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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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zu
Diensten — und nicht für Geld !«
    Nun
gut, meinte Wanja, er wolle den Wirt nicht kränken; darum werde er hierbleiben
für die Nacht und im Pferdestall schlafen.
    »Im
Pferdestall ?« rief der Wirt. »Euer Hochwohlgeboren
belieben zu spaßen! Im Pferdestall! Ausgerechnet im Pferdestall!«
    Er
winkte die beiden Knechte heran.
    »He,
Fedja und Stopja! Wo steckt ihr, verdammte Kerle? Nehmt Dero Hochwohlgeboren
das Pferd und die Lanze ab !«
    Fedja
und Stopja stürzten herbei und halfen dem starken Wanja aus dem Sattel. Dann
führte Fedja den Rappen Waron in den Stall, und Stopja schleppte die Lanze von
Eisenholz hinterher.
    Rückwärtsgehend,
öffnete der Wirt die Haustür und geleitete Wanja unter tausend Bücklingen in
die Gaststube. Dort wies er auf einen Tisch in der Ecke neben dem Kachelofen,
unweit vom Fenster.
    »Wenn
Euer Hochwohlgeboren hier Platz nehmen wollen — das Essen kommt gleich !«
    Wanja
machte sich’s hinter dem Tisch bequem. Er stellte den Helm neben sich auf die
Sitzbank und lockerte da und dort eine Schnalle an seiner Rüstung. Der Wirt
klatschte in die Hände und rief nach den Mägden.
    »Mascha!
Marfa! Wo bleibt ihr, beim neunmalgeschwänzten Satan? Bringt Dero
Hochwohlgeboren das Abendbrot! Eilt euch, ihr Schlafmützen, eilt euch !«
    Die
Küchentür wurde aufgestoßen, herein kamen Mascha und Marfa: die eine mit einer
Schüssel dampfender Suppe, die andere mit dem Brotkorb.
    »Hier
eine Krautsuppe, Euer Hochwohlgeboren!«
    »Und
hier ein Weißbrot!«
    Die
Mägde knicksten und setzten dem starken Wanja den Korb und die Schüssel vor.
Dann schleppten sie aus der Küche weitere Speisen herbei, auf Platten und
Tellern, in Tiegeln und Pfannen.
    »Hier
Brei von geschrotenem Buchweizen, Euer Hochwohlgeboren...«
    »Und
hier ein geschmortes Gänschen!«
    »Hier
ein Stück kalter Schweinsbraten, wenn’s beliebt...«
    »Und
hier eine Grützwurst!«
    »Hier
Essiggurken...«
    »Da
Zwiebelfleisch!«
    »Dies
hier sind weiße Bohnen in saurem Rahm...«
    »Und
das zwei geräucherte Bachforellen!«
    »Hier
eingemachte Steinpilze, Euer Hochwohlgeboren...«
    »Und
dies für den Durst!«
    Marfa
stellte ihm einen schweren Steinkrug voll Kwaß hin und einen Becher.
    »Das
ist alles für mich allein ?« fragte Wanja
kopfschüttelnd.
    Mascha
und Marfa knicksten.
    »Gesegnete
Mahlzeit, Euer Hochwohlgeboren!«
    Kichernd
verschwanden sie in der Küche.
    Wanja
griff nach dem Löffel, er rührte die heiße Suppe um. Der Wirt kam zum Tisch
scharwenzelt und rieb sich die Hände.
    »Zufrieden,
Euer Hochwohlgeboren? Wenn Euer Hochwohlgeboren einen besonderen Wunsch haben:
bitte, es nur sagen !«
    »Schon
gut«, sagte Wanja, »schon gut .«
    Er
kostete von der Suppe: Ah, wie die schmeckte! Fast wie daheim beim Tantchen! —
Der Wirt strich um Wanjas Tisch herum wie der Fuchs um den Hühnerstall.
    »Übrigens
— wenn die Frage erlaubt ist«, begann er nach einer Weile. »Euer
Hochwohlgeboren tragen da eine überaus prächtige Rüstung. Ich habe dergleichen
noch nie zu Gesicht bekommen. Fast könnte man meinen, es handle sich — um die
Rüstung des Zaren Iwan Wassiljewitsch .«
    Wanja
nickte.
    »Sie
ist es«, sagte er zwischen zwei Löffeln Krautsuppe.
    »Oh !« rief der Wirt und verneigte sich tief vor ihm. »Wußte
ich’s nicht auf den ersten Blick? Ruhm und Ehre sind eingekehrt unter unserem
Dach! Wie wird meine Frau sich freuen, wenn ich es ihr erzähle! Wie wird meine
Frau sich freuen .«
    Er
wendete sich vom Tisch ab und rannte laut rufend und wild mit den Armen
fuchtelnd zur Tür.
    »Matrjonna !« rief er in höchster Aufregung. »Mütterchen! Stell dir
vor, was geschehen ist! Dero Hochwohlgeboren tragen die Rüstung des Zaren Iwan
Wassiljewitsch! Denk dir nur, welche Ehre für unser Haus, welche Ehre !«
     
    D er Wirt gehörte zu den
bezahlten Spitzeln des Großfürsten. Unentwegt weiterschreiend, rannte er in die
Küche hinaus und schlug hinter sich die Tür zu. Dann packte er seine Frau am
Arm und zerrte sie in das kleine Nebenzimmer. Dort konnten sie ungestört
miteinander reden, ohne daß Mascha und Marfa es hörten.
    »Was
hast du ?« fragte Matrjonna. »Bist du verrückt
geworden? Laß meinen Arm los, Anissim, du tust mir weh !«
    »Wenn
schon!« Der Wirt sprach mit leiser Stimme weiter, den Mund an Matrjonnas Ohr.
»Es gibt keinen Zweifel, daß es die Rüstung des Zaren Iwan Wassiljewitsch ist —
er selbst hat es mir bestätigt! Das heißt, daß ich unverzüglich zum Großfürsten
reiten muß

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