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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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könnten sie in die unzugängliche Bergregion vordringen, wo nach Aussage einiger Indianer und Abenteurer die geheimnisumwitterte Bestie ihren Bau haben könnte.
    »Wie kann ein riesiges Wesen diese Berge hinauf- und herabsteigen, die wir angeblich nicht erklimmen können?«, fragte Kate Cold.
    »Das werden wir herausfinden«, sagte César Santos.
    »Und wie bewegen sich die Indianer dort ohne Flugzeug?«
    »Sie kennen das Gelände. Die Indianer können eine turmhohe Palme erklimmen, deren Stamm mit Dornen gespickt ist. Sie schaffen es auch, die spiegelglatten Felswände der Wasserfälle hinaufzuklettern.«
    Einen großen Teil des Vormittags verbrachten sie damit, die Boote zu beladen. Professor Leblanc hatte mehr Gepäck als die Fotografen und nahm sogar kistenweise Trinkwasser mit, das er selbst zum Rasieren benutzte, weil er fürchtete, das Flusswasser könne vom Quecksilber verseucht sein. Vergeblich versuchte César Santos ihm klarzumachen, dass sie ihr Lager stromaufwärts errichten würden, in sicherer Entfernung von den Goldwäschern. Auf Vorschlag des Führers hatte Leblanc Karakawe, den Indianer, der ihm am Vorabend Luft zugefächelt hatte, als seinen persönlichen Gehilfen eingestellt, damit er ihm auf der Reise zur Hand ging. Er selbst erklärte, er habe ein Rückenleiden und könne überhaupt nichts schleppen.
    Vom Beginn dieses Abenteuers an war es Alexanders Aufgabe gewesen, sich um die Sachen seiner Großmutter zu kümmern. Das war Teil seiner Arbeit, für die sie ihm nach ihrer Rückkehr einen bescheidenen Lohn auszahlen würde, sofern er sie gewissenhaft erledigte. Täglich notierte Kate Cold in einem ihrer Hefte, wie viele Stunden ihr Enkel für sie gearbeitet hatte, und ließ ihn das Blatt unterschreiben, so behielten sie den Überblick. Irgendwann hatte er sich ein Herz gefasst und ihr erzählt, wie er alles in seinem Zimmer kurz und klein geschlagen hatte, bevor er nach New York geflogen war. Sie fand das gar nicht schlimm, denn ihrer Meinung nach brauchte man nur sehr wenige Dinge auf dieser Welt, sie hatte ihm aber trotzdem diese Entlohnung angeboten, damit erden Schaden ersetzen konnte. Das Reisegepäck der Großmutter bestand aus drei leichten Hemden, Hosen und Unterwäsche zum Wechseln, Wodka, Tabak, Shampoo, Seife, Mückenschutzmittel, Moskitonetz, Decke, Papier und einem Mäppchen mit Bleistiften, alles zusammen passte in eine Stofftasche. Außerdem hatte sie diese simple Pocketkamera dabei, bei deren Anblick die beiden professionellen Fotografen Timothy Bruce und Joel González in mildes Gelächter ausgebrochen waren. Kate hatte das wortlos über sich ergehen lassen. Alex hatte noch weniger Gepäck als seine Großmutter: außer seinen Anziehsachen bloß noch eine Landkarte und ein paar Bücher. Am Gürtel trug er sein Schweizer Messer, seine Flöte und einen Kompass. Als er den sah, erklärte ihm César Santos, im Urwald sei er zu nichts nütze, weil man nirgends geradeaus gehen könne.
    »Vergiss den Kompass, mein Junge. Besser, du bleibst mir auf den Fersen und verlierst mich nie aus den Augen.«
    Aber Alex gefiel die Vorstellung, an jedem Ort feststellen zu können, wo Norden ist. Seine Uhr dagegen war wirklich nicht zu gebrauchen, denn im Amazonasgebiet verging die Zeit anders als sonst auf dem Planeten, hier wurde sie nicht in Stunden gemessen, sondern in Sonnenaufgängen, Hochwassern, Jahreszeiten, Regenfällen.
    Zum Schutz der Expedition hatte Hauptmann Ariosto fünf Soldaten abkommandiert. Sie trugen Tarnuniformen und waren gut bewaffnet. César Santos hatte zusätzlich einen indianischen Führer angeheuert, der ihnen als Dolmetscher dienen sollte. Er war ein schmächtiges Kerlchen mit einem Gewehr über der Schulter und einer Pistole im Gürtel und wurde den Expeditionsteilnehmern als Matuwe vorgestellt. Wie Karakawe hatte auch er einen Namen angenommen, damit sich die Fremden mit ihm verständigen konnten; nur die Familien der beiden Indianer und ihre engsten Freunde durften sie bei ihrem wahren Namen nennen. Beide hatten ihre Stämme in sehr jungen Jahren verlassen, um die Schule der Missionare zu besuchen, wo sie auch getauft worden waren. Sie kleideten sich nach den Vorstellungen der Weißen, und auch ihr Haar trugen sie nicht in der traditionellen indianischen Art, dennoch hatten sie ihre Verbindung zu den Indianernbeibehalten. Matuwe wirkte zurückhaltend, fast schüchtern, kannte sich in der Gegend aber besser aus als irgendwer sonst und hatte noch nie eine Karte

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