Die Abaddon-Mission (German Edition)
dann reglos wie eine Statue, den Kopf la u schend zur Seite geneigt.
Worauf wartete er? Was konnte er da draußen schon hören außer dem Rauschen des Windes?
Der alte Mann wußte es nicht. Er erinnerte sich a l lerdings noch recht gut an das, was Tom über die Pa s sage gesagt hatte, und war beunruhigt.
Würden die Männer tatsächlich die Weiterfahrt ve r weigern, wenn sie zu der Auffassung kamen, mit der Bruchstelle stimme etwas nicht?
Er konnte es nicht ausschließen ...
Tom schien mittlerweile zu einem Ergebnis g e kommen zu sein, denn er hatte seine starre Haltung aufgegeben und kehrte sichtlich entspannt zum Fah r zeug zurück.
»Alles okay?« erkundigte sich der alte Mann wie beiläufig, als der Fahrer wieder seinen Platz hinter dem Lenkrad eingenommen hatte.
»Sieht so aus«, war die unbefriedigende Antwort, und auf eine Erklärung des seltsamen Zwische n spiels wartete Lewis Hopkin vergeblich.
Ein paar Sekunden später erfüllte jedoch das b e ruhigende Summen der Turbinen wieder das Fahre r haus, und der Transporter setzte sich sanft scha u kelnd in Bewegung.
Wer oder was auch immer da draußen mit Tom Benett gesprochen hatte, der Weg zum Krater war frei.
Die Fahrt zur Bruchstelle verlief problemlos. A l lerdings wurde die Geduld der Männer, die darauf brannten, einen Blick in das Kraterinnere werfen zu können, auf eine harte Probe gestellt. Während im Osten die Sonne träge über dem Gipfel aufstieg, lag die Kluft in der Kraterwand nach wie vor in tiefem Schatten. Das Gegenlicht verstärkte die Kontraste so stark, daß sich die Bruchstelle kaum vom Dunkel der Felswände abhob.
Als das Führungsfahrzeug in den Schatten der Schlucht eintauchte, verlor der alte Mann für Seku n den die Orientierung. Erst als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, vermochte er den schwachen Lichtschein wahrzunehmen, der von der anderen Seite in die Schlucht fiel.
Noch einmal heulten die Turbinen auf, das Licht wurde heller, und bald konnten die Männer Einze l heiten erkennen. Doch erst als sie Schlucht und Schattengrenze hinter sich gelassen hatten, offenba r te sich ihnen das grandiose Panorama des Ravius-Kraters – einer kreisförmigen Ebene von mehr als drei Meilen Durchmesser, die von einem gewaltigen Ringwall gesäumt wurde. Die Wände des Walles liefen am Fuß in einer sanften Krümmung aus, so daß der Eindruck einer riesigen Arena entstand, e i ner Arena allerdings, die mehr als hundert Fußbal l felder gewöhnlicher Größe aufnehmen konnte und Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Z u schauern.
Lewis Hopkin hatte sich eingehend mit der Mar s geographie beschäftigt, bevor seine Wahl auf Ravius Tholus gefallen war. Er hatte Hunderte von Luftau f nahmen aus verschiedenen Höhen und Winkeln an a lysiert und zuletzt ein maßstabsgetreues Modell a n fertigen lassen. Die Planung war überaus akribisch gewesen, und mehr als einmal hatte der alte Mann die am Projekt beteiligten Techniker durch seine D e tailkenntnisse verblüfft.
Aber nichts, absolut nichts von alldem hatte ihn auf diesen atemberaubenden Anblick vorbereiten kö n nen.
Der alte Mann spürte einen dumpfen Druck in den Schläfen und den schnellen, schmerzhaften Schlag seines Herzens, das wie ein gefangenes Tier gegen die Gitterstäbe seiner Rippen anrannte. Einen A u genblick lang fürchtete er, ohnmächtig zu werden, bis es ihm gelang, langsamer und tiefer zu atmen und der Beklemmung Herr zu werden.
Mittlerweile hatten auch die letzten Fahrzeuge des Konvois die Bruchstelle passiert und in Zweierre i hen Aufstellung genommen. Die Transporter waren fast 15 Fuß hoch und etwa fünfmal so lang, doch in der gewaltigen Felsenschüssel des Kraters wirkten sie winzig und verloren wie Spielzeugautos in einer Baugrube.
Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft auf dem Mars beschlichen den alten Mann Zweifel am Sinn des Unternehmens. Zweifel, die – das wußte niemand besser als er selbst – jeder objektiven Grundlage en t behrten. Bis jetzt war alles nach Plan abgelaufen. Wenn die Männer sich beim Abladen beeilten, kon n ten sie noch vor Einbruch der Dunkelheit mit der Montage beginnen. Es gab zudem keinerlei Anlaß, an der Leistungsfähigkeit der mitgebrachten Ausr ü stung zu zweifeln: Die Technik war im Vorfeld e x akt auf die Größe des zur Verfügung stehenden Ar e als abg e stimmt worden ...
Dennoch fühlte sich Lewis B. Hopkin unbeha g lich. Sein Vorhaben erschien ihm plötzlich anm a ßend und lächerlich, und das hatte nicht
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