
Mickey ignorierte die Antwort und wandte sich an die Richterin. Er bat um eine Unterbrechung, und sie wurde ihm gewährt. Die Reporter stürmten sofort zum Ausgang, und sobald wir einigermaßen ungestört waren, bat ich Mickey aufrichtig um Entschuldigung.
»Ich komme mir vor wie der letzte Trottel«, sagte er nicht unfreundlich. »Ich habe diese Krankenakte gelesen und dabei den Blutalkohol glatt übersehen.«
»Und ich hatte es bis vorhin vollkommen vergessen«, sagte ich. »Das muss ich irgendwie verdrängt haben.«
Ich erklärte Mickey, dass ich nicht im Dienst gewesen war, als Jacobi mich im Susie's angerufen hatte. Ich sagte ihm, was ich getrunken hatte und dass ich zwar nicht hundertprozentig nüchtern gewesen war, als ich ins Auto gestiegen war, aber durch den Adrenalinschub bei der Verfolgungsjagd gleich wieder einen klaren Kopf bekommen hatte.
»Sie nehmen öfter mal ein paar Drinks zum Abendessen?«, fragte Mickey.
»Ja. Ein- oder zweimal pro Woche.«
»Na also, da haben wir's doch. Ein alkoholisches Getränk zum Abendessen war für Sie nichts Außergewöhnliches, und 0,67 Promille sind sowieso noch im Grenzbereich. Und dann kommt ein schweres Trauma dazu. Es wird auf Sie geschossen. Sie haben Schmerzen. Sie hätten sterben können. Sie haben einen Menschen getötet – und das hat Ihnen keine Ruhe mehr gelassen. Die Hälfte der überlebenden Opfer von Schießereien verdrängen den ganzen Vorfall komplett. Man kann Ihnen wirklich keinen Vorwurf machen.«
Ich stieß einen Seufzer aus. »Und wie geht's jetzt weiter?«
»Nun, zumindest wissen wir nun, was die Gegenseite in der Hand hat. Vielleicht werden sie Sam Cabot in den Zeugenstand rufen, und wenn sie mich nur an dieses kleine Arschloch ranlassen, werden wir als Sieger vom Platz gehen.«
Der Saal füllte sich wieder, und Mickey machte sich an die Arbeit. Ein Ballistikexperte sagte aus, dass die aus meinem Körper entfernten Geschosse mit denen identisch seien, die aus Sara Cabots Waffe abgefeuert worden waren, und wir bekamen eine Videoaufzeichnung von Jacobis Zeugenaussage zu sehen, die er vom Krankenhausbett aus gemacht hatte. Er war mein einziger Entlastungszeuge.
Trotz der offensichtlichen Schmerzen, die ihm seine Bauchwunde bereitete, sagte Jacobi über die Nacht des zehnten Mai aus. Zunächst schilderte er den Autounfall.
»Ich rief gerade einen Krankenwagen, als ich die Schüsse hörte«, sagte er. »Ich drehte mich um und sah Lieutenant Boxer zu Boden stürzen. Sara Cabot feuerte zwei Schüsse auf sie ab, und Boxer hatte keine Waffe in der Hand. Dann schoss der Junge mit dem Revolver auf mich.« Vorsichtig legte Jacobi die flache Hand auf seinen bandagierten Rumpf.
»Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere, bevor mir schwarz vor Augen wurde.«
Jacobis Aussage war hilfreich, aber gegen die Margaritas würde sie nichts ausrichten können.
Nur eine Person konnte mir jetzt noch helfen – und ich steckte in ihren Kleidern, saß auf ihrem Stuhl. Mir war flau im Magen, und meine Wunden pochten. Ich wusste wirklich nicht, ob ich mir selbst helfen könnte oder ob ich nicht vielleicht alles noch schlimmer machen würde.
Mein Anwalt richtete seine warmen braunen Augen auf mich.
Ganz ruhig, Lindsay
.
Als ich hörte, wie mein Name durch den Gerichtssaal hallte, stand ich mit wackligen Knien auf.
Mickey Sherman hatte mich in den Zeugenstand gerufen.
19
Ich hatte in meiner Polizistenlaufbahn schon Dutzende Male als Zeugin ausgesagt, aber dies war das erste Mal, dass ich mich selbst verteidigen musste. All die Jahre, in denen ich mich dem Schutz der Bevölkerung gewidmet hatte, und jetzt stand ich da mit einer Zielscheibe auf dem Rücken. Innerlich kochte ich vor Wut, doch ich durfte mir nichts anmerken lassen.
Ich erhob mich, schwor den Eid auf eine alte, abgewetzte Bibel und legte mein Schicksal in die Hand meines Anwalts.
Mickey kam ohne Umschweife zur Sache: »Lindsay,
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