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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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schwierigen Lage ich bin.« Schwierig, weil ich verrückt nach dir bin … weil ich nicht weiß, ob du immer noch von dem Mädchen träumst, das du verloren hast … weil ich nicht weiß, wohin all das führen wird.
      »Schwierig? Willst du wissen, was schwer ist? Glaubst du, es ist für mich leicht, den ganzen Tag allein verbringen zu müssen und mich zu fragen, was du tust, um auf ein paar gestohlene Momente zu warten? Ich muss dich sehen, Evie. Ich … ich brauche dich.«
      »Dann lade mich nach Hause ein«, beharrte ich. »Stell mich deiner Familie vor, deinen Freunden. Behandle mich wie einen Menschen, aus dem du dir etwas machst, nicht wie irgendeine mitternächtliche Posse.«
      Die Forderung, die ich gestellt hatte, schien in der Nacht zu verhallen. Schließlich sprach Sebastian wieder.
      »Das kann ich nicht.«
      »Dann kann ich mich auch nicht mehr mit dir treffen«, erklärte ich verbittert.
      Ich wandte mich von ihm ab, aber er packte mich am Arm und hielt mich fest.
      »Geh nicht so«, bat er. »Ich würde tun, worum du mich bittest, wenn ich es könnte. Bitte vertrau mir.«
      »Wie kann ich dir denn noch vertrauen? Lass mich los!«
      Er trat einen Schritt zurück; sein Gesicht war ein Bild des Jammers. »Ich warte auf dich, Evie.«
      »Spar dir die Mühe«, schrie ich. »Ich will dich nie mehr wiedersehen!«
      Ich stolperte zur Schule zurück und schluchzte auf dem ganzen langen Weg.
     

 Vierundzwanzig
 
 
      
      Das Tagebuch von Lady Agnes,
 13. November 1882
     
       
 
      Ich habe so viel geweint, dass keine Tränen mehr übrig sind. Die glückliche Zeit mit S. ist vorbei. Noch während ich dies schreibe, zittere ich.
      Der sintflutartige Regen hat uns einige Tage lang davon abgehalten, zusammen über die Moors zu reiten. Ich war beunruhigt, weil ich in all dieser Zeit nichts von ihm gehört hatte, aber vor zwei Tagen bekam ich eine Nachricht von ihm, dass ich ihn in der Grotte treffen sollte. »Komm heute Nacht, wenn alle schlafen. So laufen wir nicht Gefahr, dass uns jemand belauscht.« Mir gefiel die Sache nicht, aber ich wollte ihn auch nicht enttäuschen. Zumindest in dieser kleinen Angelegenheit konnte ich tun, worum er mich gebeten hatte.
      Als ich davon ausgehen konnte, dass fast alle im Haus sich schlafen gelegt hatten, zog ich mir etwas über und schlich mich von meinem Zimmer zur Dienstbotentreppe. Auf diese Weise konnte ich meinen Ausflug auch dann geheim halten, wenn Papa doch noch auf sein sollte.
      Eine einzelne Kerze genügte, um ein bisschen Licht auf die schmalen Stufen zu werfen. Ich schämte mich dafür, dass ich noch nie hier gewesen war. Es war kalt und ?de. Ich dachte an unsere Dienerinnen Nellie und Mary, die diese Stufen f?nfzigmal am Tag hinauf- und hinunterlaufen mussten, um uns zu bedienen, und fragte mich, ob sich die Menschen irgendwann einmal dar?ber wundern w?rden, wie wir gelebt haben: Reiche und Arme Seite an Seite, ohne dass sie etwas ?ber die Welt der jeweils anderen wussten. Wenn ich erwachsen bin, m?chte ich mein eigenes kleines Haus haben, und ich m?chte lernen, alles selbst zu machen und auf Bedienstete zu verzichten, es sei denn, es w?rde sich um die arme Martha handeln, die ich als treue Freundin gern bei mir h?tte.
      Ich kam unten an und ging an der Küche vorbei nach draußen auf den Stallhof. Dann lief ich so schnell wie möglich über die Rasenflächen zum See. Wie mich die finstere Ruine in der Dunkelheit anzustarren schien! Ich hatte mich zuvor nie vor ihr gefürchtet, aber jetzt kam sie mir wie eine zerbrochene Krone vor, die den Eingang zu irgendeinem furchtbaren Kerker bewachte. Mein Herz schlug schneller. Ich beeilte mich, an den Mauerresten vorbei in das Gebüsch zu laufen. Dann hörte ich S. leise meinen Namen rufen und betrat die Höhle.
      Neben der Pan-Statue brannte eine Laterne, und es sah aus, als würde der kleine Gott im flackernden Licht tanzen. S. lehnte zusammengesunken an der Wand. Sein Gesicht war halb in der Dunkelheit verborgen, aber mir sank das Herz, als ich erkannte, dass er wieder diese verbitterte, eigenwillige Laune hatte. Er wirkte schrecklich krank, und in diesem Augenblick wusste ich, dass ich ihn liebte, ihn immer geliebt hatte. Ich wollte ihn festhalten, ihn trösten, ihn umarmen. Aber ich wusste nicht, wie.
      »Was ist mit dir?«, fragte ich. »Bist du krank?«
      »Nein, es ist nichts«, antwortete er. Er hustete ungeduldig und kämpfte sich auf die Beine. »Fangen wir mit

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