Die Abenteuer des Röde Orm
wieder einmal nach Hause komme, werde ich mich mehr um sie kümmern als um Allah. Hier aber, glaube ich, ist Allah der beste Gott, und ihm ist es zu danken, daß wir bereits Gold empfangen haben. Und ich werde ihn noch mehr zu schätzen wissen, wenn er mir auch Frauen gibt.«
Bald darauf befahl Almanzur einen Kriegszug gegen die Christen und machte sich mit seiner Leibwache und einem großen Heer gen Norden auf. Er plünderte drei Monate lang in Navarra und in den aragonischen Grafschaften; Orm und seine Leute fanden da Beute und auch Frauen und waren mit ihrem Dienst wohl zufrieden. Hinfort war es so, daß sie jeden Frühling und Herbst mit Almanzur im Feld standen, aber während der schlimmsten Sommerhitze und zur Zeit, die die Südländer Winter nannten, sich in Cordova aufhielten. Sie versuchten sich an die Gebräuche des Landes zu gewöhnen und hatten bei Almanzur über wenig zu klagen. Denn er gab ihnen oft reiche Geschenke, um sich ihre Ergebenheit zu erhalten, und was sie bei Erstürmungen und anderen Plünderungen gewannen, durften sie, nachdem der fünfte Teil für ihn abgezogen war, für sich selber behalten.
Und doch: Allah zu dienen und dem Propheten wohlgefällig zu sein, hatte für sie mitunter seine Schwierigkeiten. Denn wenn ihnen auf Kriegszügen gegen die Christen Wein und Schweinefleisch in die Hände fiel, so war ihnen verboten, davon zu genießen. Obschon ihr Trachten nach beidem groß war, wagten sie nicht, diesem Verbot, das ihnen unerhört einfältig schien, zu trotzen, denn Almanzurs Strenge war in diesen Dingen groß. Auch schien ihnen die Anbetung Allahs und das Verneigen vor dem Propheten etwas zu sein, was allzu häufig vorkam; denn wenn Almanzur im Felde war, wandte das ganze Heer jeden Morgen und jeden Abend das Gesicht dorthin, wo wahrscheinlich die Stadt des Propheten lag, und fiel auf die Knie, und ein jeder mußte sich mehrere Male mit der Stirn zur Erde beugen. Das schien ihnen für Männer wenig passend und etwas, worüber man nur lachen konnte, und es wollte ihnen nie gelingen, sich ganz daran zu gewöhnen.
Sie zeichneten sich als Krieger aus und gewannen bei allen in der Leibwache großes Ansehen. Sie selbst hielten sich für die besten dort, und niemand trat ihrem Recht zu nahe, wenn Beute verteilt wurde. Sie waren zusammen acht: Orm und Toke, Halle und Ögmund; Turne, der mit Toke, und Gunne, der mit Krok am Ruder gesessen hatte, Rapp, der Einäugige, und Ulf, der der älteste von ihnen war. Vor langer Zeit bei einem Julgastmahl war ihm ein Mundwinkel aufgeschlitzt worden und danach wurde er Grinulf genannt, denn sein Mund war schief und breiter als bei anderen Leuten. Sie hatten nun bei allem so viel Glück, daß während der vier Jahre, die sie Almanzur dienten, nur einer aus ihrer Schar ums Leben kam.
Während dieser Zeit waren sie viel unterwegs, denn als Almanzurs Bart anfing zu ergrauen, nahm seine Ruhelosigkeit der Christen wegen zu, und immer weniger saß er friedlich in Cordova. Sie folgten ihm, als er hoch hinauf in den Norden nach Pamplona ins Reich Navarra zog und die Stadt zweimal vergeblich zu stürmen versuchte und sie beim drittenmal nahm und der Verwüstung preisgab; hier wurde Turne, der an Tokes Ruder gesessen hatte, durch einen Stein von einer Wurfmaschine getötet. Sie segelten, als der Statthalter der Inseln aufsässig geworden war, auf Almanzurs eigenem Schiff nach Majorka, und hielten Wacht, als Almanzur jenem und dreißig anderen aus seinem Geschlecht die Köpfe abhauen ließ. Sie kämpften in Staub und furchtbarer Hitze bei Henares in einer großen Schlacht, wo das Kriegsvolk des kastilianischen Grafen auf sie eindrang, aber dann umzingelt und niedergemacht wurde, und wo man abends die gefallenen Christen zusammentrug und zu einem hohen Leichenhaufen aufstapelte. Von dessen Höhe aus rief ein Priester Almanzurs die Diener des Propheten zum Gebet. Dann waren sie mit auf großen Kriegszügen gegen das Reich Leon, dessen König Sancho der Dicke hart bedrängt wurde, bis dessen eigene Leute, da er seiner Dicke wegen nicht mehr zu Pferde sitzen konnte, ihn als einen Nichtsnutz absetzten, worauf sie mit Tribut zu Almanzur kamen.
Auf allen diesen Heerzügen verwunderten sich Orm und seine Mannen über Almanzurs Klugheit und Macht und über sein Glück bei allen Unternehmungen, am meisten aber über seine Furcht vor Allah und über die Art, die er erdacht hatte, um seinen Gott zu besänftigen. Der Staub, der sich im Felde auf seine Kleider und Schuhe
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