Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
Plan vorgezogen, nach dem im entscheidenden Moment ein mit einem Maschinengewehr ausgerüsteter Hubschrauber im Palastgarten hätte landen sollen, um den König mitsamt Drachen außer Landes zu schaffen. Keiner hätte sie aufhalten können. Die Luftwaffe des Verbotenen Reichs bestand aus vier veralteten Propellermaschinen, die man vor über zwanzig Jahren in Deutschland gekauft hatte, und die drehten nur zu Neujahr ein paar Runden, um zur Belustigung der Kinder Papierflieger über der Hauptstadt abzuwerfen. Bis man mit denen die Verfolgung aufgenommen hätte, wäre er mit der Beute längst über alle Berge gewesen. Der Spezialist hatte jedoch in letzter Minute ohne stichhaltige Begründung den Plan über den Haufen geworfen. Man dürfe kein Aufsehen erregen und schon gar nicht die friedfertigen Menschen im Verbotenen Reich aus der Luft beschießen, hatte er lediglich erklärt, sonst werde sich das womöglich zu einem internationalen Skandal auswachsen. Sein Kunde, der Sammler, wünsche diskretes Vorgehen.
    Also musste sich Tex Gürteltier mit dem Alternativplan abfinden, der ihm weit weniger ausgefeilt und sicher erschien als der erste. Kaum war der König in der Heiligen Kammer überwältigt, klebte er ihm mit Textilband den Mund zu und stieß ihm eine Betäubungsspritze in den Arm, was ihn im Nu außer Gefecht setzte. Auch hier war die Anweisung klar: Der Monarch musste unversehrt ins Kloster geschafft werden, denn schließlich sollte er ihnen noch verraten, wie man die Botschaften des Drachen entschlüsselte.
    »Der König ist in asiatischer Kampfkunst geübt und weiß sich zu verteidigen, seien Sie also gewappnet«, hatte der Spezialist gesagt. »Aber gehen Sie nicht zu weit, ich warne Sie: Wenn ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird, kommt Sie das teuer zu stehen.«
    Tex Gürteltier verlor langsam die Geduld mit seinem Boss, aber jetzt blieb ihm keine Zeit, weiter darauf herumzureiten.
    Die vier Skorpionkrieger waren die reinsten Nervenbündel, was sie allerdings nicht daran hinderte, einige goldene Kandelaber und Duftschalen aus den Halterungen zu reißen. Schon wollten sie mit ihren Dolchen das Edelmetall von den Wänden kratzen, da bellte der Amerikaner ihnen einen Befehl zu.
    Zwei packten den leblosen König unter den Achseln und an den Knöcheln, während die anderen beiden die schwere Statue von dem schwarzen Steinsockel wuchteten, auf dem sie seit achtzehn Jahrhunderten gestanden hatte. Im Raum war noch immer ein Nachhall vom Dröhnen des Drachen zu spüren. Tex Gürteltier konnte das Ding jetzt nicht genauer unter die Lupe nehmen, wahrscheinlich funktionierte es wie eine Art Musikinstrument. Dass man damit etwas über die Zukunft erfuhr, glaubte er sowieso nicht, das konnte man vielleicht seiner Großmutter weismachen, und im Grunde spielte es ja auch keine Rolle: Das Objekt als solches war Unsummen wert. Was würde der Spezialist an diesem Auftrag verdienen? Mit Sicherheit etliche Millionen Dollar. Und was fiele für ihn ab? Das war ja kaum mehr als ein Trinkgeld.
    Die beiden Skorpionkrieger gingen in die Knie, als sie die Statue mit Hilfe von vier langen Sattelgurten anhoben. Die war sicher zentnerschwer, und Tex verstand endlich, warum der Spezialist darauf bestanden hatte, dass er sechs Helfer mitnahm. Jetzt fehlten ihm die zwei, die durch die Fallen ums Leben gekommen waren.
    Mit dem König und der Statue im Gepäck war der Rückweg fast genauso beschwerlich wie der Hinweg, obwohl sie jetzt wussten, wo es langging, und einigen Hindernissen ausweichen konnten. Außerdem hatte Tex Gürteltier zu seiner Erleichterung festgestellt, dass die psychologischen Fallen nicht aktiviert waren, wenn man den Weg in umgekehrter Richtung zurücklegte. Dennoch durfte er nichts überstürzen und musste die Augen offen halten, denn dieser Palast hatte womöglich noch einige unangenehme Überraschungen in der Hinterhand. Sie erreichten die Letzte Tür jedoch ohne Zwischenfälle. Im Vorraum kamen sie an den beiden erdolchten Wachsoldaten vorbei. Keinem fiel auf, dass der eine noch atmete.
    Tex Gürteltier mit dem Navigationsgerät voraus, schleppten sie Drachen und König durch das labyrinthische Untergeschoss und traten schließlich durch den rückwärtigen Dienstboteneingangwieder in den Garten, wo sie von den anderen erwartet wurden. Die hatten Judit Kinski dabei, gefesselt und geknebelt. Tex Gürteltier hatte Anweisung gegeben, ihr kein Betäubungsmittel zu verabreichen und nicht zu grob mit ihr umzuspringen. Wer sie

Weitere Kostenlose Bücher