Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte
historischen Gedächtnis der Amerikaner. Dieses fehlerhafte Geschichtsverständnis ist aber ebenso im Wandel begriffen wie die Einschätzungen der Historiker, die seit einigen Jahrzehnten die Gründungsmythen der USA recht unverdrossen auf ihr historisches Maß zurechtstutzen.
Galileo Galilei: Ein Märtyrer für die Wissenschaft?
GALILEO GALILEI
EIN MÄRTYRER FÜR DIE WISSENSCHAFT?
Ein ebenso beliebtes wie dankbares Thema für Kritiker der katholischen Kirche ist ihr Verhältnis zur Wissenschaft. Auch wenn die Kirche Darwins Lehre von der Evolution längst anerkennt, geht ein Aufschrei durch die aufgeklärte Welt, sobald irgendwo ein unbedeutender Kleriker publicityträchtig den Standpunkt der fundamentalistischen Kreationisten verteidigt, die vom Schöpfungsverlauf der Bibel nicht abrücken wollen. Noch immer gilt die katholische Kirche als wissenschaftsfeindlich eingestellt, weil sie die freie Forschung als Bedrohung ihrer Lehre verstehe. Hat nicht die römische Inquisition Galileo Galilei (1564−1642) zum Schweigen gebracht, weil er auf seiner Erkenntnis bestand, die Erde drehe sich um die Sonne und nicht umgekehrt? Und hat es nicht mehr als 350 Jahre gedauert, bis ein Papst den Irrtum der Kirche zugab und Galileo rehabilitierte?
Der Inquisitionsprozess gegen den florentinischen Hofmathematiker und berühmten Wissenschaftler Galileo Galilei 1633 gilt bis heute als herausragendes Beispiel für den Konflikt zwischen Glauben und Wahrheit, zwischen Kirche und Wissenschaft. Galileo erscheint als aufrechter, unbeugsamer Held der Wahrheit; die Kirche dagegen als despotische Macht, die unerbittlich unterdrückt, was ihre Lehre und damit ihren Machtanspruch untergräbt. Somit gilt Galileo vielen als Mensch ganz nach dem modernen Geschmack, im Unterschied zur hoffnungslos rückwärtsgewandten Kirche. Das populäre Bild derAffäre stellt die grausame Inquisition in den Mittelpunkt, weil sie Galileo nach Rom zitierte, in Kerkerhaft nahm und folterte. Bilder zeigen einen geschundenen Galileo in Ketten vor hochmütigen Inquisitoren. Seit dem 17. Jahrhundert wurde der Stoff immer wieder literarisch verarbeitet, und unsere heutige Sicht auf Galileo und den Prozess ist nicht zuletzt von Bertolt Brechts Stück Leben des Galilei (1938) beeinflusst. Was aber ist dran am Bild des Vaters der modernen Wissenschaft, den die Kirche unbarmherzig unterdrückt?
Galileo gehört völlig zu Recht und unbestritten zu den Begründern der modernen Wissenschaft. Allerdings liegen seine Verdienste eher in den Disziplinen Physik und Mathematik als auf dem Gebiet der Astronomie, auch wenn diese der Gegenstand des Prozesses und seines dort verhandelten Buches Dialog über die beiden maßgeblichen Weltsysteme war. Das Schwergewicht unter den Astronomen dieser Zeit war aber Johannes Kepler. Die Theorie, dass nicht die Erde, sondern die Sonne das Zentrum des Universums sei und sich bewege, anstatt statisch zu sein, war seit der Antike immer wieder einmal aufgebracht und verworfen worden, bis Nikolaus Kopernikus sie 1543 mit neuen Argumenten wieder ins Spiel brachte. Bedenken, die These könne die Kirche in Aufruhr bringen, hatte Kopernikus die Veröffentlichung seiner Theorie bis ins hohe Alter immer wieder verschieben lassen, und Galileo verhielt sich zunächst ähnlich vorsichtig. Nicht zu unterschätzen im Streit um die Planetenordnung ist aber ebenso das Argument des gesunden Menschenverstands. Heute können wir uns beispielsweise erklären, wieso keine Zentrifugalkraft die Objekte von einer rotierenden Erde schleudert, aber das war noch während der Renaissance eine offene Frage. Und überdies bestätigte der Augenschein, dass die Sonne sich bewegte, denn sie ging morgens auf und abends unter. Außerdem besaß die Bibel als göttliche Offenbarung unumschränkte Autorität, unddarin war von der Bewegung der Sonne ebenso die Rede, wie die Einzigartigkeit der Schöpfung dafür sprach, dass die Erde das Zentrum der Welt war. Hier hatte Gott Pflanzen, Tiere und Menschen erschaffen, was sonst sollte also der Mittelpunkt der Welt sein? Das war schwer vorstellbar – und ohne stichhaltigen Beweis allemal.
Bis 1609 ging Galileo bei seiner Lehrtätigkeit in Pisa, wo er den Schiefen Turm für seine physikalischen Experimente nutzte, und Padua nicht auf die Thesen des Kopernikus ein. Aber dann führten ihn Entdeckungen der Jupitermonde, der Beschaffenheit der Mondoberfläche und der Sonnenflecken mit Hilfe der neuen Erfindung Teleskop zu der Überzeugung,
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