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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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einer von unsern is, und er is auch von unserer Artillerie überschossen worn. So sind wir wieder aufgestanden und kein Befehl ›Ruht!‹ Von der einen Seite is ein Kavallerist auf uns zugaloppiert. Schon von weitem hat er geschrien: ›Wo is das Bataillonskommando?‹ Der Bataillonskommandant is ihm entgegengeritten, der hat ihm irgendein Schriftstück gereicht und is nach rechts weitergeritten. Der Bataillonskommandant hats am Weg gelesen, und dann wars auf einmal, wie wenn er verrückt geworn wär. Er hat den Säbel gezückt und is zu uns zurückgeflogen. ›Alles zurück, alles zurück!‹ hat er die Offiziere angebrüllt, ›Direktion Mulde, einzeln abfallen!‹ Und da hats angefangen. Von allen Seiten, wie wenn sie drauf gewartet hättn, ham sie auf uns zu feuern angefangen. Auf der linken Seite war ein Kukuruzfeld, und das war wie ein Teufel. Wir sind auf allen vieren ins Tal gekrochen, die Rucksäcke hamr auf den verfluchten Bahnschwellen gelassen. Den Oberlajtnant Macek hats von der Seite in den Kopf erwischt, er hat nicht mal mau gesagt. Bevor wir ins Tal gelaufen sind, hats Tote und Verwundete die Menge gegeben. Die hamr dort gelassen und sind bis abend gelaufen, und die Gegend vor uns war schon von den Unsrigen wie ausgekehrt. Wir ham nur den ausgeraubten Train zu Gesicht bekommen. Bis |478| wir schließlich auf die Station gekommen sind, wo man schon neue Befehle bekommen hat: ›In den Zug setzen und zurück zum Stab fahren‹, was wir nicht ham ausführen können, weil der ganze Stab am Tag vorher in Gefangenschaft geraten war, was wir erst früh erfahren ham. Dann waren wir wie die Waisen, niemand hat was von uns wissen wolln, und man hat uns dem 73. Regiment zugeteilt, damit wir mit ihm zurückgehn, was wir mit der größten Freude gemacht ham, aber zuerst hamr ungefähr einen Tag nach vorn marschieren müssen, bevor wir zum 73. Regiment gekommen sind. Dann hamr …« Niemand hörte mehr zu, denn Schwejk und Wanĕk spielten Mariage zu zweit; der okkultistische Koch aus der Offiziersmenage fuhr fort, einen ausführlichen Brief an seine Frau zu schreiben, die während seiner Abwesenheit begonnen hatte, eine neue theosophische Zeitschrift herauszugeben; Baloun schlummerte auf der Bank, und so blieb dem Telefonisten Chodounsky nichts übrig als zu wiederholen: »Ja, dran wer ich nie vergessen …«
    Er stand auf und fing an, beim Mariagen zu kiebitzen. »Wenn du mir wenigstens die Pfeife anzünden möchtest«, sagte Schwejk freundschaftlich zu Chodounsky, »wenn du schon kiebitzen kommst. Mariage zu zweit is eine ernstere Sache wie der ganze Krieg und wie euer verfluchtes Abenteuer an der serbischen Grenze. – So eine Blödheit zu machen, ich sollt mich ohrfeigen! Daß ich nicht noch eine Weile gewartet hab mitn König, jetzt grad is mir der Ober gekommen. Ich Rindvieh.«
    Der okkultistische Koch beendete inzwischen seinen Brief und überflog ihn noch einmal, sichtlich zufrieden, daß er ihn der Militärzensur zulieb so gut verfaßt hatte:

    Teures Weib!
    Bis Du diese Zeilen erhalten wirst, werde ich mich bereits einige Tage im Zug befinden, denn wir fahren an die Front. Das freut mich nicht allzusehr, weil ich im Zug müßiggehen muß und nicht nützlich sein kann, denn in unserer Offiziersküche wird nicht gekocht, und Essen bekommt man auf den Stationsetappen. |479| Ich hätte unseren Herrn Offizieren gern während der Fahrt durch Ungarn Szegedingulasch gekocht, aber es ist nichts draus geworden. Vielleicht werde ich, bis wir nach Galizien kommen, Gelegenheit haben, ein echt galizisches Scholet, gedünstete Gans in Graupen oder Reis zu kochen. Glaub mir, teures Helenchen, daß ich mich wirklich bestrebe, unseren Herren Offizieren ihre Sorgen und Bemühungen so sehr wie möglich zu erleichtern. Ich wurde vom Regiment zum Marschbataillon versetzt, was mein heißester Wunsch war, um, wenn auch mit den bescheidensten Mitteln, die Offiziersfeldküche an der Front aufs beste bedienen zu können. Du wirst Dich erinnern, teures Helenchen, daß Du mir beim Einrücken zum Regiment gewünscht hast, ich möge brave Vorgesetzte bekommen. Dein Wunsch hat sich erfüllt, und nicht nur, daß ich mich nicht im mindesten beklagen kann, im Gegenteil, alle Herren Offiziere sind unsere wahren Freunde, und insbesondere mir gegenüber benehmen sie sich wie ein Vater. Sobald als möglich werde ich Dir die Nummer unserer Feldpost bekanntgeben …

    Dieser Brief war ein Ergebnis der Umstände; der okkultistische Koch hatte

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