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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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den Hintern. Genervt schnaubte er, schüttelte Borobá ab und hatte Mühe, auf die Füße zu kommen, weil er durch seine schlammverspritzte Brille nichts sah. Er suchte nach einem sauberen Zipfel seines T-Shirts und wollte die Gläser abwischen, als Kobis Rüssel ihn im Rücken traf. Er kippte vornüber. Bis Alex wieder stand, hatte Kobi sich umgedreht, hatte sein massiges Hinterteil in Position gebracht undblies ihm einen volltönenden Darmwind ins Gesicht. Die übrigen Expeditionsteilnehmer prusteten vor Lachen.
    Nadia hatte es mit dem Absteigen nicht eilig und wartete lieber, bis Kobi ihr behilflich war, mit Würde auf die Erde zu kommen. Sie setzte einen Fuß auf das Knie, das er ihr anbot, umschlang mit einem Arm seinen Rüssel und schwebte wie eine Balletttänzerin zu Boden. So zuvorkommend war Kobi zu niemandem sonst, selbst zu Michael Mushaha nicht, für den er Respekt, aber keine Zuneigung empfand. Er war ein Tier mit festen Grundsätzen. Es war eine Sache, Touristen auf seinem Rücken reiten zu lassen, eine Arbeit wie jede andere auch, für die er mit vorzüglichem Essen und Schlammbädern entschädigt wurde, und etwas ganz anderes, für eine Handvoll Erdnüsse Zirkuskunststücke aufzuführen. Er mochte Erdnüsse, keine Frage, aber noch lieber machte er Leuten wie Alex das Leben schwer. Warum er ihn nicht leiden konnte? Er wußte es nicht genau, der Kerl war ihm einfach ein Dorn im Auge. Ständig war er mit Nadia zusammen. Die Herde bestand aus dreizehn Tieren, aber er musste partout mit dem Mädchen reiten. Es zeugte nicht eben von Fingerspitzengefühl, dass er sich derart zwischen ihn und Nadia stellte. Merkte er denn nicht, dass sie sich in Ruhe unterhalten wollten? Ein deftiger Stoß mit dem Rüssel und eine verpestete Brise dann und wann waren das Mindeste, was der Kerl verdiente. Als Nadia festen Boden unter den Füßen hatte, trompetete Kobi gedehnt, und sie drückte ihm als Dankeschön einen Kuss auf den Rüssel. Dieses Mädchen wusste, was sich gehörte, sie würde ihn nie lächerlich machen, indem sie ihm Erdnüsse unter die Nase hielt.
    »Dieser Elefant ist in Nadia verknallt«, witzelte Kate Cold.
    Was sich da zwischen Nadia und Kobi anbahnte, gefiel Borobá ganz und gar nicht. Er beäugte es argwöhnisch. Nadias Interesse an der Sprache der Dickhäuter konnte gefährliche Folgen für ihn haben. Sie würde doch nicht etwa ihr Haustier wechseln wollen? Vielleicht war es an der Zeit, sich krank zu stellen, um ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zurückzugewinnen, aber womöglich ließ sie ihn dann im Camp, und damit würde er die wunderbaren Ausflüge in den Nationalpark verpassen. Dann würde er sich die wilden Tiere nicht ansehen können, und außerdem durfte er seinenRivalen nicht aus den Augen lassen. Er sprang auf Nadias Schulter – das war sein Platz, ganz allein seiner – und drohte dem Elefanten mit der Faust.
    »Und der Affe ist eifersüchtig«, ergänzte Kate.
    Mit ihren siebenundsechzig Jahren ließ Kate sich kaum mehr etwas vormachen, und Borobás wechselnde Launen kannte sie nur zu gut, denn sie lebte seit fast zwei Jahren mit ihm unter einem Dach. Von Anfang an war es gewesen, als hätte sie einen kleinen pelzigen Mann in ihrer Wohnung. Nadia hatte darauf bestanden, Borobá mitzubringen, sonst wäre sie nicht zu ihr nach New York gezogen, um dort die Schule zu besuchen. Die beiden waren unzertrennlich. Nadia hatte sogar eine Ausnahmegenehmigung bekommen, damit sie ihn mit in die Schule nehmen konnte. Borobá war der erste Affe in der Geschichte der städtischen Bildungsanstalten, der regelmäßig am Unterricht teilnahm. Kate wäre nicht überrascht gewesen, hätte sie erfahren, dass er lesen konnte. Zuweilen hatte sie Albträume, in denen der Affe mit einer Brille auf der Nase und einem Glas Brandy in der Hand auf ihrem Sofa saß und den Wirtschaftsteil der Zeitung studierte.
    Kate betrachtete sich das sonderbare Trio aus Alexander, Nadia und Borobá. Der Affe, der auf jedes Geschöpf eifersüchtig war, das in Nadias Nähe kam, hatte in Alexander zu Anfang nur ein unvermeidliches Übel gesehen, ihn mit der Zeit jedoch ins Herz geschlossen. Vielleicht hatte er gespürt, dass er Nadia in diesem Fall besser nicht wie sonst vor die Alternative »er oder ich« stellen sollte. Wer weiß, für wen der beiden sie sich entschieden hätte. Kate dachte bei sich, wie sehr Alexander und Nadia sich im letzten Jahr doch verändert hatten. Nadia würde bald fünfzehn werden und ihr Enkel achtzehn, er

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