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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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zerren, so bist du verloren. Wenn du es aber fertigbringst, sie und den
Backofen auf das trockene Land zu ziehen — dann hast du sie überwunden, und sie
muß tun, was du ihr befiehlst. Aber bisher hat das keiner fertiggebracht; und
ich fürchte, so wird es für alle Zukunft bleiben .«
    Das
müsse sich erst noch zeigen, erwiderte Wanja in einem Ton, der die beiden
aufhorchen ließ.
    »Um
Himmels willen!« Die Alte bekreuzigte sich. »Du willst doch nicht etwa
selbst...«
    »Doch«,
sagte Wanja. »Ich glaube, das sollte ich tun. Sicherlich ist es kein Zufall,
daß ich hierhergekommen bin. Ich habe den bösen Och und den Räuber Batur
besiegt — und ich hoffe, mit Gottes Hilfe werde ich auch die Baba-Jaga
bezwingen. Morgen früh, wenn es hell wird, bin ich am Moor .«
    Dabei
blieb es, von diesem Entschluß war er nicht mehr abzubringen. Vor Tau und Tag
stand er auf, ging zum Brunnen und wusch sich. Bei der Morgensuppe versuchten
die beiden Alten noch einmal, ihn umzustimmen — vergebens.
    »Ich
danke euch, gute Leute, für eure Gastfreundschaft«, sagte Wanja. »Sorgt euch
nicht übermäßig um mich, es wird alles ausgehen, wie es mir bestimmt ist. Wenn
die Pferde zurückkommen, wißt ihr, daß ich den Kampf bestanden habe .«
    Er
nahm von den beiden Abschied und wollte gehen. Aber der Alte hielt ihn am
Strick des Reisebündels zurück und sagte:
    »Da
nichts mehr daran zu ändern ist, daß du hingehst und deinen Kopf wagst, will
ich dir etwas anvertrauen — etwas, wovon wir dir nichts gesagt hätten, wenn du auf
uns gehört und dich anders besonnen hättest: Solltest du wider alles Erwarten
den Kampf mit der Baba-Jaga gewinnen, dann zwinge sie, dir den Rappen Waron zu
geben, der schneller ist als der wilde Steppenwind, das beste und treueste Roß
unter Gottes Sonne. Doch laß dir kein anderes Pferd von ihr aufschwatzen, hörst
du — kein anderes !«
    Wanja
dankte dem Bauern für seinen Rat.
    »Ich
will danach handeln, Großvater«, sagte er. Dann verließ er die Hütte der beiden
Alten und schlug den Weg ein, der aus dem Dorf hinausführte an den Rand des
Moores.
     
    D reimal rief Wanja mit lauter
Stimme die Baba-Jaga. Beim erstenmal rührte sich nichts; beim zweitenmal fegte
ein Windstoß über das Moor, und der Himmel verfinsterte sich; beim drittenmal
kam die Hexe auf ihrem Ofen herangeprescht, unter Blitz und Donner: krummnasig,
schiefmäulig, klapperdürr wie ein Totengerippe, mit fliegenden Röcken und wirr
um den Schädel flatterndem Haar.

    Der
Ofen lief auf vier stämmigen nackten Hühnerbeinen mit langen Krallen. Die Hexe
hockte darauf wie ein Reiter auf seinem Gaul. Mit der einen Hand hielt sie die
Zügel, die waren am Ofenrohr festgeschirrt, in der anderen schwang sie das
Fangeisen. Bei jedem Satz, den der Ofen machte, klapperten ihr die Knochen im
Leib; das hörte sich an, als schüttle man einen Sack Nüsse. Dicht vor Wanja, am
Rand des Moores, zügelte sie den Ofen.
    »Du
hast mich gerufen, Bürschlein? Was willst du ?«
    »Ich
will mit dir kämpfen«, erwiderte Wanja tapfer.
    »Kämpfen?!
— Gib acht, was ich mit dir mache!«
    Eins
— zwei warf die Baba-Jaga ihm das Fangeisen um den Hals. Klirrend schnappte es
zu, mit eisernem Würgegriff. Wanja faßte sich an die Kehle.
    »So !« rief die Baba-Jaga. »Und nun rasch ins Moor mit dir!«
Damit wendete sie den Backofen.
    »Vorwärts,
mein Pferdchen, hej !« Sie versuchte den starken Wanja
ins Moor zu zerren. »Willst du wohl ziehen, du alter Klepper? Vorwärts!«
    Die
Hexe spornte den Ofen mit schrillem Geschrei an, sie drosch mit dem freien Ende
des Zügels wild auf ihn ein.
    »Hej,
hej, hej, hej !«
    Wanja
stützte sich auf die Lanze von Eisenholz. Die Kette war zum Zerreißen
angespannt, das Fangeisen würgte ihn halb zu Tode. Sein Nacken schmerzte, als
sei er in einen Schraubstock eingezwängt. Keuchend rang er nach Luft. »Alle
Heiligen !« dachte er. »Steht mir bei — wie soll das
ein Mensch ertragen...«
    Er
machte sich schwer, ganz schwer und stemmte sich mit den Füßen fest in den
Boden ein. So hoffte er eine Zeitlang auszuhalten — aber wie lang wohl?
    Die
Hexe kreischte und keifte, sie schlug wie nicht recht bei Trost auf den Ofen
los.
    »Noch
ein Ruck !« rief sie. »Und noch ein Ruck! Hej, hej,
hej, hej !« Wanja spürte, daß es mit seinen Kräften zu
Ende ging. In seiner Verzweiflung zog er Woloks Tscherkessendolch aus dem
Gürtel und schleuderte ihn nach dem Backofen. Knirschend bohrte die Klinge sich
in die rechte Flanke des

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