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Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Titel: Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Hasselbach , Winfried Bonengel
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Menschenverachtung, ideologischer Verblendung bis hin zum pathologischen Größenwahn, Mir ist mein Leben, meine Zeit zu wertvoll, als sie weiter mit Haß und Wut zu verschwenden. Ich weiß, daß ich das schon einmal gesagt habe, aber die Versuche, das alles hinter mir zu lassen, sind bisher gescheitert. Jetzt ist es möglich, weil ich selbst soweit bin, weil es nichts mehr zu sagen gibt.
    Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um all denen zu danken die mir in den letzten Jahre mit ihrer Freundschaft und ihrem Verständnis geholfen haben, ein Leben aufzubauen.
    Da ist Karl, der mehr ein Freund ist als es auch nur einer meiner früheren Freunde sein könnte. Meine Familie, um alle einzeln aufzuzählen, würde der Platz nicht ausreichen. Horst E. Richter und seine Frau Bergrun, Winfried Bonengel, mein Berliner Verlag, der TIP, das Berliner Bezirksjournal, Heiko, Ulrika, Jens, Judy, Jasper, Joseph, Amanda, Cees, Bernd F., Peter L., Kerstin, Werner, Andrea, Oliver (der eines meiner alten Tatoos überarbeitet hat), die Egolis und Tossells (die mein Leben wie kaum jemand sonst in den letzten Jahren verändert haben), Christian, Sybille, Dietmar G., Burkhard, Bernd W., Sascha A., Suzanne Kossack, Undraa, Tekla, Felicity, All, Ulli, Gordon und all die, die ich jetzt hier vergessen habe.

Nachwort
    Ich traf Ingo Hasselbach zunächst als Flüchtling, bedroht von ehemaligen politischen Gegnern, erst recht von seinen früheren Freunden, die ihm bereits eine Sprengbombe mit 650 Gramm Sprengstoff ins Haus geschickt hatten. Nur ein Fehler in der Zündvorrichtung hatte seiner Mutter, die das Päckchen öffnete, das Leben gerettet. Mir begegnete er von vornherein mit offenem Vertrauen, ich ihm zunächst nur mit der Neugier des Psychoanalytikers. Hatte ich etwa einen windigen Typen vor mir, der sich mal in der Rolle des provozierenden Neonazis, dann in der Rolle des bestaunten Konvertiten gefiel? Hätte ja sein können. Aber rasch erkannte ich, daß er in bei-dem echt war: als Rebell und jetzt als Umkehrer in Erkenntnis seiner vormaligen Verirrung. Mit seinem Buch hatte er sich innerlich ein wichtiges Stück Freiheit verschafft, aber er blieb, abgesehen von seiner Freundin und dem Helfer Winfried Bonengel, von Gegnern umstellt. Das waren die linken Autonomen, die er bekämpft hatte, dann die ehemaligen politischen Bundesgenossen, die sich von ihm verraten fühlten - und nicht zuletzt die Sicherheitsbehörden, Generalbundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt, die ihn weiterhin als vermeintlichen Terroristen mit Hausdurchsuchungen und Vernehmungen drangsalierten. So kam ich dazu, ihn zu unterstützen.
    Man kann seine Geschichte wie ein kleines individuelles Drama lesen: Trauma, Rache, Läuterung. Man kann daraus indessen auch politisch verschiedenes lernen: Wie ein Junge zum Neonazi wird, welche Kränkungen ihn zum Haß auf den Vater (Stiefvater), dann auf die gesamte Vaterwelt treiben, wie er als ewig Bestrafter immer mehr in seinen revolutionären Rachephantasien bestärkt wird, bis diese durch passende Verführer in die rechtsextreme Richtung gelenkt werden. Nicht nur sein Freund Freddy, wie es im Buch scheint, sondern er selbst hat im Knast die Erzählungen der zusammen mit ihm eingesperrten Nazi-Kriegsverbrecher, darunter eines hohen Gestapo-Chefs, gierig aufgesaugt. Dazu kam die aufputschende Neonazi-Rockmusik. Schließlich der verführerische Michael Kühnen, der einzige, den er je als Vorbild anerkannte und von dem er sich menschlich voll angenommen fühlte. Ohne diese Einflüsse hätte er, wie er selber sagt, auch bei der RAF landen können.
    Mir hat er erzählt, wie ihn dann in der Neonazi-Szene die Macht faszinierte, den verhaßten DDR-Staat unter Druck setzen zu können: »Ein wahnsinniges Gefühl, wenn du weißt, daß wegen dir soundsoviele Polizisten aufgeboten sind… Man macht da so total Verbotenes. Man wird von allen Seiten überwacht. Man wird total geächtet. Das gibt einem Auftrieb, letztlich. Eine verschworene Gemeinschaft, eine Märtyrerrolle.« Da war also viel von Befriedigung im Spiel, die ver-haßte Repräsentanz der Vater-Autorität herausfordern zu können. Mit dem Grad der öffentlichen Empörung und dem Aufflammen staatlicher Gegenmaßnahmen wuchs bei ihm und seinen Mitkämpfern nicht etwa das Gefühl der Einschüchterung, sondern umgekehrt ein Bewußtsein von Stärke und Bedeutung.
    Die Inhalte der Nazi-Ideologie waren für ihn wie offenbar auch manchen in der Gruppe nicht absolute Glaubenssache. Michael

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