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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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halb verkohlten Fisch her. Alex stopfte das alles so gierig in sich hinein, dass Kate Cold, die doch wusste, was für eine Zimperliese ihr Enkel beim Essen war, Augen machte wie ein Huhn, wenn’s blitzt.
    Nach dem Essen badeten Alex und Nadia ausgiebig im Fluss. Sie wussten sich umringt von den unsichtbaren Indianern, die aus dem Unterholz heraus jede Bewegung der Nahab im Auge behielten. Während die beiden herumplanschten, fühlten sie sich von ihren Blicken berührt wie von Händen. Wahrscheinlich wagten sich die Indianer nicht heraus, weil ihnen die vielen Fremden bedrohlich erschienen und ihnen die Hubschrauber nicht geheuer waren, die sie zwar schon manchmal am Himmel, aber noch nie aus der Nähe gesehen hatten. Alex und Nadia dachten, die Nebelmenschen würden sich zeigen, sobald sie beide sich etwas vom Dorf entfernten, es war jedoch zu viel los, um sich unauffällig in den Wald zu verdrücken. Aber wenigstens trauten sich die Soldaten nicht aus dem Lager, denn seit sie gehört hatten, wie einer ihrer Kameraden von der Bestie zerfleischt worden war, saß ihnen die Angst im Nacken. Das Auge der Welt war unerforschtes Gebiet, in dem angeblich Geister und Dämonen ihr Unwesen trieben. Vor den Indianern fürchteten sie sich dagegen weniger, schließlich hatten sie ja Gewehre und Pistolen und waren außerdem selbst halbe Indianer.
    Als es Abend wurde, hockten sich alle außer den Wachposten in kleinen Grüppchen um ein Lagerfeuer, tranken und rauchten. Die Stimmung unter den Soldaten war düster, und jemand bat um Musik, um die Laune zu heben. Alex musste eingestehen, dass erJoseph Colds weltberühmte Flöte verloren hatte, konnte aber ja nicht sagen, wo, ohne zu verraten, was er im Innern des Tepuis erlebt hatte. Seine Großmutter warf ihm einen mörderischen Blick zu, wortlos allerdings, denn sie erriet, dass ihr Enkel ihr eine Menge verheimlichte. Einer der Soldaten zog eine Mundharmonika aus der Hosentasche und spielte ein paar bekannte Melodien, aber seine guten Absichten fruchteten nicht. Die Angst hielt sie alle gefangen.
    Kate Cold erzählte Alex und Nadia, was sich in ihrer Abwesenheit zugetragen hatte. Als die Expeditionsteilnehmer bemerkt hatten, dass die beiden weg waren, hatten sie sofort mit der Suche begonnen, hatten sich Taschenlampen geschnappt und waren in den Wald aufgebrochen, wo sie fast die ganze Nacht nach ihnen gerufen hatten. Leblanc hatte die allgemeine Angst noch mit einer seiner treffsicheren Prognosen angeheizt: Bestimmt waren sie von Indianern verschleppt worden und wurden gerade, auf Stöcke gespießt, verspeist. Der Professor nutzte die Gunst der Stunde, um ihnen in allen Farben zu schildern, wie der Stamm der Kariben seine Gefangenen bei lebendigem Leib in Stücke geschnitten hatte, um sie dann aufzufressen. Zwar hatte er zugeben müssen, dass es hier keine Kariben gab, denn von den Angehörigen dieser Volksgruppe waren viele umgebracht worden, und die Übrigen hatten sich schon vor über hundert Jahren dem Lebensstil der Weißen angepasst, aber der Anthropologe meinte, man könne ja nie wissen, wie weit der kulturelle Einfluss reiche. César Santos wäre ihm fast an die Gurgel gesprungen.
    Am Nachmittag des darauf folgenden Tages war endlich ein Hubschrauber eingetroffen. Das Boot mit dem schlimm zugerichteten Joel González hatte Santa María de la Lluvia ohne Zwischenfälle erreicht, und dort nahmen sich die Nonnen des Verletzten an. Matuwe, der indianische Führer, hatte Hauptmann Ariosto die dramatischen Vorfälle geschildert und auf Unterstützung gedrängt. Zwar wollte er selbst um keinen Preis mitfliegen, aber er hatte einen derart außergewöhnlichen Orientierungssinn, dass er dem Hauptmann genau zeigen konnte, wo die Expedition des International Geographic wartete, obwohl er noch nie eine Landkarte benutzt hatte. Kaum war der Hauptmann aus dem Hubschraubergeklettert, hatte Kate Cold ihn genötigt, über Funk Verstärkung anzufordern, um die systematische Suche nach den Verschwundenen aufzunehmen.
    César Santos, der Kates Schilderungen gelauscht hatte, unterbrach sie und erzählte, sie habe Hauptmann Ariosto mit der Presse gedroht, mit der Botschaft der Vereinigten Staaten und sogar mit der CIA, falls er sich weigern sollte, ihr zu helfen; so hatte sie einen zweiten Hubschrauber bekommen, in dem weitere Soldaten und Mauro Carías gelandet waren. Sie habe gesagt, sie denke nicht im Traum daran, ohne ihren Enkel nach Hause zu fahren, selbst wenn sie das ganze

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