Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit
Steinchen verziert, die zu raffinierten Mustern und Formen zusammengesetzt worden waren.
Das Streichholz ging aus, und einen Moment war es vollkommen dunkel um uns herum. Sebastian entzündete ein neues, und dann griff er in einen Alkoven an der Seitenwand der Höhle, fand einen Kerzenstummel und zündete ihn an. Das flackernde gelbe Licht fiel auf wunderliche Mosaiken mit Blumen und Früchten und bösartig aussehenden Faunen, die allesamt geheimnisvoll an den Wänden funkelten. Im hintersten Teil der Höhle plätscherte ein Springbrunnen um eine Statue von Pan herum oder irgendeinem anderen alten Gott.
»Ich liebe diesen Ort«, sagte Sebastian. »Du nicht auch?«
Er wirkte verzaubert, wie ein kleiner Junge, der auf den Strand hinausläuft und das ganze Meer für sich beansprucht. Ich wollte es nicht zugeben, aber die H?hle verursachte mir eine G?nsehaut, als w?rde es sich bei den funkelnden Muscheln um hunderte von Augen handeln, die mich anstarrten.
»Es ist … nun … interessant. Aber was um Himmels willen ist das?«
»Es war die Grotte von Lord Charles. Die Steine und Muscheln hat er sich aus ganz Italien schicken lassen. Diese Höhle war seine kleine Leidenschaft, als er sein Haus auf den Ruinen des alten Frauenklosters errichten ließ. So etwas war damals absolut modern, aber ich vermute, von den jungen Ladies in der Schule weiß jetzt keine mehr, dass die Höhle überhaupt existiert.«
»Und wofür war sie gedacht?«
»Unter anderem für Picknicks und Musikveranstaltungen. Aber es gab auch andere Zusammenkünfte, finsterere und geheimnisvollere.«
Seine Augen leuchteten im Kerzenschein. Ich konnte nicht erkennen, ob er traurig oder wütend war, aber er wirkte, als würde er sich irgendwo in weiter Ferne verlieren.
»Woher weißt du so viel über das Leben auf Wyldcliffe damals?«, fragte ich. »Sarah hat mir gesagt, dass es hundert Jahre her ist, seit Lord Charles und seine Familie hier gelebt haben.«
»Ich habe manchmal das Gefühl, als wären sie noch immer da. Kannst du nicht sehen, wie Lord Charles und seine dumme, versnobte Frau da sitzen und ihre teure Torheit bewundern? Und kannst du sie nicht sehen – Agnes? Kannst du sie nicht hören?«
Er erinnerte mich an Helen. Kannst du ihre Stimme nicht h?ren? Wieso waren alle in Wyldcliffe nur so besessen von der Vergangenheit? Fast war es, als wäre sie für sie wirklicher als die Gegenwart.
»Aber ich möchte jetzt leben«, hörte ich mich sagen.
Sebastian lächelte traurig, und der Knoten unter meinen Rippen pochte wieder. Er schien in seinem eigenen persönlichen Unglück eingeschlossen zu sein. Ich wünschte mir verzweifelt, die Schatten vertreiben zu können, die sich über ihn legten. »Du hast Recht.« Er seufzte. »Dieser Moment ist alles, was wir haben.« Er sah mich an, als würde er aus einem Traum erwachen. »Ich bin froh, dass du da bist, Evie.«
»Gut.« Ich lächelte unbeholfen. »Zumindest einem gefällt es, dass ich hier bin.«
»Nein, ich meine es ernst. Du bringst mich dazu, wieder leben zu wollen.«
Sebastian trat näher zu mir und strich so sanft über meine Wange, als würde eine Feder auf Schnee fallen. Er sah mich an, sehnsüchtig und unsicher.
»Oh, Evie«, begann er, »wenn nur …«
»Was?«, hauchte ich.
»Nichts.« Er zögerte. Ich rechnete damit, dass er mich küssen würde, und mein Herz schwebte auf Flügeln. Dann machte er plötzlich einen Schritt zur Seite.
»Werden wir uns wiedersehen, Evie? Bitte!«
Ich wollte ihn halten, ihn trösten, ihm sagen, dass ich ihn jede Nacht bis zum Ende meines Lebens wiedersehen wollte. Aber das tat ich natürlich nicht. So verrückt war ich nicht.
»Sicher. Wieso nicht? Wir treffen uns morgen beim See.«
Einen Moment lächelte Sebastian sein strahlendstes Lächeln. »Morgen Nacht. Ich werde dort sein.«
Erst später, als ich ruhelos im Bett lag, fiel mir auf, dass er meine Frage gar nicht beantwortet hatte. Wieso wusste er so viel über die Templetons? Aber es spielte keine Rolle, wie ich mir schläfrig einredete. Ich würde Sebastian nächste Nacht wiedersehen. Morgen Nacht und übermorgen Nacht und überübermorgen Nacht … Helen seufzte und drehte sich in ihrem Bett um, das gleich neben meinem stand. Ich schloss die Augen und versuchte, mich zu beruhigen. Morgen Nacht würde schon bald jetzt sein. Dann wäre der Zeitpunkt gekommen, alles zu erfahren.
Während ich einschlief, spürte ich
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