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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Partei und der Armee verurteilt und hingerichtet worden waren. – Und was noch nicht? Was in der nächsten Sekunde passierte:
    Eine Hand schlug auf meine Schulter und riss mich herum. Der fuchsige Pater Präfekt und der Pater Beichtvater standen hinter mir, letzterer mit einem Bart so groß und braun wie ein Bienenschwarm. Der Präfekt schüttelte mich am Nacken und deutete mit dem Finger auf Frau Lundin.
    »Er ist ein Teufel!«, lachte er, aber ein aufrichtiges Lachen war es nicht. »Er ist ein kleiner Teufel! Nehmen Sie sich vor ihm in Acht! Er ist ein hübscher Teufel und gar nicht so ein kleiner Teufel!« Er boxte mich zwischen die Schulterblätter, dass mein Kopf nach vorne schnellte. »Er meint, er kann mit seinem Charme die Vögel von den Bäumen locken. Kann er das? Vielleicht. Ganz sicher aber kann er die Krokodile aus dem Schlamm holen.« Und nun war sein Lachen doch noch ein aufrichtiges geworden, aber ein sehr böses. »Man sollte ihn an seinen Haaren aufhängen und ihm die Sommersprossen jede einzeln herausbrennen!«
    Der Pater Beichtvater zog ihn an der Kutte von mir weg. »Lass ihn!«, flehte er. »Gehen wir, lass ihn, er ist es nicht wert.« Da wusste ich, er hatte das strengste Gebot, das ihm von seinem Gott auferlegt worden war, gebrochen und seinem Kompagnon erzählt, was ich ihm im Beichtstuhl erzählt hatte, und dafür würde er nach seinem Tod in die Hölle gestoßen werden.
     
    Bevor Leif und seine Familie in die Sommerferien nach Dänemark fuhren, fragte ich Herrn Lundin, ob er mir einen Rat geben könne. Ich würde gern Aktien kaufen, wisse aber nicht, wie man das anstelle. Er werde sich ein Arrangement überlegen, flüsterte er mir zu. Wäre nicht nötig gewesen, es gab weit und breit niemanden, der uns hätte hören können.
    Am nächsten Tag fuhr er mit mir nach Vaduz.
    Die Bank seines Vertrauens sei die BIL , die Bank in Liechtenstein , die gehöre dem Fürsten persönlich, ob ich mit ihr einverstanden sei. War ich. Er empfehle Aktien von Nestlé , ob ich einverstanden sei. War ich. Weil ich zu jung für ein offizielles Bankgeschäft war, schlug er vor, die Aktien über ein anonymes Konto zu kaufen. Ich hatte nichts anders zu tun, als mir ein Kennwort auszudenken und meine 6000 Schilling einzuzahlen (die Lundin’schen Franken hatte ich bei einer Sparkasse in Feldkirch umgetauscht). Als mir die Formulare vorgelegt wurden, hörte ich einen der Angestellten zu seinem Kollegen sagen, seine Frau und er hätten am selben Tag Geburtstag. Am selben Tag fand ich ein schönes Kennwort. Ich schüttelte den Herren die Hand und bekam ein steifes Papier überreicht, das Juxte genannt wurde. Die dürfe ich unter keinen Umständen verlieren. Und das Kennwort dürfe ich unter keinen Umständen vergessen.
    Einen Tag lang dachte ich darüber nach, wo ich die Juxte verstecken sollte. Ich zweigte eine Bierflasche von meiner Mutter ab, spülte sie mit Seifenwasser aus und trocknete sie mit dem Föhn. Sie war mit einem luftdichten Verschluss aus Porzellankopf, Gummiring und Drahtbügel versehen. Ich rollte das Dokument zusammen, zerschnitt mein wasserdichtes Regencape, umwickelte das Papier mit einem Stück davon, verklebte es mit einer ganzen Rolle Klebstreifen und schob es in die Flasche. Die Flasche verpackte ich ebenfalls in einen Streifen vom Cape und verschnürte das Ganze zu einem zylinderförmigen Paket. Bei der Haushaltswarenhandlung Furtenbach gleich neben uns in der Marktstraße besorgte ich ein verzinktes Ofenrohr, eine Metallsäge, einen Lötkolben, einen kleinen Spaten und ein Zehn-Meter-Messband. Das Rohr sägte ich auf die entsprechende Länge zurecht, den übrigen Teil bog ich auf, hämmerte ihn flach und schnitt zwei kreisrunde Scheiben aus. Die lötete ich vorne und hinten auf die Öffnungen. Ich spazierte mit meinem Rucksack auf dem Rücken und dem Spaten über der Schulter an der Ill entlang bis zum Rhein, das ist ein Weg von zwei Stunden. Dort stand am Rand des Auwaldes ein altes Grenzhäuschen, wo ich noch nie jemanden gesehen hatte. Ich befestigte das Messband an der Hauskante, schritt zwischen die Bäume hinein und zog das Band bis an sein Ende. Ich justierte es exakt in der Flucht der Hauswand. Nun grub ich ein Loch, einen halben Meter tief. Ich umwickelte das Ofenrohr mit dem Rest meines Regencapes, legte es in die Grube, schüttete diese zu und stampfte die Erde fest. Darüber verstreute ich Lärchennadeln, Zweige und Laub. Zuletzt ritzte ich mit meinem Taschenmesser das Kennwort

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