Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
haben Sie mit Frau Kakonyi geschlafen?«
Oberst Schröder war heute sehr guter Laune.
»Sagen Sie nicht, Herr Oberleutnant, daß Sie erst zu korrespondieren angefangen haben. Wie ich in Ihrem Alter war, bin ich drei Wochen in Erlau auf Geometerkursen gewesen, und Sie hätten sehn sollen, wie ich die ganzen drei Wochen nichts anderes gemacht habe, als mit Magyarinnen geschlafen. Jeden Tag mit einer andern. Junge, ledige, ältere, verheiratete, wies grad gekommen ist, ich hab sie so gründlich gebügelt, daß ich bei meiner Rückkehr zum Regiment kaum die Beine rühren konnte. Am meisten hat mich eine Advokatenfrau hergenommen. |402| Die hat mir gezeigt, was die Magyarinnen zuweg bringen. Sie hat mich dabei in die Nase gebissen, die ganze Nacht hat sie mich kein Auge schließen lassen.
Zu korrespondieren begonnen …«, der Oberst schlug dem Oberleutnant vertraulich auf die Schulter, »wir kennen das. Sagen Sie nichts, ich habe mein Urteil über die ganze Sache. Sie haben sich mit ihr eingelassen, ihr Mann ist draufgekommen, und dieser idiotische Schwejk …
Aber wissen Sie, Herr Oberleutnant, dieser Schwejk ist doch nur ein Charakter, sonst hätt er das mit Ihrem Brief nicht angestellt. Um so einen Menschen ists wirklich schade. Ich sage, daß das Erziehungssache ist. Mir gefällt das von dem Kerl sehr gut. Auf jeden Fall muß die Untersuchung in dieser Hinsicht eingestellt werden. Sie, Herr Oberleutnant, hat man in den Zeitungen kompromittiert. Ihre Anwesenheit hier ist vollkommen überflüssig. Im Laufe einer Woche wird eine Marschkompanie an die russische Front abgehn. Sie sind der älteste Offizier bei der 11. Kompanie, Sie werden als Kompaniekommandant mit ihr abgehen. Bei der Brigade ist schon alles vorbereitet. Sagen Sie dem Rechnungsfeldwebel, er soll Ihnen statt des Schwejk einen Burschen suchen.«
Oberleutnant Lukasch blickte den Oberst dankbar an, während dieser fortfuhr: »Den Schwejk teile ich Ihnen als Kompanieordonnanz zu.«
Der Oberst stand auf, reichte dem erbleichenden Oberleutnant die Hand und sagte: »Damit ist also alles geregelt. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Zeichnen Sie sich auf dem östlichen Kriegsschauplatz aus. Und wenn wir uns vielleicht noch einmal sehen sollten, dann kommen Sie in unsere Gesellschaft. Nicht daß Sie uns wieder meiden wie in Budweis …«
Oberleutnant Lukasch wiederholte sich während des ganzen Heimwegs: »Kompaniekommandant, Kompanieordonnanz.«
Und Schwejks Gestalt tauchte deutlich vor ihm auf.
Als Rechnungsfeldwebel Wanĕk von Oberleutnant Lukasch den Befehl erhielt, ihm statt des Schwejk einen neuen Putzer auszusuchen, sagte er: »Ich hab gedacht, Herr Oberleutnant, daß Sie mitm Schwejk zufrieden sind.«
|403| Und als er hörte, daß der Oberst Schwejk zur Ordonnanz der 11. Kompanie ernannt hatte, rief er aus: »Gott steh uns bei!«
Im Divisionsgericht, in einem mit Gittern versehenen Gebäude, stand man vorschriftsgemäß um sieben Uhr früh auf und brachte die Kavalletts in Ordnung, die sich auf der Erde im Staub wälzten. Pritschen gab es keine. Hinter einer Verschalung in einem langen Raum legte man vorschriftsgemäß die Decken auf die Strohsäcke, und wer mit der Arbeit fertig war, saß auf den Bänken längs der Wand; die, welche von der Front gekommen waren, suchten sich entweder Läuse oder unterhielten sich mit der Wiedergabe verschiedener Erlebnisse.
Schwejk und der alte Sappeur Woditschka saßen mit einigen Soldaten von verschiedenen Regimentern und Formationen auf einer Bank bei der Tür.
»Schaut euch diesen magyarischen Lackl dort beim Fenster an, Jungens«, ließ sich Woditschka vernehmen, »wie der Kerl betet, daß es gut mit ihm ausfallen soll. Möchtet ihr ihm nicht das Maul von einem Ohr zum andern zerreißen?«
»Aber das is ja ein braver Mensch«, sagte Schwejk, »der is hier, weil er nicht einrücken wollt. Er is gegen den Krieg, gehört irgendeiner Sekte an und is deshalb eingesperrt, weil er niemanden erschlagen will, er hält sich an das Gebot Gottes, aber sie wern ihm dieses Gebot Gottes schon eintränken. Vorm Krieg hat in Mähren ein gewisser Herr Nemrava gelebt, und der hat nicht mal eine Flinte auf die Schulter nehmen wolln, wie er assentiert worn is, daß es herich gegen seine Grundsätze is, eine Flinte zu tragen. Er war dafür eingesperrt, bis er schwarz war, und man hat ihn wieder vom frischen zum Schwören geführt. Und er, daß er nicht schwören wird, daß das gegen seinen Grundsatz is, und is auch dabei
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