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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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mit all ihren Schrammen und blauen Flecken, verdreckt, müde und abgerissen ein Bild des Jammers boten. Alexander sah ziemlich verändert aus, hatte die Haare geschnitten wie ein Indianer, oben eine kreisrunde Tonsur ausrasiert, und dort prangte eine lange, verkrustete Platzwunde. Außerdem trug er einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen über der Schulter. Santos hob Nadia hoch, schloss sie in seine starken Arme und drückte sie so fest, dass er Borobá, der sich nicht mehr rechtzeitig hatte in Sicherheit bringen können, beinahe alle Rippen gebrochen hätte. Kate Cold dagegen hatte die erste Aufwallung von Zuneigung und Erleichterung sofort wieder unter Kontrolle; kaum war sie ihrem Enkel nah genug, verpasste sie ihm ein Ohrfeige.
    »Für den Schreck, den du uns eingejagt hast, Alexander. Verschwinde noch einmal aus meinem Blickfeld, und ich bringe dich um.« Anstatt zu antworten, fiel Alex ihr um den Hals.
    Sofort waren auch die anderen da: Mauro Carías, Hauptmann Ariosto, Dr. Omayra Torres und der unsägliche Professor Leblanc, der von oben bis unten von Bienen zerstochen war. Karakawe, der Indianer, war mürrisch wie immer und schien kein bisschen überrascht, als er Alex und Nadia sah.
    Alex erzählte kurz von ihrem Abenteuer mit den Nebelmenschen, ließ die Einzelheiten weg und sagte nichts darüber, wie sie auf die Hochebene gekommen waren. Auch seine Reise mit Nadia zum heiligen Tepui erwähnte er mit keiner Silbe. Er nahm an, dass er kein Geheimnis verriet, denn die Nahab wussten ja inzwischen von dem Stamm. Es war nicht zu übersehen, dass die Indianer ihr Dorf erst vor wenigen Stunden verlassen hatten: Das Maniokmehl trocknete in den Körben, noch war Glut auf den Kochstellen, in der Junggesellenhütte scharten sich die Fliegen um die Beute der letzten Jagd, und einige Haustiere streunten noch zwischen den Hütten herum. Die friedlichen Boas waren von den Soldaten mit Macheten in Stücke gehauen worden, und ihre Überreste vergammelten in der Sonne.
    »Wo sind die Indianer?«, wandte sich Mauro Carías an Alex und Nadia.
    »Weit weg«, antwortete Nadia.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie schon weit weg sind mit ihren Frauen, Kindern und Alten. Sie können sich doch nicht einfach in Luft auflösen.«
    »Sie sind unsichtbar.«
    »Jetzt aber mal im Ernst, Kleine!«
    »Ich rede immer im Ernst.«
    »Was willst du als Nächstes behaupten? Dass sie fliegen können wie die Hexen?«
    »Fliegen nicht, aber sie laufen sehr schnell«, antwortete sie.
    »Sprichst du ihre Sprache, meine Hübsche?«
    »Ich heiße Nadia Santos.«
    »Na schön, Nadia Santos, kannst du nun mit ihnen sprechen oder nicht?« Carías wurde langsam ungeduldig.
    »Ja.«
    Dr. Omayra Torres mischte sich ein, um noch einmal klarzustellen, dass der Stamm unbedingt geimpft werden musste. Das Dorf war entdeckt, und damit sei es unvermeidlich, dass die Indianer mit den Fremden in Berührung kämen.
    »Du weißt doch, Nadia, wir können sie, ohne es zu wollen, mit tödlichen Krankheiten anstecken. Ganze Stämme sind innerhalb von zwei oder drei Monaten gestorben, bloß wegen einer Erkältung. Aber am schlimmsten sind die Masern. Ich habe den Impfstoff da. Zu ihrem eigenen Schutz. Hilfst du mir?«
    »Ich kann es versuchen«, versprach Nadia.
    »Wie willst du denn mit den Indianern Kontakt aufnehmen?«
    »Das weiß ich noch nicht, ich muss darüber nachdenken.«
    ~
    Alex füllte das Wasser des Lebens in eine Flasche mit Schraubverschluss und verstaute sie sorgfältig in seiner Reisetasche. Seine Großmutter sah es und wollte wissen, was er da tat.
    »Mit dem Wasser kann ich Mama heilen«, sagte Alex. »Ich habe die Quelle mit dem Wasser des Lebens gefunden, Kate, nach der andere jahrhundertelang gesucht haben. Mama wird wieder gesund.«
    Zum ersten Mal, seit er denken konnte, war seine Großmuttervon sich aus richtig liebevoll zu ihm. Er spürte ihre dünnen, kräftigen Arme um seine Schultern, ihre struppigen, zurechtgestutzten Haare an seinem Nacken, ihre trockene Haut, rau wie Schuhsohlen, ihr Pfeifentabakgeruch stieg ihm in die Nase; er hörte sie mit heiserer Stimme seinen Namen flüstern und vermutete, dass sie ihn vielleicht doch ein ganz klein wenig mochte. Kaum hatte Kate Cold sich selbst dabei ertappt, was sie da tat, machte sie sich brüsk von ihm los und schubste ihn zu dem Klapptisch, wo Nadia schon auf ihn wartete. Erschöpft und heißhungrig fielen Alex und Nadia über die Bohnen, den Reis, die Maniokfladen und ein paar Happen

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