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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Hauptmann Sagner, aus dem Kommandogebäude tretend, warum, zum Teufel, hab ich dem Lukasch gesagt, er soll alle Kommandanten zusammennehmen und mit ihnen und der Mannschaft in die Verpflegungsabteilung fünfzehn Deka Emmentaler Käse pro Kopf fassen gehn.
    |535| Bevor der Kommandant der 11. Kompanie, Oberleutnant Lukasch, dem Befehl des Hauptmanns Sagner gemäß die Befehle für den Marsch der Mannschaft zum Magazin erteilte, wo man fünfzehn Deka Emmentaler Käse pro Mann fassen sollte, tauchte Schwejk mit dem unglücklichen Baloun vor ihm auf.
    Baloun zitterte am ganzen Körper.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant«, sagte mit seiner gewohnten Gewandtheit Schwejk, »die Sache, um die sichs handelt, is unendlich wichtig. Ich möcht bitten, Herr Oberlajtnant, daß wir die ganze Angelegenheit
irgendwo nebenan erledigen
möchten, wie mein Kamerad Schpatina aus Zhoř gesagt hat, wie er einmal Heiratszeuge war und in der Kirche auf einmal hat müssen …«
    »Also was gibts, Schwejk?« unterbrach ihn Oberleutnant Lukasch, dem bereits ebenso bange nach Schwejk gewesen war wie Schwejk nach ihm, »gehn wir also ein Stückchen weiter.«
    Baloun ging hinter ihnen her, ohne daß er zu zittern aufhörte. Dieser Riese hatte das seelische Gleichgewicht vollständig verloren und schleuderte in entsetzlicher hoffnungsloser Verzweiflung die Arme hin und her.
    »Also, was gibts, Schwejk?« fragte Oberleutnant Lukasch, als sie ein Stückchen weitergegangen waren.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant«, sagte Schwejk, »es is immer besser, sich früher zu was zu bekennen, bevor alles explodiert. Sie ham einen bestimmten Befehl gegeben, Herr Oberlajtnant, daß Ihnen Baloun, bis wir nach Budapest kommen, Ihre Leberpastete und eine Semmel bringen soll.«
    »Hast du den Befehl bekommen oder nicht?« wandte sich Schwejk an Baloun.
    Baloun begann noch mehr mit den Armen zu schlenkern, als wehre er sich gegen einen vordringenden Feind.
    »Dieser Befehl«, sagte Schwejk, »hat leider Gottes nicht ausgeführt wern können, Herr Oberlajtnant. Ich hab Ihre Leberpastete aufgefressen … Ich hab sie aufgefressen«, sagte Schwejk, den entsetzten Baloun puffend, »weil ich mir gedacht hab, daß Leberpastete verderben kann. Ich hab ein paarmal in |536| der Zeitung gelesen, daß sich eine ganze Familie mit Leberpastete vergiftet hat. Einmal is so was in Pisek geschehn, einmal in Beraun, einmal in Tabor, einmal in Jungbunzlau, einmal in Přibram. Alle sind dieser Vergiftung erlegen. Leberpastete is der ärgste Mist …«
    Baloun, der am ganzen Leibe zitterte, trat beiseite, steckte sich den Finger in den Mund und erbrach in kurzen Intervallen.
    »Was ist Ihnen, Baloun?«
    »I-ch k-k-kotz, ee-ee Herr Obr-ee-ee Obr-lajtnant ee-ee«, rief der unglückliche Baloun, die Pausen benützend, »i-i-ch hab sie-ie-ie auf-ge-ge-fr-essn, ee-ee, ich – ee, a-llein ee-ee, iiee …«
    Aus dem Mund des unglücklichen Baloun kamen sogar Stückchen von der Stanniolhülle der Pastete hervor.
    »Wie Sie sehn, Herr Oberlajtnant«, sagte Schwejk, nichts von seinem seelischen Gleichgewicht einbüßend, »geht jede solche aufgefressene Pastete heraus wie Öl ausn Wasser. Ich habs selbst auf mich nehm wolln, und der Dummkopf verrät sich so. Er is ein ganz braver Mensch, aber er frißt alles auf, was man ihm anvertraut. Ich hab auch so einen Menschen gekannt. Er war Diener in einer Bank. Dem hat man Tausende anvertraun können; einmal hat er wieder in einer andern Bank Geld abgehoben, und man hat ihm um tausend Kronen mehr gegeben, und er hats gleich auf der Stelle zurückgetragen; aber wenn man sich hat um fünfzehn Kreuzer Rauchfleisch holen lassen, so hat er die Hälfte am Wege aufgefressen. Er war schrecklich happig aufs Fressen, und wenn ihn die Beamten um Leberwürste geschickt ham, so hat er die Würste am Weg mitn Taschenmesser zerschnitten und die Löcher mit Englischpflaster zugeklebt, was ihn bei fünf Leberwürsten mehr gekostet haben muß wie eine ganze Leberwurst.«
    Oberleutnant Lukasch atmete auf und ging davon.
    »Geruhen Sie irgendwelche Befehle zu haben, Herr Oberlajtnant?« rief Schwejk ihm nach, während sich der unglückliche Baloun unaufhörlich den Finger in den Mund steckte.
    |537| Oberleutnant Lukasch winkte mit der Hand und wandte sich dem Verpflegungsmagazin zu, wobei der sonderbare Gedanke in ihm auftauchte, daß Österreich den Krieg nicht gewinnen könne, weil die Soldaten ihren Offizieren die Leberpasteten auffressen.
    Inzwischen führte

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