Die 5 Plage
auch noch geküsst.
Ich öffnete die Tür des Vernehmungsraums und rief Conklin zu mir.
»Louies Fingerabdruck passt zu dem auf Laurens Leiche. Sie haben ihn geschnappt, Richie, also lasse ich Ihnen den Vortritt.«
Ich stand neben Inspector Conklin, während er sagte: »Louis Bergin, wir lassen den Vorwurf des Widerstands bei der Festnahme fallen. Ich verhafte Sie wegen des Mordes an Lauren McKenna.«
89
Ich berührte den Griff meiner Dienstwaffe - ein kleines abergläubisches Ritual -, bevor ich mit Conklin und Jacobi die Keystone Apartments von der Hyde Street her betrat. Der siebenstöckige Backsteinbau lag in der Nähe der Cable-Car-Linie, nur eine kurze Fahrt vom Kaufhaus Nordstrom entfernt.
Der greise Afroamerikaner, der uns die Haustür öffnete, verriet uns, dass Louies Mitbewohnerin zu Hause sei.
»Sie is’ Künstlerin. Is’ tagsüber immer da.«
Wir fuhren mit dem engen, quietschenden Aufzug hinauf und fanden das Apartment 7F im vorderen Teil des Gebäudes.
Ich drückte auf den Klingelknopf und klopfte an die Tür.
»Aufmachen! San Francisco Police Department.«
Drinnen hörte ich trippelnde Schritte, doch niemand kam an die Tür. Ich klopfte erneut, diesmal mit dem Griff meiner Waffe. Das Geräusch hallte in dem langen, gekachelten Korridor wider, aber noch immer machte niemand auf.
Ich rüttelte am Knauf, doch die Tür war fest verschlossen.
»Brechen Sie sie auf«, sagte ich und trat zur Seite.
Conklin warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Holzpaneeltür, bis die Schlösser aus dem splitternden Rahmen gerissen wurden.
Jacobi ging zuerst rein, ich folgte dicht hinter ihm. Mit einem Blick erfasste ich das kleine Wohnzimmer mit dem braunen Ledersofa und der Reihe von Bleistiftzeichnungen an der Wand darüber - Pin-up-Girls in Oldtimern.
An das Zeichenbrett vor dem Fenster war ein Briefumschlag geheftet, adressiert an Louie.
»Polizei!«, rief ich. »Kommen Sie mit erhobenen Händen raus!«
Ich steckte unseren Durchsuchungsbefehl ein und durchquerte das kleine, düstere Wohnzimmer mit vorgehaltener Waffe. »Sumpfmagnolie«, murmelte Jacobi eine Sekunde, nachdem ich es selbst gerochen hatte.
Hinter uns knipste Conklin das Licht an.
Das Schlafzimmer befand sich am Ende eines kurzen Flurs. Ich packte den altmodischen Türknauf aus Pressglas - er drehte sich klappernd in meiner Hand.
Ich öffnete die Tür, versetzte ihr einen leichten Stoß, ließ sie langsam aufschwingen.
Mein Blick glitt über das zerwühlte, mit Kleidern übersäte Bett zum Fenster.
Und dann musste ich noch einmal hinsehen - so schwer fiel es mir, zu begreifen, was ich da sah.
Eine schöne Asiatin von unbestimmbarem Alter kauerte im Fensterrahmen.
Ihr dünnes Negligé schimmerte im trüben Gegenlicht; die Ärmel und die kurzen Fransen ihres schwarzen Haars flatterten im Wind, der durch das offene Fenster hereinwehte.
Ihr offener, kindlicher Gesichtsausdruck nahm mich gefangen, zumal in dieser düsteren, schäbigen Umgebung.
»Ich bin Lieutenant Boxer«, sagte ich leise und ließ die Waffe sinken. Ich registrierte, dass Jacobi und Conklin hinter mir standen, und hoffte inständig, dass sie meinem Beispiel folgen würden.
»Wie heißen Sie?«, fragte ich. »Kommen Sie doch da runter, dann können wir uns in Ruhe unterhalten.«
Die Augen der Frau glänzten, und sie lächelte, als hätte sie sich plötzlich an etwas erinnert. Ich starrte sie fasziniert an, als sie ihre grell geschminkten Lippen spitzte, fast so, als wollte sie mir eine Kusshand zuwerfen.
»Brumm, brumm«, sagte sie.
Es ging alles so schnell.
Ich machte einen Satz auf sie zu - doch ich kam zu spät. Im nächsten Moment war sie vom Fenster verschwunden.
Eine endlose Sekunde lang sah ich ihre schimmernde Gestalt noch auf dem Fensterbrett hocken. Dann schien sie in der Luft zu schweben. Ihr Bild hatte sich tief in mein Gehirn eingebrannt.
Jacobi und Conklin standen neben mir am Fenster, als sie unten auf dem Asphalt aufschlug.
90
Louie Bergin waren die vierundzwanzig Stunden in der Zelle nicht gut bekommen. Seine Kleider waren zerknittert, und mit seinem schorfigen, unrasierten Gesicht sah er aus, als hätte er auf der Straße übernachtet.
Aber seine Augen blitzten zornig.
Und jetzt hatte er einen Anwalt.
Oscar Montana war ein junger Überflieger vom öffentlichen Verteidigerbüro. Ich kannte den ehrgeizigen Anwalt mit dem markanten Profil, ich mochte ihn, und ich fand, dass Bergin es durchaus schlechter hätte treffen können.
»Was
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