Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
nötig auf den Rücken, während Nadia ein Glas Wasser holen ging.
    »Schade, dass Tensing im Tal der Yetis ist, sonst hätte er dir ein paar mysteriöse Nadeln gesetzt und dich mit seinen Gebeten geheilt. Ich fürchte, du musst das Rauchen endgültig lassen, Oma.«
    »Nenn mich nicht Oma!«
    ~
    Am Abend vor ihrem Heimflug in die Vereinigten Staaten fanden sich die Mitglieder der Expedition des International Geographic mit der Königsfamilie und General Kunglung im Palast der tausend Räume ein, nachdem sie an der Beisetzung von Dil Bahadurs Vater teilgenommen hatten. Nach alter Sitte war der tote König verbrannt worden, und seine Asche hatte man in vier alte Alabasterurnen gefüllt, die von eigens ausgesuchten Reitern in alle vier Himmelsrichtungen an die Grenzen des Landes gebracht wurden,um sie dort in den Wind zu streuen. Weder sein Volk noch seine Familie, die den König so sehr geliebt hatten, weinten um ihn, denn man glaubte, dass die Trauer den Geist des Verstorbenen zwingt, in der Welt zu verweilen und die Hinterbliebenen zu trösten. Deshalb sollte man fröhlich sein, damit der Geist guten Mutes im Rad der Wiedergeburt aufsteigen konnte, sich weiter entwickelte, bis er schließlich die Erleuchtung und das Höchste erreichen konnte, das Nirwana.
    »Vielleicht erweist uns mein Vater die Ehre, in unserem ersten Sohn wiedergeboren zu werden«, sagte Dil Bahadur.
    Die Teetasse in Pemas Hand klirrte und verriet, wie aufgeregt die zukünftige Königin war. Sie war ganz in Seide und Brokat gekleidet, trug Lederstiefel und goldene Armreife und Ohrringe, aber ihr Kopf war unbedeckt, denn sie war stolz darauf, dass ihr schönes Haar einer guten Sache gedient hatte. Dass sie so selbstbewusst auftrat, hatte den anderen vier kahlgeschorenen Mädchen über ihre Scham hinweggeholfen. Der fünfzig Meter lange geflochtene Zopf war als Opfergabe vor den Großen Buddha des Palastes gelegt worden, und die Leute pilgerten hin, um einen Blick darauf zu werfen. Das Geschehene war in aller Munde, und die Mädchen traten dauernd im Fernsehen auf, was zu einem hysterischen Nachahmungseffekt unter den Halbwüchsigen führte, die sich massenhaft die Haare abschnitten, um so zu sein wie ihre Idole, bis Dil Bahadur höchstpersönlich über den Bildschirm flimmerte und sagte, das Königreich bedürfe dieser speziellen Beweise der Vaterlandsliebe nicht. Alex erzählte, in den Vereinigten Staaten sei es gerade angesagt, sich die Haare ratzekahl abzuschneiden, sich zu tätowieren und sich haufenweise Ringe durch die Nasenflügel, die Ohren und den Nabel zu ziehen, aber das nahm ihm niemand ab.
    Sie saßen im Kreis auf Kissen auf dem Boden, tranken Chai, den zuckersüßen, aromatischen Tee aus Indien, und versuchten damit die backsteinähnliche Schokoladentorte hinunterzuspülen, die sich die Nonnen der Palastküche extra zu Ehren der ausländischen Besucher hatten einfallen lassen. Tschewang, der königliche Leopard, lag mit dem Kopf zwischen den Tatzen vor Nadia. Seit dem Tod des Königs war die schöne Raubkatze sichtlichniedergedrückt. Einige Tage hatte der Leopard nicht fressen wollen, bis Nadia ihm in Katzensprache klargemacht hatte, dass er sich fortan um Dil Bahadur würde kümmern müssen.
    »Vor seinem Aufbruch ins Tal der Yetis hat mir mein ehrwürdiger Meister Tensing etwas für dich gegeben«, sagte Dil Bahadur zu Alexander.
    »Für mich?«
    »Eigentlich nicht für dich, sondern für deine ehrwürdige Mutter.« Der neue König reichte ihm eine kleine Holzschatulle.
    »Was ist das?« Alex besah sich den Inhalt.
    »Drachenkot.«
    »Was?«, kam es von Alex, Nadia und Kate fast gleichzeitig.
    »Es heißt, er besitzt große Heilkräfte. Möglicherweise geht es deiner ehrwürdigen Mutter bald besser, wenn du ihr etwas davon in Reisschnaps gelöst zu trinken gibst.«
    »Ich soll meiner Mama das einflößen?« Alex schüttelte es bei dem Gedanken.
    »Vielleicht sagst du ihr besser nicht, was es ist. Er ist versteinert. Das ist nicht dasselbe wie frischer Kot. Glaube ich wenigstens … Jedenfalls besitzt er magische Kräfte. Ein Stück davon hat mich vor den Klingen der Blauen Krieger beschützt.« Dil Bahadur zeigte ihm den kleinen Brocken, der an einem Lederriemen um seinen Hals baumelte.
    Unwillkürlich verdrehte Kate die Augen und hatte ganz kurz einen spöttischen Zug um den Mund, aber Alex fühlte sich geehrt, bedankte sich und steckte die Schatulle in seine Hemdtasche.
    »Der Goldene Drache ist bei der Explosion geschmolzen, was

Weitere Kostenlose Bücher