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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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erkannte, dass er mir die Schlüssel nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit überlassen hatte, sondern weil er auf jeden Fall da ankommen wollte, wo er hinwollte.
    Normalerweise hätte ich – weil mir Marcus und die Serben eine Scheißangst einjagten und weil ich der nette kleine Stiefellecker meines Arbeitgebers war – einfach Marcus’ Anweisungen befolgt und mich mit Walker auf den Weg gemacht.
    Aber ich hatte das entschiedene Gefühl, dass die Walker-Episode kein gutes Ende nehmen würde. Obendrein hatte ich heute Abend noch ein spezielles Problem. Und das war der riesenhafte Bursche im Flur, der Walker und mich in diesem Augenblick anschaute, der schon den ganzen Abend ein Auge auf mich gehabt hatte und der nicht sonderlich erfreut darüber zu sein schien, dass ich mich gerade mit einem ausgewiesenen Weiberhelden vom Acker machte, um ordentlich die Puppen tanzen zu lassen.
    Und warum sollte mich das kümmern? Weil dieser spezielle Bursche Lawrence Clark war – Verzeihung – Sir Lawrence Clark, den Sie vielleicht kennen als den Vorsitzenden von PMG, einem circa dreißig Milliarden Dollar schweren Hedgefonds. Noch wichtiger war, dass er Annie Clarks Vater war und früher für Englands Rugby-Nationalmannschaft gespielt hatte. Annie war in diesem Augenblick in meiner Wohnung, weil das für sie einfacher war, als den weiten Weg bis zu ihrer Wohnung in Glover Park zu fahren. Erinnern Sie sich? Die ganze Geschichte mit Annie ließ sich zu einfach an, da musste irgendwo ein Haken sein. Lawrence Clark war der erste Haken, den ich entdeckte. Wenn ich eins ums Verrecken nicht wollte, dann dass ihr Vater mitbekam, wie ich mich mit Walker auf den Weg in den nächsten Puff machte.
    Clark durchbohrte mich mit wütenden Blicken, Walker nervte mich, endlich abzuhauen, und Marcus stand einfach da und schaute mir dabei zu, wie ich verzweifelt versuchte, mich für eine von mehreren Optionen zu entscheiden, von denen keine besonders gut war.

5
    B evor ich Sir Larry kennenlernte, hatte ich die Klassenvorbehalte, die mich belasteten, schon weitgehend abgelegt. Egal, wie übel einem das Leben mitspielt, ab einem bestimmten Punkt kommt einem das alles ein bisschen lächerlich vor – der Punkt war bei mir wohl erreicht, als ich das Haus gekauft und die Vorteile meiner steuerbegünstigten Rentenversicherung ausgeschöpft hatte. Ich beschloss, ein paar Eigenheiten aus meiner wechselvollen Vergangenheit beizubehalten, aber bloß, um meine Persönlichkeit zu unterstreichen, ansonsten ließ ich alle Bitterkeit fahren.
    Sir Larry lebte im Norden Virginias in »Hunt Country«, nur dreißig oder vierzig Minuten von dem Ort entfernt, an dem ich aufgewachsen war, wo ich in den Wäldern hinter dem Einkaufszentrum so viele idyllische Sommer verlebt hatte, wo ich nach Juicy Fruit schmeckende Küsse getauscht, mit allen möglichen Sachen gezündelt und mit dem Revolver von Rich Ianuccis Vater gespielt hatte. Und trotzdem hatte ich keine Ahnung, dass sich nur eine kurze Fahrt von der Spielwiese meiner Jugend entfernt ein Paradies für Washingtons Geldelite befand.
    Zwischen Middleburg und den Ausläufern der Blue Ridge Mountains erstreckt sich grüne Hügellandschaft. Das in riesige Anwesen parzellierte Land ist gesprenkelt von idyllischen, hyperreichen Städtchen, deren Wirtschaftskraft auf lunchenden Damen und possierlichem Schnickschnack ruht. Die gesamte Gegend ist in höchstem Maße anglophil. Das gesellschaftliche Leben spielt sich bei den samstäglichen Fuchsjagden und in Tavernen mit Namen wie Old Bull & Bush ab, in denen unweigerlich George Washington aus diesem oder jenem Grund eingekehrt war. Dort war Annie aufgewachsen. Und nachdem wir ein paar Monate zusammen waren, nahm sie mich mit zum Landsitz ihres Vaters.
    Wenn Sie mir eine kleine Abschweifung in Liegenschaftspornografie gestatten: Wir sprechen hier von tausend Hektar mit Blick auf den James River, einer Kolonialvilla aus den 1790ern mit acht Schlafzimmern, einem Sechstausend-Fla schen-Weinkeller, Zwanzig-Boxen-Stallungen, Swimmingpool drinnen und draußen, Tennisplätzen, Rugbyfeld, Pistolen- und Tontaubenschießstand, Golfübungsplatz, Softballfeld mit Spielerbänken, Anzeigetafel und Freilufttribüne (weil: was hat ein Spielchen im Garten für einen Sinn, wenn man keine Sitzplätze für sechzig Zuschauer anzubieten hat?). Ich könnte die Liste fortsetzen.
    Jen, Annies Freundin aus dem Büro, war einmal übers Wochenende dort gewesen und hatte derart geschwärmt, dass

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