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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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einem Revolver .«
    »Eine voll besetzte Fähre, überall Menschen. Da musste er ja mit jedem Schuss irgendwen treffen«, bemerkte Dr. Germaniuk nüchtern.
    Wir blickten beide auf, als die Edelstahltüren in der rückwärtigen Wand des Sektionssaals aufgestoßen wurden und ein Assistent eine Bahre hereinrollte. »Doktor, wo soll das hier hin?«, rief er.
    Der Körper auf der Bahre war mit einem Laken verhüllt und etwa einen Meter fünfundzwanzig groß. » Das hier « war ein Kind.
    »Lassen Sie ihn einfach da stehen«, wies Germaniuk den Assistenten an. »Wir machen gleich mit ihm weiter.«

    Zusammen mit Germaniuk ging ich zu der Bahre hinüber. Er schlug das Laken zurück.
    Der bloße Anblick des toten Kindes war genug, um mir das Herz zu zerreißen. Tonys Haut war bläulich gefleckt, und ein frisch vernähter, dreißig Zentimeter langer Einschnitt zog sich quer über seine schmächtige Brust. Ich kämpfte gegen den Impuls an, meine Hand auf seine Wange zu legen, ihm übers Haar zu streichen, irgendetwas zu tun, um dieses Kind zu trösten, das einfach nur das Pech gehabt hatte, in der Schusslinie eines Irren zu stehen.
    »Es tut mir so leid, Tony.«
    »Hier ist meine Karte«, sagte Germaniuk. Er fischte sie aus der Brusttasche seines Laborkittels und drückte sie mir in die Hand. »Rufen Sie mich auf dem Handy an, wenn Sie mich brauchen. Und wenn Sie Claire sehen… sagen Sie, ich komme sie im Krankenhaus besuchen, sobald ich kann. Sagen Sie ihr, dass wir alle uns für sie ins Zeug legen - und wir werden ihr keine Schande machen.«

13
    Meine Leute hatten ihre Stühle zusammengerückt und sich im Kreis um mich geschart. Sie warfen Fragen in die Runde und testeten Theorien über den Amoklauf auf der Del Norte , als mein Handy klingelte. Ich erkannte Edmunds Nummer und nahm den Anruf an.
    Edmunds Stimme war heiser und drohte zu versagen, als er sagte: »Claire ist gerade vom Röntgen gekommen. Sie hat innere Blutungen.«
    »Eddie, ich verstehe nicht ganz. Was ist passiert?«
    »Die Kugel hat ihre Leber verletzt… Sie müssen sie operieren - noch einmal.«
    Ich hatte mich von Dr. Sassoons Lächeln einlullen lassen, als er gesagt hatte, Claire sei so gut wie aus dem Schneider. Jetzt war mir ganz schlecht vor Angst.
    Als ich im Wartezimmer der Intensivstation ankam, fand ich es halb voll mit Claires Familie und Freunden. Außer Edmund und Willie erkannte ich auch Reggie Washburn, Claires und Edmunds 21-jährigen Sohn, der gerade von der University of Miami hergeflogen war.
    Ich umarmte sie alle und setzte mich zu Cindy Thomas und Yuki Castellano, Claires und meinen besten Freundinnen. Wir vier bildeten zusammen den »Club der Ermittlerinnen«, wie wir ihn halb im Scherz nannten. Wir kuschelten uns aneinander und warteten in diesem tristen Krankenhauszimmer auf Neuigkeiten.
    Während der langen Stunden angespannten Wartens überspielten wir unsere Angst, indem wir uns gegenseitig mit coolen Geschichten von Claire überboten. Wir schütteten labbrigen Kaffee in uns hinein und aßen Schokoriegel aus dem Automaten, und in den frühen Morgenstunden bat Edmund uns, für Claire zu beten.

    Wir fassten uns alle an den Händen, während Edmund Gott bat, Claire doch bitte zu verschonen. Ich weiß, dass wir alle hofften, wenn wir nur in ihrer Nähe blieben und wirklich daran glaubten, würde sie nicht sterben.
    In diesen zermürbenden Stunden musste ich immer wieder daran denken, wie ich selbst angeschossen worden war - und wie Claire und Cindy damals für mich da gewesen waren.
    Und ich dachte daran, wie oft ich schon in Zimmern wie diesem gesessen und gewartet hatte. Als meine Mutter an Krebs erkrankt war. Als ein Mann, den ich geliebt hatte, im Dienst angeschossen worden war. Als Yukis Mom einen Schlaganfall erlitten hatte.
    Sie waren alle gestorben.
    »Wo ist dieser schießwütige Dreckskerl jetzt?«, fragte Cindy. »Raucht er vielleicht gemütlich seine Verdauungszigarette? Schläft er in einem schönen weichen Bett, oder plant er schon den nächsten Amoklauf?«
    »Der schläft nicht in einem Bett«, meinte Yuki. »Ich wette zehn zu eins, dass der Typ in einem Pappkarton pennt.«
    Gegen fünf Uhr morgens kam ein müder Dr. Sassoon ins Zimmer, um uns die Neuigkeit mitzuteilen.
    »Claire geht es gut«, sagte er. »Wir haben den Schaden an ihrer Leber behoben, und ihr Blutdruck normalisiert sich allmählich wieder. Ihre Vitalfunktionen sind gut.«
    Jubel brach aus, und wir fingen alle spontan an zu klatschen. Edmund umarmte

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