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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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vergewisserte mich, dass keine Polizei in der Nähe war. Dann ging ich zur Hintertür, die mit einem schlagfesten Yale-Vorhängeschloss gesichert war.
    Ich kannte das Schloss gut, benötigte aber trotzdem zwei Minuten, bis ich es geknackt hatte.
    Drinnen erwartete mich ein Paradies für Diebe. An den Wänden hingen sauber aufgereiht so ziemlich alle Einbruchswerkzeuge, die man sich vorstellen kann – Zylinder-Knackrohre, Picksets, sogar hydraulische Bolzenschneider und gasbetriebene Handkreissägen, mit denen man in weniger als einer Minute ein Loch in eine Betonwand bohren konnte. In einem Schrank fand ich ein halbes Dutzend Kartenhandys, von denen ich zwei einsteckte.
    Das Öffnen des Waffensafes, der so groß wie ein Wandschrank war, kostete mich mehr Zeit, als mir lieb war. Aber angesichts der Qual der Wahl in diesem Warenlager kam es auf ein paar Minuten auch nicht an. Im Safe befanden sich ein Dutzend Langwaffen, sogar zwei AR-15-Sturmgewehre, bei denen die Hahnrast ausgetauscht worden war, um voll automatischen Betrieb zu ermöglichen: für meinen Geschmack ein bisschen zu viel Charles Bronson. Ich nahm mir zwei Beretta Neun-Millimeter, an der ich bei der Navy ausgebildet worden war.
    »Warum nimmst du dir nicht auch eine von den 45er H K s«, sagte eine Stimme hinter mir. »Die Neun-Millimeter ist ein bisschen lahm.«
    Ich umfasste die eine Beretta, die ich auf Oberschenkelhöhe hielt, fester und drehte mich um. Vor mir stand der lächelnde Cartwright. Er zeigte in die hinterste Ecke der Garage, auf einen Bewegungsmelder und eine Kamera, die so gut versteckt waren, dass ich sie nicht bemerkt hatte.
    »Stiller Alarm«, sagte er. »Bei deinem letzten Besuch hatte ich die noch nicht.«
    »Tut mir leid. Ich hatte Angst, dass sie dich und meinen Vater beschatten.«
    »Ihn beschatten sie, mich nicht. Ist das dein Wagen da draußen?«, fragte er.
    »Ja. Nein, also nicht direkt.«
    »Ich kann dir einen zehn Jahre alten Honda Civic mit sauberen Nummernschildern dafür geben.«
    »Danke«, sagte ich. Unter normalen Umständen kein guter Tausch, aber ich hatte keine Wahl. Cartwright war immer zur Stelle, wenn man ihn brauchte, und das nutzte er dann bis zum Anschlag aus.
    Die Szene ähnelte auf unheimliche Weise meiner ersten Begegnung mit Cartwright. Das war jetzt das zweite Mal, dass er mich dabei erwischte, wie ich in seine Garage einbrach. Beim ersten Mal war ich sechzehn. Für meinen Bruder und seine kriminellen Freunde war Cartwrights Garage ein ebenso mythischer Ort wie Aladins Höhle. Eines Tages fragte mich mein Bruder nach dem Yale-Vorhängeschloss, das die Gar agentür sicherte. Ich sagte, dass ich es wahrscheinlich knacken könnte, wenn ich genug Zeit hätte. Mein Bruder stachelte mich an. Natürlich sagte ich Ja. Er und seine Freunde, Cartwrights Sohn Charlie eingeschlossen, fuhren mich hin. Es dauerte nur eine Minute.
    Als Cartwright auftauchte, verpissten sich alle und ließen mich allein in der Garage zurück. Als Erstes verpasste mir Cartwright eine harte Ohrfeige. Niemand wusste, womit er sein Geld verdiente, aber jeder wusste, dass man ihm besser aus dem Weg ging. Ich saß in der Falle. Ich stand in seinem Lager voller scharfer Werkzeuge und Gewehre, und er war stinksauer.
    »Weißt du überhaupt, wie enttäuscht dein Vater wäre, wenn er wüsste, dass du derart dumme Risiken eingehst und mit dieser Bande von Schwachköpfen durch die Gegend ziehst?«, fragte er mich damals.
    Ich schaute nur auf den Boden und schüttelte beschämt den Kopf.
    »Wie bist du hier reingekommen?«, fragte er.
    Ich hielt ihm das Schloss hin, das offen und unbeschädigt war. »Ich hab’s nicht aufgebrochen, ich hab auch nichts gestohlen. Ich wollte nur ausprobieren, ob ich es schaffe.«
    »Du hast das Schloss geknackt?«, fragte er und schien nun nicht mehr ganz so sauer zu sein, sondern sogar ein bisschen beeindruckt. »Wer hat dir gezeigt, wie so was geht?«
    »Niemand. Ich baue sie einfach so auseinander. Nur aus Spaß«, sagte ich.
    Mein Vater saß im Knast, meine kranke Mutter schuftete in zwei Jobs, und mein Bruder und seine Freunde, die nur Scheiße im Sinn hatten, waren meine wichtigsten Vorbilder. Cartwright konnte sich ausrechnen, dass ich wahrscheinlich bald tot sein oder auch im Knast landen würde. Trotzdem hatte er keine Chance, mich aufzuhalten: Ich brauchte das Geld, damit meine Mutter ihre Arztrechnungen bezahlen konnte. Er machte damals einen Deal mit mir: Er versprach, mich in die Feinheiten des Gewerbes

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