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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Freunde ihm glauben, dass er einen Kaiman von fast einem Meter Länge in Händen gehalten hatte!
    Sein größtes Problem bestand darin, satt zu werden. Was das Essen anging, war er schon immer wählerisch gewesen, und nun bekam er Dinge vorgesetzt, von denen er noch nicht einmal wusste, wie er sie nennen sollte. An Bord konnte er nur Bohnen in Dosen, trockenes Pökelfleisch und Kaffee identifizieren, und nichts davon sagte ihm zu. Einmal schoss die Schiffsbesatzung zwei Affen, und noch am gleichen Abend, als das Boot am Ufer vertäut war, wurden sie über dem Feuer gebraten. Sie hatten etwas so Menschliches an sich, dass ihr bloßer Anblick Alex krank machte: Sie sahen aus wie zwei verkohlte Kinder. Am nächsten Morgen wurde ein Pirarucú gefangen, ein riesiger Fisch, den alle köstlich fanden außer Alex, denn der weigerte sich, davon zu probieren. Mit drei Jahren hatte er entschieden, dass er Fisch nicht mochte. Seine Mutter war es schließlich leid gewesen, ihrem Sohn das Essen aufnötigen zu müssen, und hatte ihm nur noch Dinge angeboten, die ihm schmeckten. Das waren nicht viele. Wegen dieser Beschränkung wurde er auf der Reise seinen Hunger nicht los; nur Bananen gab es reichlich, außerdem eine Büchse Kondensmilch und einige Packungen Kekse, die er noch in Manaus eingepackt hatte. Seine Großmutter schien es nicht zu kümmern, dass er hungrig war, die anderen auch nicht. Keiner achtete auf ihn.
    Mehrmals täglich gab es kurze, wolkenbruchartige Regengüsse; er musste sich an die ständige Feuchtigkeit gewöhnen, daran, dass die Kleidung nie ganz trocken wurde. Setzte man sich in die Sonne, fielen Wolken von Moskitos über einen her. Die Ausländer wehrten sich dagegen, indem sie sich mit Mückenschutzmittel vollkleisterten, vor allem Ludovic Leblanc, der keine Gelegenheit ausließ, die Liste der Krankheiten herunterzubeten, die von Insekten übertragen werden, Typhus und Malaria eingeschlossen. Er hatte einen engmaschigen Schleier um seinen Tropenhelm gebunden, der sein Gesicht schützen sollte, und suchte die meiste Zeit unter einem Moskitonetz Zuflucht, das er am Heck des Schiffes hatte anbringen lassen. Die Caboclos hingegen schienen gegen die Stiche immun.
    ~
    Am dritten Tag, an einem strahlenden Morgen, stoppte das Schiff, weil der Motor Schwierigkeiten machte. Während der Kapitän versuchte, das Problem zu beheben, streckten die Übrigen unter dem Sonnendach alle viere von sich. Es war zu heiß, um etwas zu unternehmen, aber Alex fand den Ort erstklassig für ein Bad. Er sprang ins Wasser, das flach schien und ruhig dalag wie ein Teller Suppe, und ging unter wie ein Stein.
    »Nur ein Hornochse prüft die Wassertiefe mit zwei Füßen voran«, bemerkte seine Großmutter, als sein Kopf prustend wieder an die Oberfläche kam und ihm das Wasser sogar aus den Ohren troff.
    Alex schwamm vom Schiff weg – man hatte ihm gesagt, die Kaimane würden lieber am Ufer jagen – und ließ sich lange auf dem Rücken durch das laue Wasser treiben, Arme und Beine von sich gestreckt, den Blick im Himmel verloren und in Gedanken bei den Astronauten, die den Strom in seiner ganzen Größe gesehen hatten. Er fühlte sich so sicher, dass er einen Augenblick brauchte, um zu reagieren, als etwas an ihm vorbei schnellte und dabei seine Hand streifte. Ohne den leisesten Schimmer, welche Gefahr da lauerte – womöglich blieben die Kaimane doch nicht am Ufer –, kraulte er aus Leibeskräften zurück zum Boot, aber die Stimme seiner Großmutter ließ ihn erstarren, weil sie ihm zubrüllte, er solle sich nicht rühren. Er gehorchte aus Gewohnheit, obwohl ihm sein Instinkt zum genauen Gegenteil riet. So ruhig er konnte, hielt er sich über Wasser, und dann sah er einen riesigen Fisch neben sich. Er dachte, es sei ein Hai, und das Herz blieb ihm stehen, aber der Fisch beschrieb einen kurzen Schlenker und kam neugierig zurück, so nah an ihn heran, dass er sein Grinsen sehen konnte. Diesmal machte sein Herz einen Hüpfer, und beinahe hätte er einen Freudenschrei ausgestoßen. Er schwamm mit einem Delfin!
    In den nächsten zwanzig Minuten, in denen er mit ihm spielte wie mit seinem Hund Poncho, als der noch klein und wendig gewesen war, fühlte er sich so glücklich wie noch nie in seinem Leben. Ausgelassen zog das Tier schnelle Kreise um ihn, sprang über seinen Kopf, hielt wenige Zentimeter vor seinem Gesicht inne und sah ihn freundlich an. Manchmal kam der Delfin ganz nah, und Alex konnte seine Haut berühren, die nicht glatt

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