Die 5 Plage
auch die sämtlicher Mitarbeiter in meiner Abteilung.
Es gibt Scherzbolde, die sagen, dass ich selbst schon ein halber Computer bin.«
»Aber um das ganz klarzustellen«, sagte ich, »es steht und fällt alles mit der Diagnose?«
»Das ist richtig.«
»Das heißt, Sie persönlich könnten jede beliebige Diagnose eines Arztes verändern - habe ich Sie da richtig verstanden?«
Engstrom starrte mich ungläubig an. Dann fuhr sie mich in scharfem Ton an: »Das ist ungeheuerlich! Nein, mehr als ungeheuerlich - das ist vollkommen verrückt. Ich stelle mich jederzeit für einen Lügendetektortest zur Verfügung. Sie müssen mir nur Bescheid sagen.«
»Darauf kommen wir vielleicht noch zurück«, sagte ich. »Aber im Moment unterhalten wir uns einfach nur. Kennen Sie Marie St. Germaine?«
»Nein. Wer ist das?«
»Wie gut kennen Sie Dr. Garza?«, fragte Jacobi.
»Er ist der Chefarzt der Notaufnahme«, antwortete Engstrom. »Wir sind beide leitende Mitarbeiter...«
Jacobi stand auf und schlug mit der flachen Hand auf ihren Schreibtisch. Stifte und Büroklammern flogen durch die Luft.
»Schluss mit dem Unsinn, Dr. Engstrom!«, schrie er. »Sie und Garza stehen sich nahe, wie man so schön sagt, nicht wahr? Sehr nahe sogar.«
Engstrom wurde kreidebleich.
Ich war so baff, dass ich fast meine Zunge verschluckt hätte. Wovon redete er da?
Dann erinnerte ich mich an Jacobis Anruf an jenem verregneten Abend, als er Garza zum Venticelli Ristorante und von dort zu seinem Haus gefolgt war. Er hatte eine gertenschlanke Blondine beschrieben, eine Frau um die vierzig. Soweit ich das beurteilen kann, ist das einzige Verbrechen des Doktors, dass er eine Freundin hat.
Engstroms Augen füllten sich plötzlich mit Tränen.
»O Gott«, sagte sie nur. »O Gott.«
122
Während Engstrom vor unseren Augen zusammenbrach, ging in meinem Kopf ein ganzes Glockengeläut los. Garza und Engstrom. Ein perfektes Gespann, das seine Morde wahrscheinlich ebenso sauber und effizient organisiert hatte wie sie ihr Büro.
Ich musste dafür sorgen, dass sie weiterredete - musste verhindern, dass sie jetzt plötzlich dichtmachte.
»Dr. Engstrom, beruhigen Sie sich. Sie haben jetzt die Chance, aus dieser entsetzlichen Geschichte auszusteigen. Wir arbeiten mit Ihnen zusammen, wenn Sie uns hier und jetzt die ganze Wahrheit sagen. Vielleicht hat Garza Sie ja benutzt. Hat er Zugang zu der Computer-Software?«
Ich sah die Angst in ihren Augen. Langsam, zögernd und widerstrebend nickte Engstrom.
Ein Kribbeln überlief mich, sämtliche Härchen auf meinen Armen und in meinem Nacken richteten sich auf, als sie sagte: »Ich habe ihn ein paarmal an den Computer gelassen.«
»Ein paarmal?«
»Ab und zu, ja. Aber es ist nicht so, wie Sie denken! Dennis Garza ist ein hervorragender Arzt. Er ist sehr gewissenhaft, genau wie ich.
Diese unerwarteten Todesfälle unter den Patienten haben uns fast zum Wahnsinn getrieben. Dennis hat nach Diskrepanzen zwischen den Diagnosen und den Verschreibungen gesucht. Genau wie ich auch.«
»Haben Sie dabei irgendwelche Zusammenhänge entdeckt?«, fragte ich.
»Nein. Nie. Wir nahmen an, dass die Fehler auf Verwechslungen zurückgingen, die auf den Stationen passierten. Dass die Schwestern die Medikamente auf ihren Tabletts durcheinandergebracht oder sie den falschen Patienten verabreicht hatten, nachdem sie von der Apotheke ausgegeben worden waren. Das ist die Wahrheit.«
»Waren Sie jedes Mal dabei, wenn Dr. Garza - wie sagt man noch? -, wenn er auf den Computer zugriff?«, fragte Jacobi.
»Natürlich. Er brauchte ja meinen Fingerabdruck - aber ich habe ihm dabei nicht über die Schulter geschaut, wenn Sie das meinen.«
Ich sah die Panik in Engstroms Miene, als ihr klar wurde, worauf Jacobis Frage abzielte. Die Sehnen an ihrem Hals traten hervor, und sie packte die Schreibtischkante, als müsse sie sich daran festhalten.
»Dennis würde nie im Leben einem Patienten etwas antun. Er ist ein großartiger Arzt.«
»Tja, für mich hört sich das so an, als wären Sie in ihn verliebt«, knurrte Jacobi. »Sind Sie in Dr. Garza verliebt?«
»Ich war in ihn verliebt«, antwortete sie mit einem weinerlichen Unterton in der Stimme. »Aber das ist vorbei, glauben Sie mir. Ich bin dahintergekommen, dass er mit einer anderen schläft. Dennis ist mit Maureen O’Mara ins Bett gegangen. Sie wissen, wer das ist?«
Ich nickte, doch ich war auch schockiert. Maureen O’Mara hatte das Municipal Hospital gerade um viele Millionen
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