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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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sah schon nicht mehr wie ein Grünschnabel aus und benahm sich auch nicht mehr so.
    Auch Nadia und Alex war die Veränderung nicht entgangen. Während der langen Phasen, in denen sie sich nicht sehen konnten, hatten sie sich mit ihren E-Mails die Finger wund geschrieben. Sie hatten ihre Tage vor dem Bildschirm verbracht, ein endloses Gespräch in die Tasten gehackt und sich über die ödesten Belanglosigkeiten ihres Alltags und die tiefschürfenden Fragen der Menschheit ausgetauscht. Zwar hatten sie sich öfter auchFotos geschickt, dennoch waren sie aus allen Wolken gefallen, als sie sich wiedersahen. Alexander hatte in der Zwischenzeit einen kräftigen Schuss gemacht und war jetzt so groß wie sein Vater. Seine Gesichtszüge waren markanter geworden, und in den letzten Monaten hatte er sich täglich rasieren müssen. Nadia war nicht mehr das hagere kleine Mädchen mit Papageienfedern im Haar, das er vor einigen Jahren am Amazonas kennen gelernt hatte. Mittlerweile konnte man ahnen, wie sie bald als erwachsene Frau aussehen würde.
    Kate war mit den beiden in Afrika auf der ersten Safari mit Elefanten, die es für Touristen gab. Die Idee, sich auf diese Weise den Wildtieren zu nähern, stammte von Michael Mushaha, einem afrikanischen Naturforscher, der in London studiert hatte. Zwar waren afrikanische Elefanten nicht so leicht zu zähmen wie die indischen, die man in vielen Ländern Asiens als Arbeitstiere einsetzt, aber mit Geduld und Geschick war es ihm gelungen. Der Werbeprospekt für die Safari erklärte kurz, worum es bei der Idee ging: »Die Elefanten bewegen sich in ihrem natürlichen Lebensraum und scheuchen die anderen Tiere nicht auf. Sie brauchen kein Benzin und keine Wege, verschmutzen die Umwelt nicht und erregen kein Misstrauen.«
    Als Kate angetragen wurde, einen Artikel darüber zu schreiben, war sie gerade mit Alexander und Nadia zu Besuch im Reich des Goldenen Drachen. König Dil Bahadur und seine Frau Pema hatten die drei in die Hauptstadt Tunkhala eingeladen, damit sie ihren ersten Sohn kennen lernten und an den Willkommensfeierlichkeiten für die neue Drachenstatue teilnahmen. Ein mit Kate befreundeter Juwelier hatte für die ursprüngliche Statue, die durch eine Explosion zerstört worden war, einen originalgetreuen Ersatz gefertigt.
    Zum ersten Mal in der Geschichte des Himalaja-Königreichs bot sich den Bewohnern die Gelegenheit, die geheimnisvolle Statue, zu der früher nur die gekrönten Häupter Zugang gehabt hatten, mit eigenen Augen zu sehen. Dil Bahadur hatte den mit Edelsteinen besetzten goldenen Drachen in einem der Säle des Königspalastes ausstellen lassen, und die Menschen strömten herbei, um ihn zu bestaunen, und brachten ihm Blumen und Weihrauch dar.Es war wunderschön anzusehen. Beschienen von hundert kleinen Öllampen, stand die Statue auf einem einfarbigen Holzsockel. Vier Soldaten in traditioneller Galauniform, mit Pelzkappen und Federbusch und schmucken Lanzen hielten Wache. Dil Bahadur hatte sich aufwändigere Sicherheitsmaßnahmen verbeten, denn er wollte sein Volk nicht beleidigen.
    Die offizielle Zeremonie zur Begrüßung der Statue war eben beendet, als man Kate mitteilte, sie habe einen Anruf aus den Vereinigten Staaten. Das Telefonnetz des Landes war veraltet, und für Auslandsgespräche brauchte man gute Nerven, aber nach vielem Gebrülle und etlichen Wiederholungen hatte der Herausgeber der Zeitschrift International Geographic der Reporterin begreiflich gemacht, worum es bei ihrem nächsten Auftrag gehen sollte. Er bat sie, unverzüglich nach Kenia aufzubrechen.
    »Dann müssen mein Enkel und seine Freundin Nadia mitfahren, die sind mit mir hier«, erklärte Kate.
    »Die Zeitschrift kommt nicht für die Kosten auf, Kate!«, antwortete der Herausgeber wie vom anderen Ende des Universums.
    »Dann fahre ich nicht!«, brüllte Kate zurück.
    Er hatte nachgegeben, und so war sie einige Tage später mit Alexander und Nadia in Nairobi gelandet, wo sich ihnen die beiden Fotografen anschlossen, die immer mit ihr arbeiteten, der Engländer Timothy Bruce und der Mexikaner Joel González. Kate hatte sich zwar geschworen, ihren Enkel und Nadia nie wieder auf eine ihrer Reisen mitzunehmen, weil sie die letzten beiden Male für mehr Wirbel gesorgt hatten, als ihr lieb gewesen war, aber dies hier war ja ein touristisches Vergnügen und vollkommen harmlos.
    ~
    Einer von Michael Mushahas Angestellten erwartete die Reisenden am Flughafen. Er begrüßte sie und brachte sie ins Hotel,

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