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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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drei Tagen mit der Beute im Chenthan Dzong abholen sollte.
    Der König war zu sich gekommen, litt aber noch unter den Nachwirkungen der Betäubung, ihm war schwindlig, er war durcheinander und konnte sich an nichts erinnern. Judit Kinski stützte seinen Kopf und erklärte ihm leise, was geschehen war. Aus ihrer Handtasche, die sie wie durch ein Wunder hatte retten können, kramte sie eine kleine Feldflasche und gab dem König einen Schluck Whiskey. Es schüttelte ihn, aber schließlich konnte er sich aufsetzen.
    »Was soll das!« Aus der Stimme des Königs war alle Milde gewichen.
    Als er sah, wie die Statue in einer Plane verpackt und auf einen flachen Eisenkarren gewuchtet wurde, vor den man ein Pferd gespannt hatte, wurde ihm schlagartig die ganze Tragweite dieses Unglücks bewusst.
    »Das ist Frevel«, sagte er leise und dann drohend: »Der Goldene Drache ist das Symbol meines Landes. Er ist heilig. Ein sehr alter Fluch trifft jeden, der Hand an ihn legt.«
    Erbost holte der Anführer der Skorpionkrieger zum Schlag gegen den König aus, aber der Amerikaner stieß ihn zur Seite und blaffte den König an:
    »Klappe halten und tun, was ich sage, wenn Sie nicht noch mehr Schwierigkeiten wollen.«
    »Lassen Sie Frau Kinski frei, sie ist Ausländerin und hat mit der Sache hier nichts zu tun«, sagte der König fest.
    »Sie haben doch gehört, was ich sage, halten Sie die Klappe, oder Ihre liebe Frau Kinski muss es ausbaden, kapiert?«
    Judit legte dem König die Hand auf den Arm und bat ihn flüsternd, sich ruhig zu verhalten, im Moment könnten sie doch nichts tun, besser, sie warteten auf eine günstige Gelegenheit.
    »Los, wir haben schon genug Zeit verloren«, drängte der Anführer der Skorpionkrieger.
    »Der König kann noch nicht reiten«, sagte Judit Kinski, als sie sah, dass er wie ein Betrunkener schwankte.
    »Runter vom Wagen, er reitet mit einem von denen, bis er wieder beisammen ist.« Tex Gürteltiers Tonfall duldete keinen Widerspruch.
    Der Amerikaner fuhr den Pick-up in eine Mulde, in der er zur Hälfte verschwand, den Rest deckten sie mit Zweigen ab, und dann brachen sie in einer langen Reihe in Richtung Berge auf. Die Sonne schien, aber an manchen Gipfeln hatten sich Wolken verfangen. Stetig ging es bergauf, sie würden den dschungelähnlichen Wald mit seinen Bananen, Riesenrhododendren, Magnolien und Hibiskusbüschen irgendwann hinter sich lassen. Dann würde die Gegend sich schlagartig ändern, karges Land, durch das sich schwierige Bergpfade wanden, die an vielen Stellen von Steinlawinen verschüttet waren oder von Sturzbächen in glitschige Schlammpisten verwandelt wurden. Der Aufstieg würde heikel werden, aber der Amerikaner vertraute auf die Erfahrung der Skorpionkrieger und auf ihre gut ausgebildeten Pferde. Waren sie erst einmal in den Bergen, würde nichts sie mehr aufhalten, niemand wusste, wo sie waren, und selbst wenn man ihre Spur fand: Sie waren uneinholbar.
    ~
    Tex Gürteltier ahnte nicht, dass die Skorpionkrieger in den Bergen bereits entdeckt worden waren und gerade, paarweise verschnürt, hungrig und durstig darauf hofften, dass kein Tiger käme, um sie ihrerseits zum Abendessen zu verspeisen. Die Gefesselten sollten Glück haben, denn schon am nächsten Tag wurden sie von einem Trupp von Soldaten des Königs und nicht von den Raubkatzen gefunden. Pema hatte ihnen beschrieben, wo die Höhle der Skorpionsekte lag.
    Gemeinsam mit ihren Gefährtinnen hatte sie einen Feldweg erreicht, und dem folgten die fünf, bis sie, am Ende ihrer Kräfte, von einem Bauern aufgelesen wurden, der eben mit einem zweispännigen Karren sein Gemüse zum Markt bringen wollte. Wegen der geschorenen Haare hielt der Mann sie von weitem für Nonnen,wunderte sich allerdings, dass vier der fünf Mädchen Festtagsgewänder trugen. In seinem Dorf gab es weder Zeitung noch Fernsehen, aber über Radio hatte er wie alle Einwohner des Landes von der Entführung erfahren. Auch wenn er die Mädchen nicht wiedererkennen konnte, da er nie Fotos von ihnen gesehen hatte: Dass sie Hilfe brauchten, war klar. Pema stand mit ausgebreiteten Armen mitten auf dem Weg, er hielt an, und sie erzählte ihm hastig, was vorgefallen war.
    »Der König ist in Gefahr, ich muss sofort telefonieren«, schloss sie.
    Der Bauer wendete sein Fuhrwerk, und im Trab ging es zu seinem winzigen Dorf. In der Schule gab es ein Telefon, und während Pema versuchte, jemanden im Königspalast von Tunkhala zu erreichen, kümmerten sich die Frauen des

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