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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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versicherte Ariosto und trank einen Schluck.
    »Nein, Mann! Hast du nicht zugehört? Wir müssen Geduld haben.«
    »Dann erklär mir deinen Plan noch einmal.«
    »Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, ich kümmere mich schon darum, dass er funktioniert. In weniger als drei Monaten haben wir freie Bahn.«
    In diesem Augenblick spürte Alex etwas an seinem Fuß und stieß einen erstickten Schrei aus: Eine Schlange glitt über seine nackte Haut. Nadia hob einen Finger an die Lippen und bedeutete ihm, sich nicht zu rühren. Carías und Ariosto waren alarmiertaufgesprungen und zogen gleichzeitig ihre Waffen. Der Hauptmann knipste seine Taschenlampe an, suchte die Terrasse ab, und der Lichtkegel streifte um Haaresbreite die Stelle, wo Nadia und Alex sich gegen die Wand pressten. Alex war so entsetzt, dass er mit Freude den Pistolen gegenübergetreten wäre, wenn er nur die Schlange hätte abschütteln können, die sich jetzt um seinen Knöchel ringelte, aber Nadia hielt ihn am Arm fest, und er begriff, dass er nicht auch noch ihr Leben in Gefahr bringen durfte.
    »Wer da?«, raunte der Hauptmann leise, um nicht die Schlafenden im Hotel aufzuscheuchen.
    Stille.
    »Gehen wir, Ariosto!«
    Der Hauptmann suchte noch einmal mit der Taschenlampe herum, dann machten beide, ohne die Waffen sinken zu lassen, einige Schritte rückwärts auf die Treppe zu, über die man auf die schlammige Straße gelangte. Einige Minuten verstrichen, ehe Nadia das Gefühl hatte, sich unbemerkt bewegen zu können. Alex’ Wade war mittlerweile ganz von der Schlange eingewickelt, ihr Kopf befand sich auf der Höhe seines Knies, und der Schweiß lief ihm in Strömen über den Körper. Nadia zog ihr T-Shirt aus, umwickelte ihre rechte Hand damit und packte die Schlange ganz vorsichtig knapp hinter dem Kopf. Sofort spürte Alex, wie das Reptil fester zudrückte und wütend mit dem Schwanz schlug, aber Nadia ließ nicht locker und löste die Schlange schließlich sachte von seinem Bein, bis das Tier schlaff in ihrer Hand hing. Sie ließ ihren Arm wie ein Windrad kreisen, holte Schwung und schleuderte die Schlange über das Terrassengeländer in die Dunkelheit. Seelenruhig zog sie sich schließlich das T-Shirt wieder an.
    »War die giftig?«, fragte Alex, kaum hatte er die Sprache wiedergefunden; noch immer schlotterte er am ganzen Körper.
    »Ja, ich glaube, es war eine Surucucú, aber keine sehr große. Sie hat ein kleines Maul und kann den Kiefer nicht sehr weit öffnen, sie hätte dich bloß in den Finger beißen können, nicht ins Bein«, antwortete Nadia. Dann übersetzte sie ihm das Gespräch zwischen Carías und Ariosto.
    »Was haben diese Mistkerle vor? Was sollen wir machen?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung. Ich könnte es höchstens meiner Großmutter erzählen, aber ich weiß nicht, ob sie mir glauben würde; sie denkt sowieso schon, dass ich eine Meise habe und überall Feinde und Gefahren sehe.«
    »Im Moment können wir nur abwarten und die Augen offen halten, Alex …«, befand Nadia.
    ~
    Die beiden kehrten in ihre Hängematten zurück. Völlig erschöpft schlief Alex auf der Stelle ein und wurde im Morgengrauen von dem ohrenbetäubenden Brüllen der Affen geweckt. Er hatte einen solchen Heißhunger, dass er mit Vergnügen die Pfannkuchen seines Vaters verdrückt hätte, aber er fand nichts Essbares und musste zwei Stunden ausharren, ehe seine Reisegefährten bereit zum Frühstücken waren. Sie boten ihm schwarzen Kaffee, lauwarmes Bier und die kalten Tapirreste vom Vorabend an. Angeekelt lehnte er ab. Er hatte noch nie einen Tapir gesehen, malte ihn sich aber aus wie eine große Ratte; einige Tage später sollte er zu seiner Überraschung herausfinden, dass es ein über hundert Kilo schweres Tier war, das so ähnlich wie ein Schwein aussah und wegen seines Fleisches sehr geschätzt wurde. Er griff sich eine Banane, aber sie schmeckte bitter und hinterließ einen pelzigen Belag auf der Zunge, erst später erfuhr er, dass diese Art Bananen gekocht werden musste. Nadia, die früh am Morgen mit ein paar anderen Mädchen aus dem Dorf im Fluss gebadet hatte, kam zurück mit einer frischen Blume hinter dem einen und der grünen Feder im anderen Ohr, hatte Borobá dabei, der sich an ihren Hals klammerte, und eine halbe Ananas in der Hand. Alex hatte gelesen, um auf Nummer Sicher zu gehen, solle man in den Tropen nur Früchte essen, die man selbst geschält hat, aber er entschied, dass ihm das Risiko, Typhus zu bekommen, lieber war, als hier langsam

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