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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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das geheimnisvolle Kraut, das er für seine Mutter bekommen hatte,gerne auch etwas schenken und überreichte ihm sein Schweizer Messer. Der Indianer betrachtete das seltsame rotlackierte Metallding, wog es in der Hand, hatte aber wohl keine Ahnung, was er damit anfangen sollte. Eins nach dem anderen ließ Alex die Messer aufschnappen, zog die Pinzette heraus, klappte die Schere, den Korkenzieher, den Schraubenzieher aus, bis sich der Gegenstand in einen silbrigen Igel verwandelt hatte. Er zeigte dem Schamanen, wozu die einzelnen Teile gut waren und wie man sie aus- und einklappte.
    Walimai bedankte sich für die Artigkeit, aber er war über ein Jahrhundert ohne Metalle ausgekommen und fühlte sich eigentlich etwas zu alt, um die Tricks der Nahab noch zu lernen; er wollte jedoch nicht unhöflich sein und band sich das Schweizer Taschenmesser zusätzlich zu seinen Ketten aus Tierzähnen und seinen vielen Amuletten um den Hals. Dann erinnerte er Nadia an den Schrei der Eule, mit dem sie einander rufen und in Verbindung bleiben konnten. Nadia gab ihm den Korb mit den drei Kristalleiern, denn bei ihm waren sie wohl vorerst am besten aufgehoben. Sie wollte nicht damit bei den Fremden auftauchen, schließlich waren sie für die Nebelmenschen bestimmt. Die drei verabschiedeten sich voneinander, und im Handumdrehen hatte sich Walimai wie ein Spuk zwischen den Bäumen verflüchtigt.
    Vorsichtig näherten sich Nadia und Alex der Stelle, wo die beiden Vögel, die Donner und Wind machen, gelandet waren. Verborgen im Dickicht, konnten sie alles unbemerkt beobachten, allerdings waren sie nicht nah genug, um zu verstehen, was gesprochen wurde. Die Hubschrauber standen mitten in Tapirawateri, und außerdem hatten die Ankömmlinge drei Zelte aufgebaut, ein großes Sonnensegel aufgehängt und sogar eine petroleumbetriebene Feldküche mitgebracht. Zwischen zwei Bäume war ein Draht gespannt, an dem Geschenke für die Indianer baumelten: Messer, Töpfe, Äxte und andere Gegenstände aus Stahl und Aluminium, die in der Sonne funkelten. Nadia und Alex sahen etliche bewaffnete Soldaten, offensichtlich Wachen, aber keine Spur von den Indianern. Wie immer, wenn Gefahr droht, hatten sich die Nebelmenschen aus dem Staub gemacht. Dadurch hatten sie so lange überleben und ihre Kultur bewahren können. AndereIndianer, die es mit der Zivilisation der Nahab zu tun bekommen hatten, fristeten heute ein Dasein wie Bettler, hatten ihre Würde als Krieger und ihr Land verloren; sie waren Ausgestoßene. Deshalb hatte Mokarita seinem Volk nie erlaubt, zu den Nahab zu gehen und ihre Geschenke anzunehmen, zu groß war sein Argwohn, der Stamm könne im Austausch gegen eine Machete oder einen Strohhut für immer seine Herkunft vergessen, seine Sprache und seine Götter.
    Alex und Nadia fragten sich, was diese Soldaten hier wollten. Falls sie Teil des Plans waren, mit dem Mauro Carías sich im Auge der Welt freie Bahn verschaffen wollte, war es besser, sich fern zu halten. Es klang ihnen noch in den Ohren, was er und Hauptmann Ariosto in Santa María de la Lluvia miteinander geredet hatten: Mit den beiden war nicht zu spaßen. Sie würden ihr Leben aufs Spiel setzen, sollten sie es wagen, ihnen in die Quere zu kommen.
    ~
    Es begann zu regnen, einer dieser plötzlichen Wolkenbrüche, die es hier zwei- oder dreimal täglich gab, die kurz und heftig alles durchweichten, dann schlagartig aufhörten und die Welt frisch und blankgeputzt hinterließen. Nadia und Alex beobachteten das Lager nun schon seit fast einer Stunde von ihrem Versteck zwischen den Bäumen aus, da sahen sie eine Gruppe von drei Leuten, die offensichtlich den nahen Wald durchforscht hatten und jetzt, nass bis auf die Knochen, zurückgerannt kamen. Trotz der Entfernung erkannten sie sie sofort: Es waren Kate Cold, César Santos und der Fotograf Timothy Bruce. Ihnen fiel ein Stein vom Herzen: Hauptmann Ariosto und Mauro Carías würden die Indianer – oder sie beide – nicht mit Waffengewalt aus dem Weg schaffen können. Dazu gab es zu viele Zeugen, denn auch Professor Leblanc und Dr. Omayra Torres mussten hier sein.
    Alex und Nadia verließen ihre Deckung und gingen zögernd auf Tapirawa-teri zu, waren aber noch nicht weit gekommen, da hatten die Wachposten sie entdeckt, und sofort waren sie umringt. Mit dem Jubelgeheul, das Kate Cold beim Anblick ihres Enkels anstimmte, konnte nur César Santos’ Freudenschrei mithalten,als er seine Tochter sah. Die beiden rannten auf Alex und Nadia zu, die

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