Die Abenteuer des starken Wanja
nun
kriegst du die Prügel, die du verdient hast !« rief er.
»Dich werd’ ich lehren, Rotznase, dummes Zeug zu wetten! Kopf und Kragen hast
du aufs Spiel gesetzt — und wofür? Einer lumpigen halben Kopeke wegen! Ach, du
Bengel, du hirnverbrannter! Was meinst du wohl, wie wir uns deinethalben
geängstigt haben !«
Wanja
sah ein, daß Gawrilo sich Luft machen mußte. Ein paarmal ließ er ihn
zuschlagen, aber nicht zu oft. Dann legte er ihm die Hand auf die Schulter und
meinte: »Laß gut sein, Gawrilo — du brauchst deine Kraft jetzt zu anderen
Dingen, schätze ich .«
Gawrilo
ließ von dem Jungen ab.
Arkaschka
rieb sich das Hinterteil und sah zu, daß er wegkam. Er mischte sich unter die
Dorfkinder. Wer das sei, der bei seinem Vater für ihn gesprochen habe, wollte
er wissen.
»Der
Fremde ?« sagten die Kinder. »Das ist ein gewaltig
starker Bursche! Die Balken der Schmiede hat er beiseite geräumt wie
Weidenruten. Das hättest du sehen müssen, Arkaschka! Da hast du dir was
entgehen lassen !«
W anja
half den Bewohnern des Dorfes die gröbsten Trümmer wegräumen. Bis zum Abend
waren auf allen Höfen die Zugänge zu den Vorratskellern freigelegt. Nun
brauchten die Leute wenigstens keinen Hunger zu leiden. Dafür waren sie Wanja
dankbar.
»Dich
hat uns der Himmel am richtigen Tag geschickt !« sagten
sie.
Als
es dunkelte, setzten die Männer sich um ein Feuer zusammen, um zu
beratschlagen, wie es nun weitergehen sollte mit ihnen und ihrem Dorf. Gawrilo,
der Schmied, sprach als einer der ersten. Den Ort wieder aufzubauen, erscheine
ihm wenig ratsam, sagte er. Er für seine Person sei entschlossen, mit der
Familie wegzuziehen aus dieser verfluchten Gegend, wo man nie sicher sei vor
dem bösen Och.
»Recht
hast du, Schmied !«
Die
meisten Männer stimmten Gawrilo zu. Wanja hingegen fand, daß sie nichts
übereilen sollten. Ob man den bösen Och sich denn nicht vom Hals schaffen
könne? Es müsse doch einen Weg geben — oder?
Die
Gesichter der Männer am Feuer verdüsterten sich. Wanja schien da auf eine Sache
gekommen zu sein, von der sie nicht gerne sprachen.
»Nun ?« forschte er weiter. »Es gibt also einen solchen Weg ?«
»Es
gibt ihn — und gibt ihn nicht«, sagte einer der Männer stockend. »Die Sache ist
so: Wer den Och überwinden will, muß ihn von seinem Schlafbaum im Wald
herunterschütteln — dann ist er in seiner Gewalt und muß tun, was von ihm
verlangt wird. Viele beherzte Männer haben das schon versucht, auch aus unserem
Dorf — doch keiner von ihnen ist lebend zurückgekommen, nicht einer. Der Och
hat sie alle davongeblasen wie welke Blätter. Später hat man sie irgendwo in
den Wäldern aufgeklaubt, mit gebrochenem Hals und zerschmetterten Gliedern...«
Die
Stimme des Mannes war immer leiser geworden, je länger er sprach. Wanja las ein
Stück Holz von der Erde auf; er betrachtete es von allen Seiten — und warf es
ins Feuer.
»Man
sollte es trotzdem noch einmal versuchen«, sagte er wie zu sich selbst. »Kann
sein, daß ich Glück habe .«
»Du ?« riefen alle erstaunt.
»Ja,
ich«, sagte Wanja. »Ich glaube nicht, daß es ein Zufall war, der mich zu euch
geführt hat. Morgen seh’ ich mir diesen Och einmal an. Kann mir jemand den Weg
beschreiben ?«
Der
Weg sei nicht schwer zu finden, meinten sie. Wanja brauche nur immer der Straße
zu folgen, auf der er gekommen sei. Sie ende an einem Waldrand, nicht weit von
hier. Dort beginne ein Fußpfad, der führe geradenwegs zu der Lichtung im Wald,
wo der Och seinen Schlafbaum habe.
»Das
trifft sich ja !« meinte Wanja. »Dann brauche ich
keinen Umweg zu machen .«
Mit
einem Schlag wurden die Männer am Feuer gesprächig. Ob Wanja es wirklich wagen
wolle, sich mit dem Och zu messen? Nun, er sei schließlich ein starker Bursche,
der stärkste, der ihnen jemals über den Weg gelaufen sei. Warum sollte er es
nicht schaffen? Ja doch, zum Kuckuck, warum denn nicht?
Gawrilo
eilte davon und brachte aus seinem Keller zwei Eimer Honigbier angeschleppt.
»Wanja
soll leben !« rief er. »Trinken wir auf sein Wohl — und
darauf, daß er den bösen Och von der Föhre schüttelt !«
Die
Eimer machten unter den Männern die Runde. Bald waren alle davon überzeugt, daß
Wanja den Och bezwingen würde. Sie tranken ihm zu und lachten und gaben ihm
gute Ratschläge.
Wanja
trank wenig, er brauchte am nächsten Tag einen klaren Kopf. »Daran tust du gut,
mein Junge«, meinte Gawrilo, der neben ihm saß. »Und noch eins gibt es, worauf
du
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