Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
er leise zu sich selbst. »Schließlich bedeutet das Verteidiger des Menschen, also auch der Mädchen.« Er zog seinen Anorak und die Bergschuhe an, die er immer trug, wenn er mit seinem Vater in Kalifornien zum Felsklettern ging; dann schnappte er sich sein Geld und verließ das Zimmer, um jemanden zu finden, der ihm ein Pferd lieh.
    Als er aus der Hoteltür trat, sah er Borobá, der vor dem Eingang zusammengebrochen war. Alex bückte sich zu ihm hinunter, und sein Herz krampfte sich zusammen, denn der kleine Affe lag da wie tot, aber als Alex ihn berührte, schlug er die Augen auf. Alex streichelte ihn, rief ihn leise und trug ihn in die Küche, wo er um ein bisschen Obst bat. Borobá hatte Schaum vorm Mund, seineAugen waren blutunterlaufen, sein kleiner Körper von Schrammen übersät, die Handflächen und Füße aufgerissen und blutig. Er war am Ende seiner Kräfte, aber nachdem er eine Banane gegessen und ein paar Schlucke Wasser getrunken hatte, kehrten seine Lebensgeister langsam wieder zurück.
    »Weißt du, wo Nadia ist?«, fragte ihn Alex, während er ihm das Blut abwusch, wusste aber das Kreischen und Gestikulieren des Affen nicht zu deuten.
    Was hätte Alex darum gegeben, sich mit Borobá verständigen zu können! Er hätte es ja lernen können, als er am Amazonas war und ihm Nadia immer wieder angeboten hatte, ihm die Affensprache beizubringen, die sich, wie sie behauptete, aus ein paar wenigen Lauten zusammensetzt und kinderleicht zu lernen ist. Aber er hatte das für überflüssig gehalten, weil Borobá und er sich sowieso nicht viel zu sagen hatten und zudem Nadia immer dabei gewesen war, um zu übersetzen. Und jetzt hatte der Affe bestimmt die wichtigste Information der Welt für ihn!
    Er nahm Borobá mit auf sein Zimmer, wechselte die Batterien seiner Taschenlampe und steckte sie zu der übrigen Bergsteigerausrüstung in den Rucksack. Die Sachen waren schwer, aber ein Blick auf die Bergkette rund um Tunkhala genügte, um einzusehen, dass er sie brauchen würde. Er ging wieder in der Küche, packte Obst, Brot und Käse als Wegzehrung ein und bat dann an der Rezeption um ein Pferd, denn die waren hier das Haupttransportmittel, und das Hotel besaß etliche. Im Sommer war er oft geritten, wenn sie die Ferien auf der Ranch seiner Großeltern mütterlicherseits verbracht hatten, bloß gab es dort keine Berge. Aber das Pferd würde schon wissen, wie es die Steilhänge hinaufkam. Er packte Borobá unter seinen Anorak, so dass nur noch der Kopf und die Ärmchen herausguckten, und preschte im Galopp los in die Richtung, in die der Affe wies.
    ~
    Der Morgen verrann, und langsam begriff Nadia, wie aussichtslos ihre Lage war. Nachdem sie Borobá weggeschickt hatte, behielt sie von oben den steilen Abhang im Auge. Das üppige Grün in denTälern und an den Hängen des Verbotenen Reichs wurde lichter, je höher man kam, um schließlich ganz zu verschwinden. In den Tälern hing noch der Morgendunst, hier oben konnte sie jedoch ungefähr erkennen, wohin sich die Blauen Krieger wandten, nachdem sie ihre Flucht bemerkt hatten. Einer machte sich dorthin auf, wo sie die Pferde zurückgelassen hatten, bestimmt, um dem Rest der Gruppe Bescheid zu sagen. Nadia zweifelte nicht daran, dass noch etliche Männer mehr zu dieser Bande gehörten, sie hatten doch eine Menge Zaumzeug und Vorräte in der Höhle gebunkert, aber wie viele es tatsächlich waren, vermochte sie nicht zu schätzen.
    Die übrigen Skorpionkrieger aus der Höhle ließen die Entführten mit der Narbenfrau allein und suchten die Umgebung ab. Es dauerte nicht lange, da kam der Erste auf den Gedanken, den Abhang hinauf zu klettern. Nadia begriff, dass sie hier nicht bleiben konnte, über kurz oder lang würden ihre Verfolger sie aufspüren. Sie sah sich um, und die Knie wurden ihr weich. Zwar gab es hier viele Stellen, wo man sich verstecken konnte, aber wenn sie sich zu weit entfernte, würde sie sich womöglich verlaufen. Sie wandte sich ein Stück nach Osten und entschied sich schließlich für einen tiefen Graben, einen fast senkrechten Einschnitt im Berg. Er sah aus wie das perfekte Versteck, dort unten zwischen den Felsen und Büschen würde sie vor den Blicken ihrer Verfolger sicher sein, allerdings zweifelte sie, ob sie je wieder dort herauskommen würde.
    Und wenn die Blauen Krieger sie nicht fanden, dann würde auch Jaguar sie nicht finden. Sie hoffte inständig, dass er nicht auf die Idee käme, allein nach ihr zu suchen, denn er konnte es doch nie

Weitere Kostenlose Bücher