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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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war, erzählten sie Omayra Torres, was Nadia gesehen hatte. Sie hörte sich alles sehr aufmerksam an und sah zum ersten Mal wirklich besorgt aus. Nichts von all dem, was ihnen bis dahin auf ihrer Reise zugestoßen war, hatte diese Frau aus der Ruhe bringen können; es war bewundernswert: Sie hatte die abgehärteten Nerven eines Samurai-Kriegers. Auch diesmal verlor sie nicht die Fassung, wollte aber alles ganz genau wissen. Sie öffnete die Kiste, und als sie sicher war, dass Karakawe die Siegel der einzelnen Glasampullen nicht aufgebrochen hatte, atmete sie erleichtert auf.
    »Dieser Impfstoff ist die einzige Überlebenschance für die Indianer. Wir sollten ihn hüten wie einen Schatz.«
    »Alex und ich haben Karakawe schon länger beobachtet, wir glauben, dass er das Funkgerät kaputtgemacht hat, aber mein Vater sagt, wir sollen ihn nicht beschuldigen, wenn wir keine Beweise haben.«
    »Wir dürfen deinen Vater nicht mit diesen Verdächtigungen beunruhigen, Nadia, der hat schon genug Sorgen. Gemeinsam können wir Karakawe unschädlich machen. Lasst ihn nicht aus den Augen, ihr zwei.« Nadia und Alex versprachen es ihr.
    Der Tag verging ohne Neuigkeiten. Am Morgen hatten sie versucht, Alex’ Fallenidee in die Tat umzusetzen, aber die Seileverhedderten sich immer in den bewachsenen Ästen, und so hatten sie es schließlich aufgeben müssen. César Santos mühte sich weiter mit dem Funkgerät ab, erfolglos. Timothy Bruce besaß ein Radio, mit dem sie zu Beginn ihrer Reise Nachrichten aus Manaus hatten hören können, aber so weit reichte der Empfang nicht. Sie langweilten sich, denn als sie erst einmal zwei Vögel und zwei Fische, ihre Verpflegung für den Tag, gefangen hatten, gab es nichts mehr zu tun; es war sinnlos, weiter zu fischen oder zu jagen, weil die Ameisen sofort über das Fleisch herfielen, und selbst wenn man die abhalten konnte, war es binnen Stunden gammlig. Die Indianer haben Recht, dachte Alex, es ist völliger Blödsinn, hier Vorräte anzulegen. Abwechselnd kümmerten sich die Expeditionsteilnehmer um das Feuer und sorgten dafür, dass eine hohe Rauchsäule aufstieg, damit sie bemerkt werden konnten, falls jemand nach ihnen suchte, obwohl César Santos versicherte, dazu sei es noch zu früh. Timothy Bruce kramte ein zerfleddertes Kartenspiel hervor, und sie spielten Poker, Black Jack und Räuber-Rommé, bis es dunkel zu werden begann. Vom widerlichen Gestank der Bestie war nichts zu merken.
    ~
    Nadia, Kate Cold und die Ärztin gingen zum Fluss, um sich zu waschen und sich kurz zwischen die Büsche zu setzen; es war ausgemacht, dass keiner allein das Lager verlassen sollte. Wenn eine der Frauen mal musste, gingen die drei zusammen, ansonsten teilte sich die Gruppe in Pärchen auf. César Santos sorgte dafür, dass er immer mit Omayra Torres zusammen war, was Timothy Bruce ziemlich ärgerte, denn auch der hatte ein Auge auf die Ärztin geworfen. Kate Cold hatte ihn zwar angeraunzt, er solle sich das knappe Filmmaterial für die Bestie und die Indianer aufheben, aber das hatte ihn nicht davon abgehalten, die Ärztin so oft zu fotografieren, bis sie es endgültig leid war, in die Kamera zu lächeln. Überhaupt schienen nur die Reporterin und Karakawe von der jungen Frau nicht hingerissen zu sein. Kate knurrte, in ihrem Alter brauche es schon ein bisschen mehr als ein hübsches Gesicht, um Eindruck zu machen, und das hörte sich für Alex doch sehr nacheifersüchtiger Ziege an und war einer Person vom Format seiner Großmutter eigentlich unwürdig. Professor Leblanc, der nun einmal nicht so gut aussah wie César Santos und auch nicht mehr so jung war wie Timothy Bruce, versuchte bei der Ärztin mit seinem berühmten Namen Punkte zu machen und ließ keine Gelegenheit aus, ihr seitenweise aus seinem schon ganz eselsohrigen Buch vorzulesen, wo in allen Einzelheiten geschildert wurde, in welcher Lebensgefahr er sich unter den Indianern befunden hatte. Es fiel ihr sichtlich schwer, sich den verängstigten Leblanc im Lendenschurz vorzustellen, wie er mit bloßen Fäusten gegen Indianer und Raubtiere kämpfte, mit Pfeil und Bogen jagte und, ganz auf sich allein gestellt, alle nur erdenklichen Naturkatastrophen überstand. Aber jedenfalls führte dieser kaum verhohlene Hahnenkampf zwischen den Männern zu einer Spannung, die mit der zermürbenden Warterei auf die Hubschrauber immer greifbarer wurde.
    Alex betrachtete seinen Knöchel: Er tat noch weh und war etwas geschwollen, aber wo die Ameise ihn gebissen

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