Die 5 Plage
einfach nicht. Das wirft meine ganze schöne Theorie über den Haufen.«
»Und die Ergebnisse der DNA-Analyse hatte Claire noch nicht?«
»Nein. Ich meine, wenn Caddy-Girl die Frau des Bürgermeisters wäre, dann wüssten wir jetzt schon irgendwas. Aber da niemand sie als vermisst gemeldet hat...«
»So ein gut aussehendes Mädel«, meinte Jacobi. Ich nahm einen Anflug von Traurigkeit in seiner Stimme wahr. Eine leise Andeutung von Einsamkeit. »Irgendjemand muss sie doch vermissen.«
26
Ich schloss meine Wohnungstür auf und wurde von Martha feuchtstürmisch begrüßt.
»Hey, Boo. Wie geht’s?«
Ich drückte ihren zappelnden Leib an mich, während sie mit wildem Gekläffe ihrer Begeisterung über meine Rückkehr von der Front Ausdruck gab.
So erschöpft ich auch war, das abendliche Joggen mit meiner vierbeinigen Freundin war für mich die beste Motivation, etwas für meine Fitness zu tun.
Ich nahm Martha an die Leine, und kurz darauf liefen wir schon im Dunkeln über die Missouri Street, um das Freizeitcenter herum, den Berg runter und wieder rauf, bis die Endorphine meine Laune anhoben und mich die Ermittlungen im Mordfall Caddy-Girl in einem etwas rosigeren Licht sehen ließen.
Die DNA des Täters köchelte in diesem Moment im Labor vor sich hin.
Unsere Beamten gingen mit dem Foto des Mädchens von Tür zu Tür.
Es gab noch Hoffnung.
Inzwischen musste doch irgendjemand sie vermissen, und früher oder später würde diese Person anrufen. Oder es würde sich ein Zeuge melden, der ihr Bild in der Chronicle oder auf unserer Website gesehen hatte.
Wenn wir erst einmal einen Namen hätten, könnten wir auch hoffen, den Mord aufzuklären. Und dann könnten wir auch endlich aufhören, sie »Caddy-Girl« zu nennen.
Eine halbe Stunde später war ich wieder zu Hause. Ich flößte mir ein kaltes Bier ein und aß dazu ein Sandwich mit Emmentaler und Mayo, während ich mich auf CNN, CNBC und FOX über das Weltgeschehen informierte. Anschließend zog ich mich aus, drehte die Dusche auf und testete mit der Hand vorsichtig die Temperatur.
In diesem Moment klingelte das Telefon.
Typisch. Was gibt’s denn nun schon wieder - etwa einen neuen Mord? Oder besser noch - eine neue Spur in unserem Fall?
Auf dem Display blinkte sein Name auf.
»Hey«, sagte ich mit gespielter Lässigkeit, während mein Herz ein Schlagzeugsolo hinlegte.
»Wow, du siehst umwerfend aus.«
»Ich hab kein Bildtelefon, Joe.«
»Ich weiß, wie du aussiehst, Lindsay.«
Ich lachte.
»Das ist ein sehr nacktes Lachen«, sagte mein Typ. Er war kein Hellseher - er hatte das Rauschen der Dusche gehört. Ich stellte sie ab und schlüpfte in meinen Bademantel.
»Du bist verblüffend scharfsinnig«, sagte ich. Inzwischen stellte ich mir ihn auch nackt vor.
»Hör mal, meine nackte Lady, es gibt Gerüchte, dass ich dieses Wochenende in deiner Gegend sein werde. Das ganze Wochenende.«
»Gut - du fehlst mir nämlich«, sagte ich, wobei meine Stimme plötzlich viel tiefer und merkwürdig kehlig klang. »Wir haben eine Menge nachzuholen.«
Wir flirteten, bis meine Haut feucht war und mein Atem stoßweise ging. Als wir ein paar Minuten später auflegten, hatten wir einen Plan für ein rundum gelungenes Wochenende.
Ich ließ meinen Bademantel zu Boden gleiten und stieg in die Dusche. Und als der heiße Strahl auf meine Haut niederprasselte, begann ich aus voller Kehle - und gar nicht mal so schlecht - »My Guy« zu schmettern. Ich genoss es, wie die gekachelten Wände meines Mini-Tonstudios mein Vibrato zurückwarfen.
Yeah! Applaus für Lindsay Boxer, den neuen Popstar.
Zum ersten Mal seit vielen, vielen Tagen musste ich nicht ununterbrochen an den Job denken.
Ich fühlte mich großartig - für den Moment jedenfalls.
Ich fühlte mich prächtig.
Und bald, sehr bald, würde ich meinen Schatz wiedersehen.
27
Chief Tracchio war offensichtlich überrascht, mich zu sehen, als ich an die halb offene Tür seines Büros klopfte. Die Einrichtung bestand aus jeder Menge dunkler Holztäfelung sowie einer Fototapete der Golden Gate Bridge, die die ganze Wand gegenüber von seinem Schreibtisch einnahm.
»Boxer«, sagte der Chief schließlich. Und dann lächelte er sogar. »Kommen Sie rein.«
Die ganze Nacht hatte ich an meiner Rede gefeilt, den ganzen Morgen war ich sie immer wieder im Kopf durchgegangen, und der erste Satz lag fix und fertig auf meiner Zunge.
»Chief, ich habe ein Problem.«
»Schnappen Sie sich einen Stuhl, Boxer. Nur raus
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